Deutsch als Fremdsprache in Schweden

Sprachauswahl an schwedischen Schulen

Sprachauswahl an schwedischen Schulen | © Robert Schwegele

In den ersten Deutschstunden mit den Lerngruppen der Deutschlehrkräfte Petra und Kiki stand das gegenseitige Kennenlernen im Vordergrund. Ich hatte ein paar persönliche Bilder aus meiner Heimatregion und der Schule mitgebracht. Durch kurze Vorstellungsrunden wollte ich mir schnellstmöglich die Namen der Schüler*innen einprägen. Was in großen Klassen oft Wochen dauern kann, ist hier sehr viel einfacher. Denn die Deutschgruppen an der Öckerö seglande gymnasieskola sind klein – sehr klein sogar. Die Kurse Tysk (Deutsch) 3 und Tysk 4 bestehen aus drei bis sieben Deutschlernenden. Durch meine Anwesenheit in den nächsten Wochen führt dies hinsichtlich des Betreuungsschlüssels zu einer absoluten Luxussituation für die Schüler*innen. Was gleichzeitig für sie aber auch heißt: Kein Ausklinken möglich, jeder muss mal sprechen, jeder ist gefordert.

Deutsch nur noch dritte Wahl

Solch kleine Deutschgruppen sind kein Einzelfall in Schweden. Im ganzen Land ist die Anzahl an Deutschlernenden an den Schulen im letzten Jahrzehnt drastisch gesunken. Das war mal ganz anders – ein kurzer historischer Überblick:

In den Jahren 1859 bis 1945 war Deutsch die erste Fremdsprache an schwedischen Schulen, gleichzeitig war das Deutsche zu dieser Zeit die dominierende Kultursprache. In Folge einer allgemeinen Schulreform wurde ab 1945 Deutsch als erste Fremdsprache durch Englisch abgelöst. Seit der Einführung der 9-jährigen Grundschule im Jahr 1963, auch Einheitsschule genannt, gilt das damals festgelegt Fremdsprachenangebot: Englisch obligatorisch ab Klasse 4, ab Klasse 6 bzw. 7 können die Schüler*innen eine zweite Fremdsprache (B-Sprache) Deutsch, Französisch oder Spanisch (seit 1995) wählen. Seit 1994 ist die Wahl dieser B-Sprachen nicht mehr obligatorisch, stattdessen kann auch „extra Englisch“ oder „extra Schwedisch“ gewählt werden.

Englisch hat auch in Schweden die Rolle als erste Fremdsprache längst übernommen. Aber auch als zweite Fremdsprache ist Deutsch immer weniger gefragt. Während 1997 die Sprachwahl in Klasse 9 bei über 40 % der Schüler*innen auf Deutsch fiel, sind es 2024 nur noch 17 %.

Mit 43 % hat sich Spanisch gegenüber Deutsch und Französisch momentan klar durchgesetzt.

Heute gibt es mehr Deutsche, die Schwedisch lernen als Schweden, die Deutsch lernen.

Ein bisschen spiegeln sich diese Zahlen auch im Lehrerzimmer wider. Viele der Kolleg*innen hatten zur eigenen Schulzeit Deutschunterricht und freuen sich, ihre etwas eingerosteten Deutschkenntnisse durch ein paar Sätze mit mir aufzufrischen. Geht das Gespräch aber etwas in die Tiefe wird dann doch meistens ins sichere Englische geswitcht.
Kleine Deutschgruppen

Kleine Deutschgruppen | © Robert Schwegele

Deutsche Sprache, schwere Sprache

Die Ursachen für das schwindende Interesse an Deutsch als Fremdsprache liegen auf der Hand. Englisch hat sich durch Internet und Globalisierung zur dominierenden Sprache für internationale Kommunikation entwickelt. Mit Englisch kommt man auch in Deutschland fast überall durch. Und nicht nur in Schweden liegt Spanisch im Trend. Während Deutsch als eher langweilig und schwierig zu erlernen gilt. Mit über 90 Millionen deutschen Muttersprachler*innen in Europa und Deutschland als wichtigsten Handelspartner von Schweden bleibt die deutsche Sprache hier trotzdem weiterhin relevant.

Ich hoffe, ich kann durch mein Schulwärts-Praktikum dem Interesse an Deutschland und der deutschen Sprache etwas Positives beisteuern.

Die mitgebrachten Bilder und die Vorstellungsgespräche führten auf jeden Fall zu einer lebhaften Frage- und Antwortrunde und machten Lust auf die kommenden Unterrichtsstunden.

Autor

Robert, Mittelschullehrer im Allgäu (Deutsch, Englisch, Musik und Sozialkunde) besuchte von März bis Juni 2025 die Öckerö seglande gymnasieskola an der Westküste von Schweden.

 

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