Das Goethe-Institut
In Bewegung

In knapp 100 Ländern weltweit ist das Goethe-Institut aktiv, und überall stehen die internationale Begegnung und Verständigung im Mittelpunkt: Künstler*innen werden zu Gastspielen eingeladen, Sprachlernende in Austauschprogrammen zusammengebracht und Mitarbeiter*innen an andere Standorte entsendet. Geschichten aus einer Kulturinstitution, in der „in Bewegung bleiben“ das Grundprinzip ist.

Sie unterhalten, sie berühren, sie regen an, inspirieren und fordern heraus: Schriftsteller*innen, Filmemacher*innen, Maler*innen und natürlich auch Tänzer*innen und Theaterschaffende. Das Goethe-Institut will ihre kreative Arbeit unterstützen, sie international vernetzen und ihnen eine globale Plattform geben.
Pina Bausch im Jahr 2000 am Goethe-Institut São Paulo. Foto: Goethe-Institut Archiv Pina Bausch im Jahr 2000 am Goethe-Institut São Paulo. Pina Bausch etwa, die genreprägende Tänzerin, Choreografin und Gründerin des Wuppertaler Tanztheaters, war mit Unterstützung des Goethe-Instituts regelmäßig zwei bis drei Monate im Jahr in verschiedenen Ländern unterwegs. Ihr Ensemble trat häufig in Frankreich, aber auch in den USA, Italien und Japan auf. Bausch beschrieb diese Zusammenarbeit, die Reisen und die dadurch entstandenen Freundschaften als ein besonderes Glück. „Das wünsche ich ganz vielen Menschen: andere Kulturen und Lebensweisen kennen zu lernen.“ Mit diesem Wunsch verband sie nicht zuletzt eine Hoffnung: „Es gäbe viel weniger Angst voreinander, und man könnte viel deutlicher sehen, was uns alle miteinander verbindet.”
 

Andreas Dresen im Interview
„Nach dem Film kommt man ins Gespräch.“

Der Regisseur von Filmen wie „Gundermann“, „Sommer vorm Balkon“ oder „Nachtgestalten“ erinnert sich an seine Reisen und Begegnungen mit dem Goethe-Institut.

Andreas Dresen im Interview

Die Sehnsüchte sind überall gleich


Gut ein Jahrzehnt bevor das Goethe-Institut mit seiner Unterstützung dafür sorgte, dass Pina Bausch ihr Publikum über Deutschlands Grenzen hinaus begeistern konnte, lud das Institut eine andere Kulturinstitution zu einer Tournee ein: das GRIPS Theater. Geboren aus der Studierendenbewegung und aus dem Kabarett heraus, hatte sich das Berliner Kindertheater einer sozialen Aufgabe verschrieben: sich gegen „das verrottete Weihnachtsmärchen deutscher Stadttheater“ der 1970er-Jahre zu stellen, wie Gründer Volker Ludwig schreibt. Es brauchte etwas Überzeugungsarbeit, Ludwig zu einer Tournee nach Brasilien zu überreden – dort aber stießen die Inszenierungen und Seminare über realistisches Kindertheater auf großes Interesse. Weitere Einladungen, etwa nach Indien, folgten.

  Das GRIPS Theater Pakistan, das in den 1980er-Jahren das GRIPS-Konzept in Pakistan eingeführt hat, bei einer Aufführung 2012 im Goethe-Institut Karachi. Foto: Kashif Paracha Das GRIPS Theater Pakistan, das in den 1980er-Jahren das GRIPS-Konzept in Pakistan eingeführt hat, bei einer Aufführung 2012 im Goethe-Institut Karachi. „Heute werden Stücke des GRIPS Theaters in allen Erdteilen und unterschiedlichsten Kulturkreisen übersetzt, adaptiert und inszeniert“, resümierte der frühere Goethe-Theaterreferent und langjährige Institutsleiter Klaus Vetter 1994. Weltweit würden Stoffe und Stücke nach der „GRIPS-Methode“ in Form von Gastregien, Workshops und Autor*innentreffen formuliert und ausprobiert. Der Kern dieser Arbeit: zuhören, zuschauen, gemeinsam nachdenken, anregen und gestalten, anderen und anderem begegnen. Auch Ludwig hatte eine Erklärung für den weltweiten Erfolg seines Theaters: „Je genauer wir mit unseren Stücken den Nerv der Berliner Kinder getroffen hatten, desto mehr wurden die Stücke auch in anderen Erdteilen verstanden, da die wesentlichen Sorgen, Ängste und Sehnsüchte der Kinder in aller Welt offenbar gleich sind.“ Für diese Erfahrung sei er dem Institut dankbar. Das Goethe-Institut und GRIPS – für ihn bildeten beide ein „winning team“.

Cathy Milliken im Interview
„Als Kulturbotschafterin den internationalen Austausch ermöglichen“

Die Kreativdirektorin und Komponistin hat nicht nur viele Projekte mit dem Goethe-Institut umgesetzt, sondern bei ihm auch Deutsch gelernt.

Cathy Milliken im Interview

Der Beginn einer internationalen Karriere

Bei „Dialoge 2013“ erkunden Tänzer*innen von SW&G und dem Ensemble Padmini Chetturs den historischen Stadtkern Nordkalkuttas. Foto: Martin Waelde Bei „Dialoge 2013“ erkunden Tänzer*innen von SW&G und dem Ensemble Padmini Chetturs den historischen Stadtkern Nordkalkuttas. Mitte der 1990er-Jahre fand ein weiteres solches Erfolgsteam zueinander: Die Tänzerin Sasha Waltz hatte sich gerade erst der Choreografie zugewandt und ein eigenes Improvisationsformat entwickelt, als sie gemeinsam mit Jochen Sandig in Berlin die Compagnie Sasha Waltz & Guests (SW&G) gründete und 1995 erstmals in der Münchner Schauburg gastierte.

Sasha Waltz im Interview
„Diese Theater haben sich in meine Erinnerung gebrannt.“

Die Choreografin und Tänzerin spricht über die Anfänge der Zusammenarbeit mit dem Goethe-Institut und eine prägende Tour durch Ägypten, Syrien und Israel.

Sasha Waltz im Interview

Mit ihrem Stück „Travelogue“ wurde sie nicht nur als große Hoffnungsträgerin der freien Tanzszene gefeiert, sie wurde auch von Mitarbeiter*innen des Fachbereichs Theater und Tanz des Goethe-Instituts entdeckt, und es fiel der Startschuss für eine langjährige Zusammenarbeit. Ab 1999 organisierte das Goethe-Institut mehrere große Tourneen für Waltz’ Produktion „Allee der Kosmonauten“, die sie und ihr Ensemble unter anderem durch Südostasien führten.

Mit ihrem Stück „Körper“ gastierte die Gruppe anschließend in Lateinamerika. Die Reisen markierten den internationalen Durchbruch der Tanztheaterkünstlerin: Schnell war die Kompanie derart erfolgreich und bekannt, dass sie auch ohne Unterstützung des Goethe-Instituts zu internationalen Festivals eingeladen wurde, etwa zum Habima-Festival in Tel Aviv oder dem MESS-Festival in Sarajevo.

Uwe Timm im Interview
„Ich lernte meine fremdsprachigen Leser kennen.“

Einige Reisen mit dem Goethe-Institut haben das literarische Werk des Schriftstellers beeinflusst – zum Beispiel eine Einladung nach Japan.

Uwe Timm im Interview

Weltweiter Bildungsaustausch


Sprach- und Bildungsarbeit funktioniert am besten über Austausch: Wie sonst lassen sich Mentalität, Lebenserfahrungen und schließlich auch Vokabeln besser vermitteln als in Begegnungen und Gesprächen? Deshalb unterstützt beispielsweise das „German American Partnership Program“ (GAPP) seit 1972 Lehrkräfte und Schulen bei der Einrichtung von bilateralen Schüleraustauschprogrammen zwischen den USA und Deutschland. Um die Vermittlung von China-Kompetenz an deutschen Schulen auszubauen und den Austausch zwischen jungen Menschen beider Länder zu intensivieren, hat das Goethe-Institut mit der Stiftung Mercator 2020 das Bildungsnetzwerk China gegründet. Die Angebote richten sich an Schulen, Lehrkräfte und Schüler*innen in Deutschland und China.

Außerdem können deutsche Lehrkräfte und Lehramtsstudierende, die Schulen im Ausland und die zugrundeliegenden Schulsysteme kennenlernen möchten, an vom Goethe-Institut betreuten Schulen Praktika absolvieren. Dafür hat das Goethe-Institut das Programm SCHULWÄRTS! ins Leben gerufen, das die Interessierten nicht nur vermittelt, sondern sie auch vor, während und nach ihrer Praktikumszeit individuell betreut.

Auch für den umgekehrten Weg steht das Goethe-Institut als vermittelnder Partner bereit: Schüler*innen aus dem Ausland können sich über die „Studienbrücke“ sprachlich und fachlich auf einen Studieneinstieg in Deutschland vorbereiten. Das Bildungsprogramm umfasst festgelegte Module, die im Heimatland absolviert werden, der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) ist als Partner für die Studienberatung eingebunden.

Mitarbeiter*innen in Bewegung

Wo Künstler*innen auf Reisen eingeladen werden, Lernende über weltumspannende Programme zueinander finden, wo also Bewegung als Prinzip gilt – da bleiben auch die Mitarbeiter*innen nicht stehen. Viele durchlaufen während ihrer Karriere verschiedene Stationen an Goethe-Instituten im Ausland, in Deutschland oder in der Münchner Zentrale, andere wechseln alle fünf bis sechs Jahre als Teil der sogenannten Rotationslaufbahn an einen anderen Standort.

Allein von Januar bis November 2021 hat die Personalabteilung trotz weltweiter Pandemie über 130 dienstlich angeordnete Ortswechsel organisiert und begleitet – notwendige Umzüge am ausländischen Dienstort, etwa aus gesundheitlichen oder privaten Gründen, nicht mitgerechnet. Die Versetzungen führen mal ins europäische Ausland, mal ins tausende Kilometer entfernte Neuseeland. Knifflig ist dabei die Zeitplanung: Schließlich sollen die Koffer und Möbel ja ungefähr zur gleichen Zeit am neuen Dienstort ankommen wie die Mitarbeiter*innen, auch der Schulwechsel der Kinder muss zeitlich koordiniert werden.

Stellvertretend für die vielen Mitarbeiter*innen in Bewegung sprechen in der folgenden Bildergalerie einige Kolleg*innen über ihre Arbeit an verschiedenen Orten und die Bedeutung dieses internationalen Kulturaustauschs.
Text: Romy König