Was gibt es Neues in der deutschen Literaturszene? Wir informieren Sie über aktuelle Ereignisse, zu entdeckende Autor*innen, Neuerscheinungen und Übersetzungen ins Französische.
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Nach einer dreijährigen pandemiebedingten Pause kehrt die Leipziger Buchmesse wieder zurück. Begeisterte der Bücherwelt versammeln sich wieder, um die Literatur zu feiern. Wie jedes Jahr hat die Jury des Leipziger Buchpreises einen Preisträger der Kategorie Belletristik ausgewählt. In diesem Jahr wurde Dinçer Güçyeter mit seinem Debütroman Unser Deutschlandmärchen mit dem Preis gekürt. Eine große Ehre für den nahezu unbekannten Autor, der nicht nur durch sein schriftstellerisches Talent die Jury und das Publikum überzeugte, sondern auch eine starke und berührende Dankesrede bei der Preisverleihung hielt.
Wir stellen Ihnen nicht nur den Preisträger vor, sondern auch die anderen Finalisten*innen des Preises, einige Neuerscheinungen und eine Auswahl von Werken, die kürzlich ins Französische übersetzt wurden.
Dinçer Güçyeter ist Theatermacher, Lyriker, Herausgeber und Verleger. Nach der Realschule absolvierte er eine Ausbildung als Werkzeugmechaniker. Zum ersten Mal stand er 1998 in einer Inszenierung von Tschechows Die Möwe auf der Bühne; danach folgten verschiedene Auftritte in Köln, Düsseldorf und Nettetal. Anfang 2014 begann er das Laienensemble des Katakomben Theaters zu leiten. Zudem gründete er im Jahr 2012 den ELIF-Vertrag mit Fokus auf deutsche und internationale Lyrik und finanzierte diesen durch die Arbeit als Gabelstaplerfahrer. Im Mai 2022 erhielt Güçyeter für seinen Lyrikband Mein Prinz, ich bin das Ghetto den Peter-Huchel-Preis. Für seinen Roman Unser Deutschlandmärchen erhielt er 2023 den Preis der Leipziger Buchmesse.
Unser Deutschlandmärchen
Mikrotext, November 2022
Der Roman Unser Deutschlandmärchen illustriert autobiographisch eine Einwanderungsgeschichte und ein mehrstimmiges Familienporträt. Es wird die Geschichte von Hanife, einer anatolische Nomadentochter und Mutter von Fatma, erzählt, die mit ihrer Familie als Gastarbeiterin der ersten Generation nach Deutschland zieht. Die Jury des Leipziger Buchpreises schreibt dem Roman eine starke Emotionalität und eine große politische Bedeutung zu. Mit einer innovativen Formenvielfalt von Chören, Monologen bis hin zu Gebeten gibt Unser Deutschlandmärchen den Gastarbeiterinnen eine Stimme und spricht von einer wütenden Suche und der Hoffnung des Ankommens.
Ulrike Draesner, Penguin Verlag, Februar 2023 Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse
Der Roman erzählt von unterschiedlichsten Frauenschicksalen aus dem 20. Jahrhundert, die alle verbunden sind durch ihre Erfahrungen in der Kriegs- und Nachkriegszeit in Deutschland und Polen. Stimmen des Leids und der Scham, aber auch der Stärke, des Muts und des Wandels.
Joshua Groß, Matthes & Seitz Berlin, 2022 Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse
In einem Skisprunggebiet in Tirol bildet sich für einige Wochen eine kuriose WG bestehend aus einem Pärchen, Oma Suzet, zwei skifahrenden Geschwistern und der kleinen Tilde. Eine Geschichte des Miteinanders, der Liebe und Freundschaft und ein Durchatmen fernab der oberflächlichen und schnellen Welt von heute.
Clemens J. Setz, Suhrkamp, Februar 2023 Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse
Clemens J. Setz fiktionalisiert die historische Figur des Peter Bender in seinem Roman und erzählt von seiner Gründung der sogenannten Hohlwelt-Theorie, welche besagt, dass die Menschen nicht auf, sondern in einer Kugel leben. Als es zur Machtergreifung der Nationalsozialisten kommt, wird er mit seiner jüdischen Frau verhaftet und deportiert.
Angela Steidele, Insel Verlag, September 2022 Nominiert für den Preis der Leipziger Buchmesse
Angela Steidele widmet sich in ihrem aufklärerischen Roman erneut historischen Frauenfiguren. Diesmal sind es Luise Gottsched und Dorothea Bach in Leipzig, die beide im Schatten ihrer berühmten männlichen Verwandten stehen. Ein feministisches und unterhaltsames Porträt der Aufklärung aus weiblicher Perspektive.
Der zweite Teil von Julia Schochs geplanter Trilogie erzählt von der Entfremdung eines Paares nach 30 Jahren Ehe. Es geht um eine Frau, die reflektiert von dem Ende einer Liebe, von den Tiefen und Höhen in Beziehungen, von Wendepunkten und Trennungen spricht. Wo geht die Liebe hin, wenn man sagt, sie ist verschwunden?
Der Ausgangspunkt von Teresa Präauers Roman ist die Dinnerparty eines Ehepaars um die 40. Zu Gast ist der Freundeskreis und im Laufe des Abends geht es um Themen wie 'Foodporn'-Bilder im Internet, Kochen und aktuelle Debatten. Ein vielfältiger, witziger Abend mit Hoch- und Tiefpunkten sowie Meinungsverschiedenheiten und Einverständnis.
Juli Zeh und Simon Urban, Luchterhand Literaturverlag, Januar 2023
Als Studierende waren sie fast wie eine Familie füreinander, warum also endet ihr zufälliges Widersehen 20 Jahre später in einem Desaster? Eine von der heutigen Debattenkultur inspirierte Geschichte über Theresa und Stefan und ihren Versuch, trotz mittlerweile verschiedenster Lebensrealitäten und Denkweisen wieder auf einen gemeinsamen Nenner zu kommen.
In dem Roman von Peter Stamm wird der Autor zur Romanfigur. Es geht es um die Filmemacherin Andrea, die ein Porträt über den Schriftsteller Richard Wechsler drehen soll, welches jedoch scheitert. Dennoch beginnt Andrea in seiner Heimatstadt Spuren seines Leben zu suchen. Ein spielerischer Roman, selbstironisch, locker, aber trotzdem tiefsinnig.
Annette Hug, Zoé, Februar 2023
Übersetzung von Camille Luscher
Originaltitel: Tiefenlager
In dem Roman von Annette Hug geht es um die Herausforderung der Endlagerung des Atommülls. Wie kann man zukünftige Generationen vor dieser Gefahr warnen und die Übermittlung des Wissens sicherstellen? Drei Frauen und zwei Männer verschiedenster Hintergründe bilden einen Orden, um eine Antwort zu finden.
Reinhard Kaiser-Mühlecker, Verdier, März 2023
Übersetzung von Olivier Le Lay
Originaltitel: Schwarzer Flieder
In der Fortführung des schicksalhaften Familienepos über die Familie Goldberg steht Ferdinand im Mittelpunkt. Er verlässt den gemeinsamen Hof, um nach Wien und später nach Bolivien, den Todesort seines Vaters, zu ziehen. Nach dem Mord seines Onkels an einem Familienmitglied kommt Ferdinand wieder nach Hause, mit dem Ziel den Hof zu zerstören.
Verena Kessler, Actes Sud, April 2023
Übersetzung von Denis Dumas
Originaltitel: Die Gespenster von Demmin
Verena Kesslers Roman beschäftigt sich mit der bedrückenden Geschichte des Demminer Massensuizids am Ende des Zweiten Weltkrieges. Die junge Protagonistin Larry begibt sich auf Spurensuche in ihrer Stadt und setzt sich mit der Schuld, dem Generationenkonflikt und Kriegstraumata auseinander.
Mémoire vocale : 200 poèmes allemands du VIIIe au XXe siècle
Thomas Kling, Unes, Februar 2023
Übersetzung von Laurent Cassagnau und Aurélien Galateau
Originaltitel: Sprachspeicher
Bei Thomas Klings Lyrikband handelt es sich um eine außergewöhnliche Sammlung deutschsprachiger Gedichte. Die 200 Gedichte umfassen die deutsche Lyrikgeschichte vom 8. bis zum 20. Jahrhundert. Von Zaubersprüchen bis zu Herder und Paul Celan – ein Panorama der Vielschichtigkeit der deutschsprachigen Dichtung.
Hannes Köhler, Actes Sud, Februar 2023
Übersetzung von Justine Coquel
Originaltitel: Ein mögliches Leben
Cette autre vie erzählt von einer Reise des Enkels Martin und seines Großvaters in die USA zu den ehemaligen Gefangenenlagern deutscher Soldaten des Zweiten Weltkrieges. Im Zuge des Erinnerns an diese prägende Zeit als Gefangener, öffnet sich der Großvater seinem Enkel und lässt ihn an seinen damaligen Erlebnissen und Träumen teilhaben.
Chris Kraus, Belfond, April 2023
Übersetzung von Rose Labourie
Originaltitel: Scherbentanz
Chris Kraus Debütroman erzählt die Geschichte des erfolglosen Modemachers Jesko, dem Knochenmarkkrebs diagnostiziert wird. Als er seine verrückte Mutter während einer Familienfeier zum ersten Mal nach zwanzig Jahren wiedersieht, ist ihm klar, dass ihn nur eine Transplantation mit ihr als Spenderin retten kann.
Bettina Wohlfahrth, Liana Levi, April 2023
Übersetzung von Elisabeth Landes
Originaltitel: Wagfalls Erbe
Wer war Jener Isidor beziehungsweise Victor Wagfall wirklich? Rückblickend berichtet er von seinem geheimnisvollen Doppelleben nach der französischen Kapitulation 1940 als Gemäldefälscher in Paris und Oberinspektor der Reichsbahn sowie von seiner Zusammenarbeit mit den Nazis und jüdischen Kunsthändlern.
Daniela Krien, Albin Michel, März 2023
Übersetzung von Dominique Autrand
Originaltitel: Der Brand
Dreißig Jahre Ehe und zwei Kinder. Daniela Kriens Roman handelt von dem Dresdner Ehepaar Rahel und Peter, die sich fragen, wo ihre einstige Liebe hin ist. Ein gemeinsamer Sommerurlaub soll Klarheit bringen und so findet sich das Paar wegen einer Planänderung spontan in Uckermark wieder. Können sie das verlorene Begehren wiederfinden?
Hier finden Sie Übersetzungen von Werken deutschsprachiger Literatur, die vor Kurzem auf dem französischen Markt erschienen sind oder in den kommenden Monaten erscheinen werden.