17. Februar 2018
Berlinale-Frühstück

Begrüßung durch den Präsidenten des Goethe-Instituts Prof. Dr. h.c. Klaus-Dieter Lehmann

Anrede,

Dank für die großartige Zusammenarbeit mit den Partnern hier und in der Welt, Dank an die Kolleginnen und Kollegen. Es war ein großartiges Jahr für die Filmarbeit!

Das vergangene Jahr stand auch im Zeichen UFA, die ihr 100-jähriges Jubiläum feierte. Sie ist ein deutscher Mythos und hat alles produziert: visionäres Kino, perfide Propaganda, in ihren Produktionen spiegelt sich die deutsche Geschichte der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts wider. Für den Jubiläumsempfang in New York haben wir sogar unseren legendären Sitz geöffnet, der als derzeitige Baustelle gegenüber dem Metropolitan Museum zur German Academy wird. Die New Yorker waren hingerissen.

Wir sehen uns durchaus als Promoter des deutschen Films, machen auf aktuelle Entwicklungen und Diskurse in Deutschland aufmerksam, bringen Filmemacher in Seminaren und Workshops zusammen und präsentieren den deutschen Film im Ausland. Dazu verfügen wir über ein umfangreiches Filmarchiv und kuratieren eigene Reihen und Festivals.

Erst am Donnerstag ging zum Beispiel die 22. Ausgabe des Filmfestivals „Berlin and Beyond" zu Ende. Es ist Amerikas größtes Festival für zeitgenössischen deutschen Film, welches jährlich ca. 10.000 Filmliebhaber in das legendäre Castro Theater und ins Goethe-Institut zieht. Frederick Lau (Simpel, SMS für dich) und Lars Eidinger (Die Blumen von gestern) wurden mit dem Spotlight Award in Acting ausgezeichnet. Regisseur und Drehbuchautor Simon Verhoeven begleitete den Eröffnungsfilm „Willkommen bei den Hartmanns".

Unser Filmarchiv umfasst circa 900 Spiel- und Dokumentarfilme. In den letzten Jahren haben wir bei Ankäufen besonders darauf geachtet, den Anteil von Regisseurinnen deutlich zu erhöhen. Unter den Neuzugängen im Archiv finden sich nun beispielsweise:

Sommerhäuser Sonja Kröner, Deutschland 2017
Happy Carolin Genreith, Deutschland 2016
Königin von Niendorf Joya Thome, Deutschland 2017
Western Valeska Grisebach, Deutschland 2017
Toni Erdmann Maren Ade, Deutschland, Österreich 2017
Der traumhafte Weg Angela Schanelec, Deutschland 2016
Cahier Africain Heidi Specogna, Deutschland, Schweiz 2016

Was haben wir künftig vor?

Natürlich ist die Nutzung von Streaming-Technologie für uns ein großes Thema. Rechtlich ist es aber für das Goethe-Institut wegen der Voraussetzung zeitlich unbegrenzter Lizenzen ein kompliziertes Feld. Eine Goethe-VOD-Videothek wird es so schnell nicht geben, eher ein Angebot weniger und ständig wechselnder Filme.
Eine spannende Anwendung wird das Online- Festival beim Deutschlandjahr USA. Beginnend mit dem Tag der Eröffnung am 3. Oktober 2018 geht auf der Kino-Plattform des Deutschlandjahres jede Woche ein neuer deutscher Film online. Am Ende steht so eine Filmbibliothek mit 50 Filmen, kuratiert vom Goethe-Institut.

Die neuen Möglichkeiten der Technik sind für uns ein spannendes Thema

So hat das Goethe-Institut Kinshasa unter der künstlerischen Leitung von Dorothee Wenner ein so genanntes I-Doc (Interactive Documentary) und Live-Event-Projekt mit deutschen und kongolesischen Akteuren produziert. Es geht um die Web-Serie KINSHASA Collection. Jeder Episodenlaunch initiierte dabei weitere Portale, Filme, Tutorials und Blogs und entfaltet so ein interaktives, semi-dokumentarisches Modellprojekt zukünftiger transkultureller Kommunikation.

Zum ersten Mal findet am 1. März 2018 außerdem ein Virtual-Reality-Tag in der Zentrale des Goethe-Instituts statt. Ziel ist es, den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern einen Überblick über die verschiedenen Anwendungsmöglichkeiten dieser neuen Technologie zu geben.

Trotzdem nichts geht über persönliche Begegnungen.

Lassen Sie mich von einem aktuellen Beispiel aus dem Libanon berichten, von der „BACKSTORY - The Film Residency".

2017 startete das regionale Programm „BACKSTORY" für junge Filmemacherinnen und Filmemacher aus den Ländern des Nahen Ostens, Nordafrika und Deutschland, in Zusammenarbeit mit den lokalen Partnern Beirut Art Residency und Metropolis Art Cinema. Aktuell wird das Projekt zum zweiten Mal durchgeführt. Im Rahmen der Residenz können die Filmemacher/-Innen an Masterklassen teilnehmen, ihre Arbeiten einem ausgewählten Fachpublikum vorstellen um sich u.a. somit mit der lokalen Szene zu vernetzen.

Weltweit weiterhin auf dem Vormarsch ist außerdem das Science Film Festival, eines meiner Lieblingsprojekte.Gemeinsam mit Partnern vor Ort möchte es, aktuelle wissenschaftliche, technologische und ökologische Fragen in die Öffentlichkeit bringen. Transportiert werden die Inhalte dabei über Film und Fernsehen – und zwar auf eine Weise, die auch schwierige Sachverhalte verständlich und zugleich unterhaltend präsentiert. Erstmalig am Goethe-Institut Bangkok umgesetzt, wurde es seitdem von vielen Instituten und Regionen übernommen, z.B. im arabischen Raum. Im Jahr 2017 hat das Festival zum ersten Mal über eine Million Besucher erreicht und ist damit auch weiterhin die größte Veranstaltung seiner Art weltweit.

Auch Partnerschaften mit deutschen Festivals, die sich ins Ausland vernetzen möchten, sind natürlich von großer Bedeutung. An dieser Stelle möchte ich die intensive Kooperation mit der Berlinale hervorheben. Sie ist einer unserer wichtigsten Kooperationspartner im Filmbereich!

Einer der Schwerpunkte der Kooperation ist das Programm Berlinale TALENT PRESS: Seit Jahren werden jungen Filmjournalisten und Filmkritikerinnen zu einem Workshop im Rahmen der Berlinale eingeladen: dieses Jahr kommen sie aus Kanada, Rumänien, Italien,

Madagaskar, Ungarn, Indien, Argentinien und Ägypten.

Aus den vergangenen Jahren kennen Sie sicherlich noch unsere Berlinale Blogger, die auch dieses Mal wieder unterwegs sind: Das Goethe-Institut hat Bloggerinnen und Filmjournalisten aus China, Australien, Ägypten, Brasilien, Japan, Kanada, Deutschland, Griechenland und UK nach Berlin eingeladen, um über das Festival zu berichten. Unter dem Hashtag #GoetheBlogger können Sie die besten Berlinale-Momente auf Twitter, Instagram oder Facebook mitverfolgen.

Abschließend möchte ich es nicht versäumen, die Delegation des Filmhochschulnetzwerks Afrika-Deutschland zu begrüßen: Das Filmhochschulnetzwerk - ein Kooperationsprojekt des Goethe-Instituts mit dem Auswärtigen Amt, das 2017 ins Leben gerufen wurde - vereint zwölf Filmeinrichtungen aus Burkina Faso, Ghana, Deutschland, Kenia, Nigeria, Ruanda, Südafrika, Tansania und Uganda. Ziel dieses Netzwerks ist die Förderung und Stärkung von Filmtrainings in Bereichen, die von den Mitgliedsinstitutionen identifiziert werden. Dazu gehört auch, den Grundstein für einen nachhaltigen und fruchtbaren Austausch zwischen Filmschulen auf dem afrikanischen Kontinent und Filmschulen in Deutschland zu legen. Das umfasst vor allem: Ausbildung für Ausbilder, Kurzaufenthalte, bei denen jede Einrichtung einen Lehrer / Mitarbeiter zu einer anderen Netzwerkschule entsendet, um dort zu unterrichten und einen Workshop durchzuführen; kurze Aufenthalte zwischen den Mitgliedsinstitutionen, und ein afrikanisches Storytelling Symposium.

Nun wünsche ich Ihnen allen viel Vergnügen beim Goethe-Frühstück aber natürlich auch beim Filmeschauen in den nächsten Tagen.

Einen Tipp habe ich aber noch: In der Reihe „Berlinale Classics" ist mit Ewald André Duponts Das alte Gesetz (Deutschland 1923) ein wichtiges Werk der deutsch-jüdischen Filmgeschichte, das die in sich gekehrte Welt eines osteuropäischen Schtetls mit dem liberalen Wien der 1860er Jahre kontrastiert und die Assimilation der Juden im Europa des 19. Jahrhunderts thematisiert, im Programm. Die digitale Restaurierung der Deutschen Kinemathek feierte gestern mit einer neuen Musik des französischen Komponisten Philippe Schoeller im Friedrichstadt-Palast ihre Weltpremiere. Die Aufführung hier bei der Berlinale ist der Auftakt einer Tournee durch einstmals bedeutende Zentren jüdischen Lebens vor allem in Osteuropa, die von den Goethe-Instituten vor Ort engagiert unterstützt werden. Zu den Stationen gehören Vilnius, Budapest, Warschau und Wien.
Die TV-Premiere erlebt die restaurierte Fassung übrigens am kommenden Montag, 19. Februar 2018 auf ARTE.

Vielen Dank!

Ich darf jetzt Johannes Hossfeld bitten, den Leiter für Film, TV und Rundfunk, der all dies mit seinen Profis zustande bringt!

Es gilt das gesprochene Wort!