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Wladiwostok
St.-Paulus-Kirche in Wladiwostok

St.-Paulus-Kirche in Wladiwostok
Foto: Liudmila Kornilova © Goethe-Institut

Von Liudmila Kornilova

Wenn Sie in der Nähe des Wladiwostoker Stadtzentrums durch die Puschkinskaia Straße flanieren, können Sie bezaubernde Orgelmusik hören. Dabei ist es kein heimeliger historischer Stadtkern einer deutschen Kleinstadt – diese Musik erklingt aus der alten evangelischen St.-Paulus-Kirche, dem ältesten Kirchenbau von Wladiwostok.

Eine evangelische Gemeinde gab es in Wladiwostok bereits im Jahr 1865, fünf Jahre nach der Stadtgründung. Als tatsächliches Gründungsdatum der evangelischen Kirche in Wladiwostok kann der 25. April 1877 gelten, als der Militärgouverneur, Protestant und Konteradmiral von Erdmann das Konsistorium der evangelischen Kirche in Sankt Petersburg darum bat, die evangelische Gemeinde in Wladiwostok offiziell anzuerkennen.

Im Jahr 1878 zog der Russlanddeutsche Otto Rhein von Alaska nach Wladiwostok, erwarb dort Land und übergab dieses unmittelbar der örtlichen evangelischen Gemeinde. Die Gemeinde, die Anfang des 20. Jahrhunderts über 4.000 Personen zählte, bestand hauptsächlich aus Admirälen, Offizieren, Wissenschaftlern, Kaufleuten, Ärzten, Lehrern und Künstlern. Zum ersten evangelischen Gotteshaus wurde die Holzkirche Sankt Paulus, die bereits im Jahr 1887 errichtet worden war.

Im Februar 1880 wurde Karl-August Rumpeter für das Amt des Divisionspredigers der Gebiete Amur und Primorje berufen, dessen Sitz sich in Wladiwostok befand. In diesem Amt verblieb er bis 1912, bis er nach seinem Tode auf dem Marinefriedhof in Wladiwostok beigesetzt wurde.

Im Jahr 1905 gehörten der evangelischen Gemeinde 3.154 Mitglieder an, die im Jahr 1907 eine Kirche aus Backstein im Stil der norddeutschen Gotik bauen ließen. Der Entwurf für das neue Gebäude der evangelischen Kirche stammt von dem deutschen Architekten Georg Junghändel, nach dessen Plänen in Wladiwostok auch andere beachtenswerte Bauwerke entstanden waren: das berühmte GUM, das Gebäude der Fernöstlichen Reederei und die Stadtvilla von Brynner. Das Gotteshaus wurde hauptsächlich aus Geldern ortsansässiger Unternehmer deutscher Abstammung errichtet. Einen Großteil spendete das bekannte Unternehmen Kunst & Albers.

Der Architekt Georg Junghändel schuf die Kirche nach dem Vorbild der klassischen spätgotischen Gotteshäuser Nordeuropas. Die rote Backsteinfassade ist mit Spitzbögen, Säulen, geschnitzten Details und vielfarbigen spitzbogigen Buntglasfenstern verziert. Für die Kirche wurde Backstein aus der deutschen Fabrik Müller verwendet.

Eine Besonderheit des Gotteshauses stellt der hohe Glockenturm dar, in dessen Sockel sich der Haupteingang ins Gebäude befindet. Die Innenausstattung hingegen ist sehr zurückhaltend und schlicht gestaltet: ohne Ikonen, Gemälde und anderen Schmuck. Diese sparsame Gestaltung in Verbindung mit dem emporragenden Gebäude und den in den Himmel strebenden Gewölben vermitteln ein Gefühl von Reinheit und Großräumigkeit.

Zum Nachfolger von Karl-August Rumpeter wurde Pastor Waldemar Reichwald, der von 1923 bis 1935 in Wladiwostok predigte. Am 28. Dezember 1935 wurde Pastor Reichwald zusammen mit anderen Kirchendienern verhaftet und zu einer Freiheitsstrafe von sieben Jahren verurteilt.
St.-Paulus-Kirche in Wladiwostok Innenraum Foto: Liudmila Kornilova © Goethe-Institut In der Kirche fanden bis 1935 Gottesdienste statt. Danach ging das Gebäude an den Klub der Pazifikmarine. Im Jahr 1950 wurde die Ausstellung des Militärhistorischen Museums der Pazifikmarine in den Räumen der Kirche untergebracht. Im Mai 1992 kam der Pastor Manfred Brockmann aus Hamburg nach Wladiwostok und stellte die evangelische Gemeinde Sankt Paulus in der Stadt wieder her. Am 16. September 1997 wurde das Kirchengebäude der Gemeinde zur unentgeltlichen und dauerhaften Nutzung übergeben und zum deutschen Kulturdenkmal im Ausland ernannt. Danach begannen an der Kirche umfassende Restaurierungsarbeiten.

Heute gehört die St.-Paulus-Kirche zu den wichtigsten Kulturzentren von Wladiwostok. Neben Gottesdiensten finden hier auch Orgelkonzerte und Wohltätigkeitsveranstaltungen statt.

Standortinformationen:
St.-Paulus-Kirche 
Wladiwostok, Puschkinskaia Str. 14

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