Der Star der Schule –
die T/S Gunilla

 

Schon in der ersten Woche wurde mir klar, dass in dieser Schule ein paar Dinge anders laufen als an gewöhnliche Schulen. Während sich ein Schuljahr typischerweise an Ferien, Abschlussprüfungen und dem Notenschluss orientiert, kommt hier eine weitere Variable hinzu: die Segelroute des Segelschiffs der Schule und deren aktueller (Schüler*innen-)Besatzung. Das erfordert Flexibilität und viel Planung im Voraus.

Wohin geht’s?

Jedes Jahr, normalerweise kurz vor dem Schulstart im August, macht sich die Gunilla mit etwa 40 Schüler*innen, den Offizieren und Kapitän*innen und ein bis zwei Lehrkräften auf ihren Weg. Die Segelrouten werden dabei so gewählt, dass die Lernenden bei ihren mehrtägigen Stopps an Land Erfahrungen aus verschiedenen Ländern, Gesellschaften und Kulturen sammeln können.

Die diesjährige Route aufgeteilt in sechs Etappen mit jeweils wechselnder Besatzung führte vom Abfahrtshafen in Göteborgs Schärengarten über Norwegen, Großbritannien, Frankreich und Spanien nach Afrika, die kapverdischen Inseln und anschließend über den Atlantik in die Karibik. Im Frühjahr machte sich die Gunilla von den Bahamas auf den Rückweg Richtung Europa und passierte dabei unter anderem Bermuda, die Azoren und die Niederlande, um schließlich am 14. Mai wieder im Hafen von Öckerö einzufahren.

Die genaue Reiseroute 2024/25 eingeteilt in sechs Etappen / Besatzungen ist im angefügten Bild dargestellt.  

Über das Schiff

Das 1940 erbaute Schiff diente bis 1997 hauptsächlich als Frachtschiff in den Gewässern des Kattegat, Skagerrak und Vänern. Erst eine grundlegende Renovierung, die 1999 abgeschlossen wurde, machte aus dem Arbeitsschiff ein modernes Segelschulschiff.

Fakten:
Schiffstyp: Dreimastbark (Barque)
Länge: ~ 50 Meter
Breite: ~ 8 Meter
Höhe bis zur Mastspitze: 35 Meter
Segelfläche: 1.000–1.040 m², verteilt auf 19 Segel
Maximalgeschwindigkeit unter Segeln: 14 Knoten
Plätze für 44 Schüler*innen in zwölf Kabinen, sowie 11 Besatzungsmitglieder
Maximal 90 Personen an Bord möglich (inklusive Gäste)

Was sind die Aufgaben an Bord?

Die Zeit an Bord ist laut den Erzählungen der Schüler*innen sowohl die schönste und aufregendste gleichzeitig aber auch eine sehr harte Zeit. Das Leben an Bord ist körperlich und mental herausfordernd. Eingeteilt in verschiedene Schichten arbeiten die Segelnden bei Tag und Nacht, klettern gesichert in den Mast, übernehmen Wartungsarbeiten, reinigen das Schiff oder helfen in der Kombüse. Der enge Raum mit den über 50 Mitreisenden erfordert dabei Rücksicht und Disziplin. Man lernt sich mit wechselnden Gruppen zurechtzufinden und mit unterschiedlichen Menschen zusammenzuarbeiten. Der einzige Rückzugsort ist die kleine Koje, die meisten sind Vierbettkabinen. Gegessen wird im kleinen Speisesaal in Schichten, da dieser nur Platz für 16 Personen bietet.
   
Aktuelle Eindrücke vom Schiff gibt es auf der Instagram Seite:

Und die Schule?

Neben den Arbeiten rund um das Schiff sind täglich auch ein paar Stunden für die Schularbeit vorgesehen. Die Schüler*innen erhalten vor ihrer Abfahrt Aufgaben in den verschiedenen Schulfächern. Außerdem haben sie die Aufgabe, während der Reise ein Logbuch zu schreiben. Die Logbücher werden in Schwedisch, Englisch und anderen Sprachen veröffentlicht. So wird einerseits die Reise reflektiert, das Schreiben wird trainiert und zu Hause freut man sich über News der Besatzung. Hier können diese abgerufen werden: Blog

Eine Deutschklasse hatte die Aufgabe ein kurzes Video zu drehen.
Dieser tolle Film ist dabei entstanden:

Rückkehr des Schiffs

Ein aufregender Tag stand dann Ende Mai an, als das Segelschiff nach neun Monaten auf See zurückkehrte. Gegen 10 Uhr vormittags passierte das Schiff die Bucht neben der Schule und fuhr in den anliegenden Hafen ein. Dort wurde das Schiff und die Besatzung von Mitschüler*innen, Lehrer*innen und ihren Familien emotional empfangen. In der Werft wird sie nun die nächsten Monate restauriert, um dann im neuen Schuljahr wieder startklar für die nächste Reise mit den Schüler*innen zu sein.

Autor

Robert, Mittelschullehrer im Allgäu (Deutsch, Englisch, Musik und Sozialkunde) besuchte von März bis Juni 2025 die Öckerö seglande gymnasieskola an der Westküste von Schweden.