Frauen und IT
„Es geht um Ermutigung“

Frauen und IT;
Frauen und IT; | Foto (Ausschnitt): © fotolia

In Deutschland entscheiden sich immer noch wenige Frauen für ein Informatikstudium. In der wachsenden Computerbranche sind sie deshalb unterrepräsentiert. Doch es zeichnet sich ein Wandel ab.

Laura Laugwitz hat sich schon immer für Computer interessiert. Erst mit 25 Jahren aber, als sie bereits einen Bachelor-Abschluss in Kulturanthropologie hatte, traute sie sich ein Informatikstudium anzufangen. Hat sie vorher niemand ermutigt oder gefördert? In der Schule, erzählt sie, habe sie mal einen Informatikkurs belegt. „Da war ich das einzige Mädchen.“ Die Jungen hätten alles schnell verstanden und gekonnt. „Ich war dagegen nur frustriert.“ Dann kam in der Oberstufe noch ein unsympathischer Mathematiklehrer dazu – und schon stand für Laugwitz fest, dass sie niemals ein Fach studieren würde, bei dem Mathematikkenntnisse nötig sind.

Wie Laugwitz geht es in Deutschland vielen jungen Frauen. Sie nutzen ihre Smartphones, Tablet-Computer und Laptops mit großer Hingabe, aber auf die Idee, eine aktive Rolle bei der Digitalisierung der Gesellschaft zu spielen, kommen die wenigsten. Frauen studieren seltener mathematisch-technische Fächer als Männer, sie arbeiten seltener in IT-Unternehmen, haben dort selten Führungspositionen und sind auch bei Unternehmensgründungen deutlich unterrepräsentiert. Laut einer Studie, die der Bundesverband Deutsche Startups zusammen mit dem Deutschen Startup-Monitor durchgeführt hat, gingen im Jahr 2014 nur elf Prozent aller Startup-Gründungen in Deutschland auf Frauen zurück. Im Vergleich zum Vorjahr war ihr Anteil sogar gesunken.

„Girls’ Day“, Netzwerke und ein Manifest

Wie kann bei jungen Frauen Begeisterung für entsprechenden Fächer geweckt werden und wie können deren Talente früh gefördert werden? Wie werden sie motiviert, um sich das Studium und IT-Berufe zuzutrauen? Politik, Forschungseinrichtungen und Schulen bemühen sich durchaus um mehr weiblichen Nachwuchs in den sogenannten MINT-Fächern Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik. Ansätze gibt es viele. So wurde etwa ein „Girls’ Day“ ins Leben gerufen, es gibt nationale Initiativen wie „Komm, mach MINT“ oder Karrierenetzwerke wie „Femtec“. Doch reicht das? Auf der internationalen IT-Messe Cebit haben 2015 rund 30 Frauen aus der Digitalwirtschaft in einem „Gründerinnen-Manifest“ gefordert, dass die Förderung sich noch systematischer durch das gesamte Bildungssystem ziehen muss.

Denn die Berufsaussichten für MINT-Absolventen sind am Hightech-Standort Deutschland sehr gut. In Berlin, der Hauptstadt der deutschen Startup-Gründungen, herrscht ein Mangel an Programmierern. Doch nicht nur das – insgesamt sei die IT-Branche mit knapp einer Millionen Beschäftigten nach dem Maschinenbau der größte industrielle Arbeitgeber in Deutschland, so der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien Bitkom. Langsam scheint sich das herumzusprechen. Bei den Studienanfängern im Fach Informatik steigt die Zahl der Frauen seit 2012 an. Rund 7.700 Frauen begannen laut Bitkom im Wintersemester 2014/2015 in Deutschland ein IT-Studium, das waren fünf Prozent mehr als im Vorjahr. Frauen machen damit rund 22 Prozent aller Studienanfänger in dem Bereich aus.

IT-Studiengang ohne Männer

Manche entscheiden sich dabei bewusst für ein Studium ohne männliche Kommilitonen. Die Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin hat den ersten Informatik-Studiengang nur für Frauen eingerichtet. „Es geht nicht um das Wiederbeleben der Geschlechtertrennung“, sagt Leiterin Juliane Siegeris. Eher um Chancengleichheit und Ermutigung. „Viele junge Frauen interessiert das Thema und sie sind auch logisch und mathematisch versiert.“ Doch dann vergleichen sie sich mit ihren männlichen Mitschülern, die scheinbar seit frühester Kindheit in ihrer Freizeit nichts anderes machen als vor dem Computer zu sitzen. „Frauen denken oft, dass sie nicht die gleichen Startvoraussetzungen haben“, sagt Siegeris. Die Hochschule wirbt deshalb damit, dass für den Frauenstudiengang keine IT-Vorkenntnisse erforderlich sind. Das funktioniert. „Schon nach kurzer Zeit merken die Studentinnen, dass sie genauso gut oder weit sind wie die Männer.“

Ähnlich erging es Laura Laugwitz. Bei ihr gaben die „Rails Girls“ den entscheidenden Anstoß. Hinter dem Namen steckt ein loses internationales Netzwerk von Ehrenamtlichen, die in vielen Großstädten kostenlose Programmierworkshops für Frauen anbieten. Die Idee stammt aus Finnland, mittlerweile gibt es auch in Deutschland einige Gruppen. Laugwitz ging zu den Rails Girls Berlin, zunächst als sogenannter „Newbie“. Heute gibt sie ihr Wissen an andere weiter. Die Workshops sind beliebt, die Plätze immer schnell vergeben – und viele der Frauen treffen sich anschließend regelmäßig, um ihre Programmierkünste auszubauen. „Es ist toll, dass wir mit dem Angebot ein paar Leute erreichen“, sagt Laugwitz. Doch die Rails- Girls-Gruppen allein reichen nicht, meint sie. „Es braucht einen breiten kulturellen Wandel.“