Moira Heuer

Moira Heuer_bangaloREsidency 2019 II © Goethe-Institut / Max Mueller Bhavan Bangalore

Mit einem geschulterten Rucksack stapfte ich aus dem Flughafen in Bangalore und konnte es kaum erwarten, in das Alltagsleben Bangalores einzutauchen und einen dreimonatigen Einblick in die Strukturen des Goethe-Instituts / Max Mueller Bhavan (GI) und dem Artist-In-Residency Programm „bangaloREsidency“ 2019 zu erhalten.
 
Durch ein Seminar an der Universität Hildesheim wurde ich aufmerksam auf das einzigartige Konzept der bangaloREsidency in der auswärtigen Kulturlandschaft und den Stellenwert, die die bangaloREsidency in der auswärtigen Kulturpolitik Deutschlands einnimmt. Die sich hieraus ergebende tiefergreifende Auseinandersetzung mit Künstlerresidenzen und deren kulturpolitischem Wirken, sei es auf lokaler, nationaler oder internationaler Ebene durch u.a. deutsche Mittlerorganisationen, weckte mein Interesse an der Arbeit am GI Bangalore. Einer Ausschreibung folgend, bewarb ich mich im Sommer 2019 und erhielt kurze Zeit nach einem Bewerbungsgespräch mit dem Institutsleiter Dr. Claus Heimes und der Leiterin der Kulturabteilung Maureen Gonsalves  eine Zusage.
 
Von Anfang an unterstützte das GI Bangalore mich und Charlotte (Praktikantin zur gleichen Zeit) dabei, eine Unterkunft zu vermitteln sowie anstehende und ausstehende Fragen zum Aufenthalt im Vorhinein zu klären. Die wahnsinnige Unterstützung im Vorhinein verstärkte nur die Vorfreude auf die dreimonatige Zeit in Bangalore, im Süden Indiens und machte den Start, das Ankommen und das Eingewöhnen extrem einfach.
 
Am Flughafen angekommen, wurde ich von einem Taxifahrer und einem ‚Willkommensbeutel’ - sozusagen ein strategischer ‚Überlebensbeutel‘, der durch das GI zusammengestellt wurde und für jedwede aufkommende indische Überraschung eine Unterstützung bot - willkommen geheißen. Mit dem Taxi schlängelten wir uns durch die Straßen und das enge und chaotische Verkehrsnetz Bangalores. Der umherschweifende Blick aus dem Fenster gab mir die Möglichkeit, ein erstes Bild von der unglaublichen Diversität des Ortes und den Lebensrealitäten der Einwohner*innen einzufangen.
 
Angekommen in New Thipassandra, meinem und Charlottes Zuhause für die nächsten drei Monate, streifte ich durch die Nachbarschaft und beobachtete das gesellige, bunte, laute und vielseitige Treiben, hüpfte in die Metro, tauchte ein in die Vielschichtigkeit und Komplexität des Ortes, atmete frische Luft im Cubbon Park und genoss das Grün im Park und das der schattenspendenden riesigen Bäume in den endlos erscheinenden und vielseitigen Straßen, die ich entlang lief. In den nächsten drei Monaten sollte dieses zu meinem Zuhause werden und die New Thipassandra Main Road der Ort, an welchem man sich Abends an den Straßenrand setzte, um dem regen Treiben mit einem,Sweet Lassi’ beizuwohnen und sich in der Ruhelosigkeit der Umgebung zu entspannen.
 
Kurz nachdem ich angekommen war, ging auch schon das Praktikum los. Letzte Absprachen mit den Gastgeber-Organisationen und den Künstler*innen mussten getroffen werden, bevor die bangaloREsident*innen in Bangalore ankamen und wir gemeinsam den Auftakt der bangaloREsidency Season II 2019 feierten. Durch das Buddy-Prinzip, und die vorherige Aufteilung und Zuteilung der Künstler*innen, begleiteten wir nun fortan die Residenzkünstler*innen bei der Recherche, Konzeption und Umsetzung ihrer künstlerischen Vorhaben sowie das Begleitprogramm, das während der Residenz stattfand (u.a. Orientierungswoche, Spot-On Veranstaltung, Workshops der Künstler*innen, bangaloREsidency-Expanded, etc.). Die direkte Zusammenarbeit mit den verschiedenen lokalen Kulturakteur*innen, den Gastgeber-Organisationen sowie den Residenzkünstler*innen stellte eine wahnsinnige Bereicherung dar und ermöglichte uns, in die lokale Kulturlandschaft als Praktikant*innen einzutauchen und somit auch den komplexen und diversen Ort Bangalore kennenzulernen und beobachten zu dürfen. Trotz zeitintensiven Arbeitsphasen, vor allen Dingen zum Ende der Residenz hin, versuchten wir am Wochenende die Zeit zu nutzen aus der Stadt rauszufahren (dank Bussen mit eingebauten Betten) und andere Orte Südindiens zu besuchen, um einen Versuch zu wagen, das ungemein vielfältige Indien von verschiedenen Seiten aus kennenzulernen.

Moira @ Concrete Discontinuities © Marvin Systermans Die sehr intensive und eindrückliche Zeit am GI, auch in Bezug auf die direkte Zusammenarbeit mit den Künstler*innen und den Gastgeber-Organisationen sowie dem Goethe-Team, bot die Chance, mit der lokalen Kulturszene gemeinsam Projekte umzusetzen, neue künstlerische Praktiken und Thematiken kennenzulernen, einen veränderten Blick auf die gesellschaftspolitische Situation zu erlangen und kulturpolitische Debatten beizuwohnen bzw. das direkte kulturpolitische Wirken des GI und einem reziproken interkulturelle Dialog vor Ort beizuwohnen und mitzuerleben. Einen weiteren Höhepunkt des Aufenthaltes stellten die vielen Besuche von verschiedenen Kulturveranstaltungen (eine indische Hochzeit durfte natürlich auch nicht fehlen) dar, die einem die Möglichkeit gaben, einen tiefergehenden Einblick in die gesellschaftlichen, politischen, kulturellen, religiösen und sozialen Debatten und Diskurse zu haben, auch in Bezug auf die am Ende des Projektes aufkommenden nationalen Proteste in Indien.
 
Nicht nur die direkte Zusammenarbeit mit den verschiedenen Akteur*innen, sondern auch die Konzeption, Planung und Durchführung einer Blog-Serie „impREssions Season II 2019“, bei der u.a. die bangaloREsident*innen sowie die jeweiligen künstlerischen Projekte vorgestellt wurden, gab einem die Möglichkeit selbständig Themen zu wählen und hierfür Material zu sammeln, verschiedene Formate zu konzipieren, Material in eine geeignete und ansprechende Form zu bringen sowie eine differenzierte Einsicht in die während der Residenz laufenden künstlerischen Projekte zu erhalten.