Rubesch / Die Grenze:
Kurzfilme über den Osten

Ich und Mariupol © www.86.org.uacategorymy-street-films-2017

Am 23. Juni zeigte die iZone in Kiew im Rahmen des vom Goethe-Institut getragenen Projekts „Die Grenze“ Kurzfilme des Festivals für Film und Urbanistik „86“: „MyStreetFilms – Rubesch / Die Grenze“. 

In diesem Jahr hatte das Dokumentarfilm-Festival die Ostukraine zum Thema und damit einen geografischen Schwerpunkt (Namenspatin war die Stadt Rubeschnoe im Gebiet Lugansk: das Wort „Rubesch“ bedeutet zu Deutsch „die Grenze“). Das Thema Grenzen, Grenzlinien und Wendepunkte war vielen Autoren nur allzu vertraut; sahen sie sich doch im Zuge der jüngeren Ereignisse gezwungen, ihre Heimat zu verlassen oder zumindest die persönliche Einstellung zu ihrer Heimat neu zu überdenken. Das Programm umfasste sieben Kurzfilme: „Geräusche des Universums“ (Schum Wselennoj) von Mikhail Koroliov, „Sewerodonezk“ (Sewerodonezk) von Jevgeni Koroletov, „Mein Vater spricht“ (Otez goworit) von Dmitri Tchepurnoi, „Von Neuem“ (Sanowo) von Kat Zaporozhets, „Gornjak“ (Gornjak) von Maria Voronchuk, „Ich liebe dich“ (Ja ljublju tebja) von Anja Nasadiuk und „Mariupol und ich“ (Ja i Mariupol) von Piotr Armianovski.

Die Filme thematisieren nicht nur dieselbe geografische Region, sondern sind durch dieselbe sentimental-melancholische Atmosphäre charakterisiert; sie richten einen nostalgischen Blick auf Verlorenes und betrachten ihre Protagonisten mit warmer Sympathie. In „Mein Vater spricht“ filmte der Regisseur seinen Vater in den ersten Tagen nach Verlassen des besetzten Lugansk. Im Beitrag von Kat Zaporozhets „Von Neuem“ räsoniert die Protagonistin mit umwerfendem Mut und Humor über die Notwendigkeit, ihr altes Leben hinter sich zu lassen und sich in neuem Umfeld ein neues aufzubauen. Die gezeigten Figuren legen dabei einen Charme und eine Offenheit an den Tag, denen sich der Zuschauer nicht entziehen kann, und bald schon teilt er die Zuneigung der Autoren für ihre Figuren.

Mikhail Koroliov ist mit 16 Jahren der jüngste Teilnehmer des Wettbewerbs. Er lebt in Kramatorsk und verwendete für seinen ersten Film „Geräusche des Universums“ Ausschnitte aus Videoblogs von Proben seiner gleichnamigen Band. Sein Kurzfilm steckt voller Energie und hat keinen Platz für Zweifel oder Traurigkeit. Ganz am anderen Ende des Spektrums ist das impressionistische „Mariupol und ich“ von Piotr Armianovski anzusiedeln: thematisiert wird die Rückkehr in eine Stadt nach 20 Jahren. Gezeigt werden nicht nur Beobachtungen, sondern auch der Versuch einer Reflexion über das, was in den vergangenen drei Jahren geschehen ist.

Die Diskussion verlief unter aktiver Beteiligung der Zuschauer. Eines der aufgeworfenen Themen war die Frage, ob der Dokumentarfilm zu den Fragen, die er stellt, auch Antworten geben sollte. Wenn es um Gefühle geht, suchen wir solche Antworten jedoch möglicherweise vergeblich.