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faUst © Jan Lankisch

Grigorij Durnowo über das Festival Jazz im Herbst – JAZZ. INDUSTRIAL. KRAUT

Jazz im Herbst

Die Musikwelt begeht in diesem Jahr zahlreiche „Fünfzigste“: 50 Jahre Woodstock, 50 Jahre seit Erscheinen von „Abbey Road“ der Beatles oder der ersten Alben von Led Zeppelin, King Crimson und der Stooges, 50 Jahre seit Miles Davis‘ legendären „In a Silent Way“ und „Bitches Brew“ oder von „Trout Mask Replica“ von Captain Beefheart; auch Major Tom und der blinde und taubstumme „Tommy“ hatten ihre Geburtsstunde vor 50 Jahren, wie im Übrigen auch „Ummagumma“. Auch die Anfänge des Krautrock lassen sich mehr oder minder auf das Jahr 1969 datieren. Damals unternahm eine Gruppe Gleichgesinnter ihre ersten Versuche im Erkunden von Geräuschen, Collagen, Improvisation und der Wirkung, die Musik auf das menschliche Bewusstsein ausübt. Es entstand Krautrock, jenes einzigartige deutsche Musikgenre, das so viele Experimente späterer Epochen beeinflussen sollte, und die experimentierfreudigen Musiker von damals kennt man heute unter dem Namen „Faust“.
 
Krautrock und „Faust“ sind in diesem Jahr eines von zwei Leitthemen des Festivals „Jazz im Herbst“, das das Goethe-Institut nunmehr zum neunten Mal organisiert. Drei Mitglieder der ursprünglichen Besetzung jener großartigen deutschen Band reisen nach Moskau und ins DOM. Zwei der drei – der Bassgitarrist Jean-Hervé Peron und der Schlagzeuger Werner „Zappi” Diermaier – spielen weiterhin unter dem Namen "faUSt". Der dritte – Hans Joachim Irmler, Keyboarder und Elektronikmusiker – tritt gemeinsam mit einem ehemaligen Mitglied einer anderen berühmten deutschen Band auf: FM Einheit von „Einstürzende Neubauten“.
 
Das andere Leitthema des Festivals ist deutlich traditioneller: Jazz und ganz allgemein freie Improvisationsmusik. Den Festivalauftakt übernimmt die Formation „Oliwood“ um den deutschen Schlagzeuger Oli Steidle, der schon mit vielen erstklassigen Improvisationskünstlern zusammengespielt hat. Auch die aktuelle Besetzung von „Oliwood“ kann sich sehen lassen: mit Steidle spielen der deutsche Komponist, Saxofonist, Klarinettist und Flötist Frank Gratkowski – ein alter Bekannter im DOM – und der britische Keyboarder Dan Nicholls, Mitglied des faszinierenden Trios „Strobes“, dessen Musik irgendwo zwischen Post-Rock, Math-Rock und vielen anderen Stilrichtungen anzusiedeln ist. Als Special Guest freuen wir uns auf den amerikanischen Bassgitarristen Trevor Dunn, vielen bekannt aus verschiedenen Projekten von John Zorn.
 
Während „Oliwood“ sich der freien Improvisation verschrieben hat, setzt das andere Quartett des Festivals – „Spoom“ – eher auf Musik, die vor dem Auftritt komponiert wurde, diese jedoch rhythmisch wie melodisch anspruchsvoll. „Spoom“ besteht zu drei Vierteln aus deutschen Musikern: dem Gitarristen und Bandleader Ronny Graupe und zwei Musikern mit Namen Christian, die in der Welt des modernen europäischen Jazz durchaus nicht unbekannt sind – Christian Weidner am Saxofon und Christian Lillinger am Schlagzeug. Der vierte im Bund ist der Däne Jonas Westergaard am Kontrabass.
 
Schon in den vergangenen Jahren brachte das vom Goethe-Institut organisierte Festival „Jazz im Herbst“ zahlreiche erstklassige und berühmte Musiker auf die Bühne und verblüffte uns mit ungewöhnlichen Musikprojekten. Dieses Mal jedoch gelingt etwas noch nie Dagewesenes: innerhalb nur weniger Tage treten aktuelle Improvisationskünstler und lebende Legenden am selben Ort auf und bieten dem Publikum ein respektables Spektrum unkonventioneller Musik: intellektueller Jazz und Avantgarde-Improvisation aus Europa, Downtown-Musik aus New York, Industrial, Noise und Krautrock aus Deutschland.
 

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