2. Mai 2012:
Rede von Johannes Ebert anlässlich der Veranstaltung „More Europe! – Für eine neue Kultur der europäischen Außenbeziehungen“ in Berlin

Das Goethe-Institut versteht sich als ein Akteur kultureller Verständigung in seinem Heimatkontinent, gerade auch in Zeiten wachsender Europa-Skepsis. Dieser Ansatz verlangt nach mehr Kultur in Europas Außenbeziehungen, d.h. nach einer kulturellen Diplomatie neuen Stils, mit der sich Europa außerhalb seiner Grenzen in den internationalen Dialog einbringt.

Sehr geehrte Frau Ebadi,
Sehr geehrter Dr. Herr Henning Schulte-Noelle,
sehr geehrter Herr Vimont,
meine sehr geehrten Damen und Herren,

MORE EUROPE!

Es ist genau zwei Wochen her, dass sich die Leiter der europäischen Regionen und der Vorstand des Goethe-Instituts in Warschau getroffen haben, um über Europa zu diskutieren. Krise, neuer Nationalismus, aber auch Mobilität als Chance, Europa als kulturelles und gesellschaftliches Projekt mit Zukunft und die Kooperation der europäischen Kulturinstitute waren Schlagworte der Diskussion. Diese Treffen zu Europa haben im Goethe-Institut Tradition. Denn das Goethe-Institut ist nicht nur ein nationales Kulturinstitut, sondern wir verstehen uns auch als europäische Institution. Multilaterales Arbeiten im europäischen Partnerkreis und das Thema Europa sind grundlegend für das Goethe-Institut.

Auch in Zukunft wird das Goethe-Institut mehr und mehr auf die Zusammenarbeit im europäischen Kontext angewisen sein. Deutschland und seine Kultur werden als Teil Europas wahrgenommen, und das Goethe-Institut übernimmt zusammen mit seinen Partnern auch und zunehmend europäische Aufgaben – auch auf Basis der Finanzierung durch die Europäische Union.

Wir wollen, gerade auch wenn es um die kulturelle Vertretung Europas außerhalb Europas geht, unsere Erfahrung und Expertise einbringen – genauso wie wir in diesem Kontext lernen wollen. Hierzu haben wir als strategische Perspektive die Zusammenarbeit in unserem EUNIC-Netzwerk. EUNIC steht für European Union National Institutes for Culture und ist der Zusammenschluss der nationalen Kulturinstitute der EU. Hier hat sich das Goethe-Institut von Anfang an stark engagiert.

Wir wissen, dass die Kultur nicht im Zentrum der EU-Kompetenz angesiedelt ist. Dennoch glauben wir, dass es höchste Zeit ist, mit den europäischen Institutionen, vor allem auch mit dem neuen Auswärtigen Dienst der Europäischen Union über Kultur zu reden. Dies ist die Kernaufgabe, die sich die Initiative „More Europe“ gestellt hat.

Wir hören mit Freude, dass diese Initiative auf positives Echo im Europäischen Auswärtigen Dienst gestoßen ist, wie die Gegenwart seines Generalsekretärs Pierre Vimont heute Abend beweist.

Wir brauchen die Kultur in der europäischen Diplomatie, aber wir brauchen sie nicht im diplomatischen Gewand. Kultur braucht Freiraum, um zu wirken. Sie braucht Begegnungen auf Augenhöhe und die Möglichkeit, sich kreativ zu entfalten. In diesem Sinne steht das Goethe-Institut bereit für eine Vertretung Europas im globalisierten Dialog der Kulturen. Hierfür wünschen wir uns Aufmerksamkeit und Partnerschaft mit allen Institutionen der Europäischen Union. Unsere Initiative „More Europe“ möchte in Politik und Öffentlichkeit Bewusstsein schaffen für die großartigen Chancen einer europäischen kulturellen Diplomatie im Geiste des gemeinsamen Lernens und der fairen Partnerschaft. Es ist klar, und wir werden dies mit all unserer Kraft unterstützen, dass ein wichtiger Träger dieses Prozesses in Zukunft das EUNIC-Netzwerk der unabhängigen europäischen Kulturinstitute sein wird.

Thema des heutigen Abends sind die Menschenrechte, ein Thema mit einer bedeutenden europäischen Dimension. Europa hatte bei der Formulierung des heutigen Bestandes der Menschenrechte einen bedeutenden Anteil und steht deshalb bei seinem Auftritt in der Welt unter besonders kritischer Beobachtung. Menschenrechte sind qua Definition universell: Wer sie postuliert, muss sie auch einhalten. Doppelte Standards dürfen nicht gelten. Über diesen Zusammenhang wird uns sicherlich auch der Vortrag unseres großartigen Gastes Shirin Ebadi aufklären.

Ich bedanke mich ganz herzlich bei den Gästen des heutigen Abends, für ihre Bereitschaft dabei zu sein. Ebenso bedanke ich mich bei den Kolleginnen und Kollegen, die die Initiative „More Europe“ ins Leben gerufen haben und weitertragen.
Vielen Dank!