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Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus
Jedes Opfer trug einen Namen

Skulptur in der Gedenkstätte des lettischen Konzentrationslagers Salaspils südöstlich von Riga
Skulptur in der Gedenkstätte des lettischen Konzentrationslagers Salaspils südöstlich von Riga | Foto (Ausschnitt): © picture alliance / akg-images / Sammlung Foedrowitz

Heute vor 76 Jahren wurde das Vernichtungslager Auschwitz befreit. Johannes Ebert, Generalsekretär des Goethe-Instituts, über die persönliche und gesellschaftliche Verantwortung, die aus dem Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus erwächst.

Von Johannes Ebert

Der 27. Januar ist dem Gedenken der Opfer deutschen Wütens während der Zeit des Nationalsozialismus gewidmet. Natürlich darf dieses Gedenken nicht nur an diesem einen Tag stattfinden – wir müssen der historischen Verbrechen zu jeder Zeit eingedenk sein. Und dennoch hat ein rituelles Begehen eine besondere Bedeutung. Denn: Jedes im Kollektiv – wenn auch nicht von jedem – begangene Verbrechen braucht kollektive Momente des Erinnerns daran. Und da bei der Schilderung des Ausmaßes der Verbrechen häufig Zahlen herangezogen werden, muss gerade in diesen Momenten zugleich daran erinnert werden: Jedes Opfer trug einen Namen, war ein Individuum, hinterlässt eine ganz individuelle Lücke.

Das Gedenken ist gemeinsam und doch sind die Momente des Erinnerns auch tiefe persönliche Erfahrungen, die viele von uns in sich tragen: Der Blumenstrauß, den wir als Schulklasse im Konzentrationslager Dachau in Erinnerung an den Holocaust niederlegten. Der Gang über das Gelände von Babij Jar gemeinsam mit einem jüdischen Freund. Eine Ausstellung von Kunstwerken, die im Konzentrationslager Flossenbürg entstanden sind, und die wir als Goethe-Institut in Kiew zeigten. Die stummen steinernen Plastiken der Gedenkstätte Salaspils in Lettland: Dort schlägt ein Metronom in einem Marmorblock einen stetigen Rhythmus, der im Wald verhallt. Jeder Schlag ein Herzschlag, jeder Schlag ein Mensch, der nicht mehr da ist, den nichts zurückbringen wird.

Aus diesem Gedenken speist sich eine persönliche und gesellschaftliche Verantwortung für die Gegenwart und Zukunft. Sie schlägt sich auch in der Arbeit des Goethe-Instituts auf der ganzen Welt nieder: Die Verantwortung zu verhindern, dass Ausgrenzung, dass Rassismus, dass Antisemitismus Raum im Denken der Menschen und in unseren Gesellschaften erhalten. Dazu ist es notwendig, dass wir uns dieser Erinnerung stellen und uns mit ihr auseinandersetzen. So wie in einer gemeinsamen Initiative des Berliner Literaturfestivals und des Goethe-Instituts, als wir zusammen mit vielen Partnerinstitutionen in zahlreichen Städten im Ausland im vergangenen Jahr Claude Lanzmanns Film „Shoah“ vorführten, verbunden mit Diskussionen und Gesprächen über den Film und die historischen Gräuel. Nur ein Beispiel unter vielen in der Arbeit des Goethe-Instituts.

Am 27. Januar 1945, heute vor 76 Jahren, wurde das Vernichtungslager Auschwitz befreit. Ein Jahr zuvor, ebenfalls am 27. Januar, kam es zum Ende der Blockade Leningrads, bei der mehr als eine Million Menschen den Hungertod gestorben waren. Wir gedenken aller Opfer des deutschen Totalitarismus in stiller Anteilnahme mit ihren Angehörigen.

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