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Traven und das Kino: Identitäten
Hommage

Bei welcher dieser vielen unterschiedlichen Identitäten handelt es sich denn nun wirklich um Traven? Vielleicht spielt die vermeintlich "wahre Identität" jedoch gar keine so große Rolle: Entscheidend für sein Wirken ist ja gerade seine Wandlungsfähigkeit als Schriftsteller und seine Begabung, die europäischen und mexikanischen Identitäten miteinander zu vereinen.

Macario
© Colección y Archivo de Fundación Televisa
Macario (1959)

Wer war B. Traven: Ein polnischer Schlosser namens Otto Feige? Ein Schauspieler und revolutionärer Journalist in München mit dem Namen Ret Marut? Ein deutscher oder vielleicht doch norwegischer Emigrant, bekannt als Traven Torvsan? Ein 1890 in Chicago geborener Amerikaner, der einst als Seemann arbeitete und 1942 in Tampico landete, ohne danach je wieder in See zu stechen? Oder handelt es sich bei seiner Person etwa um Hal Croves, der sich 1947 dem Filmemacher John Huston als Agent des Schriftstellers B. Traven vorstellte, dem Autor von “Der Schatz der Sierra Madre”? Bei welcher dieser vielen unterschiedlichen Identitäten handelt es sich denn nun wirklich um Traven, der inkognito in Acapulco lebte, wo er von dem kühnen jungen Reporter und  künftigen Hoffnungsträger der mexikanischen Literatur, Luis Spota, entdeckt wurde?

Vielleicht spielt die vermeintlich "wahre Identität" von Traven jedoch gar keine so große Rolle: Entscheidend für sein Wirken ist ja gerade seine Wandlungsfähigkeit als Schriftsteller und seine Begabung, auf seinen (literarischen) Reisen durch Tampico, Chiapas, Guerrero und  das kosmopolitische Mexiko-Stadt die europäischen und mexikanischen Identitäten miteinander zu vereinen. Neben Begegnungen mit einem mexikanischen Präsidenten prägten Traven auch vielfältige andere Bekanntschaften mit historischen Persönlichkeiten: Gabriel Figueroa (Kameramann der meisten Traven-Verfilmungen), Adolfo und Esperanza López Mateos (seine erste Übersetzer*innen), Edward Weston, Tina Modotti, Frida Kahlo, Diego Rivera und weitere Persönlichkeiten der mexikanischen Politik und Kultur, die im Verborgenen lebten und schrieben, ihre Identitäten wechselten und sich anhand seiner Romane und Kurzgeschichten mit der Kultur, Geschichte und nationalen Identität auseinandersetzten.

Einige von Travens Werke brachten es später auf die Leinwände der großen Kinosäle: So auch John Hustons „Der Schatz der Sierra Madre“ (1948) mit Humphrey Bogart; eine fesselnde Geschichte über amerikanische Goldsucher in Mexiko, deren Verfilmung mit drei Oscars (Regie, Drehbuch, Nebendarsteller (Walter Huston)) ausgezeichnet wurde und in der mehrere nationale Filmgrößen in kurzen Rollen auftraten: Arturo Soto Rangel, Roberto Cañedo, Guillermo Indio Calles, Alfonso Bedoya, Margarito Luna und José Torvay.

Traven feierte danach weitere Kinoerfolge, z.B. mit „Die Rebellion der Gehenkten“ (Emilio Fernández und Alfredo B. Crevenna, 1954) oder „Canasta de cuentos mexicanos“ (Julio Bracho, 1955). Diese Filme werden mit weiteren Verfilmungen von Travens Werken im Rahmen der Deutschen Filmwoche des Goethe-Institut Mexikos gezeigt: So erzählt „El barco de la muerte / Das Totenschiff“ (George Tressler, 1959; 2022 Premiere in Mexiko) die Geschichte eines Matrosen, der seines Passes und seiner Staatsbürgerschaft – seiner Identität – beraubt wird. Macario (1959) von Roberto Gavaldón, der für einen Oscar als bester ausländischer Film nominiert wurde, handelt von einem armen indigenen Holzfäller (Ignacio López Tarso), der vom Tod (Enrique Lucero) in einen Wunderheiler verwandelt wird. In „Rosa Blanca“ (Gavaldón, 1961) verteidigt ein älterer, sturer Bauer, der weder lesen noch schreiben kann, seine Hacienda in Veracruz vor einem amerikanischen Ölkonzern, der es auf eben dieselbe abgesehen hat. Zu guter Letzt zeichnet Pina Pellicer in der auf seiner Erzählung „Frustración“ basierten Verfilmung „Días de otoño“ (Gavaldón, 1962) ein lebendes Bildnis der Einsamkeit und Hilflosigkeit: Eine verblendete junge Frau täuscht eine Hochzeit und eine Schwangerschaft vor – ein Film mit dem großen López Tarso.

Rafael Aviña
Filmkritiker

 

Gespräch

Im Rahmen der 21. Deutschen Filmwoche wird Rafael Aviña über B. Traven und das Kino sprechen, am Donnerstag, den 18. August, im Altana Auditorium des Goethe-Instituts Mexiko (Tonalá 43), um 19:00 Uhr.

Retrospektive

Das Totenschiff © Friedrich Wilhelm Murnau Stiftung

Das Totenschiff

Georg Tressler | Deutschland/Mexiko | Drama | 1959 | 99 Min.

Días de otoño © Colección y Archivo de Fundación Televisa

Días de otoño

Roberto Gavaldón | Mexiko | Drama | 1963 | 95 Min.

Macario © Colección y Archivo de Fundación Televisa

Macario

Roberto Gavaldón | Mexiko | Drama | 1959 |  91 Min.

Rosa Blanca © Colección y Archivo de Fundación Televisa

Rosa Blanca

Roberto Gavaldón | Mexiko | Drama | 1972 | 105 Min.

El tesoro de la Sierra Madre © El tesoro de la Sierra Madre

El tesoro de la Sierra Madre

John Huston | USA | Western | 1948 | 126 Min.

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