Rede von Klaus-Dieter Lehmann beim Berlinale Frühstück 2009

Prof. Dr. h. c. Klaus-Dieter Lehmann
7. Februar 2009

Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe Freunde und Partner des Goethe-Instituts,
liebe Kolleginnen und Kollegen,

Ich freue mich, Sie heute wieder zum alljährlichen Berlinale-Frühstück des Goethe-Instituts begrüßen zu dürfen, welches erfreulicherweise von Jahr zu Jahr mehr zu einem Treffpunk der Filmschaffenden, der Branche und der Goethe-Kollegen aus dem Ausland geworden ist. Gestatten Sie mir zu diesem Anlass, ein paar Fakten, Ziele und Prinzipien unserer Arbeit kurz zu skizzieren:

Beginnen möchte ich mit ein paar Zahlen, die möglicherweise nicht jedem von Ihnen bekannt sind:

  • Jährlich besuchen mehr als 2 Millionen Zuschauer deutsche Filme an den 140 Goethe-Instituten in mehr als 70 Ländern. 
  • Jedes Goethe-Institut hat pro Jahr mehr als 15.000 Zuschauer für den deutschen Film, mehr als ein deutsches Kino im Durchschnitt (ca. 13.000);
  • täglich laufen durchschnittlich 70 deutsche Filme an den Goethe-Instituten im Ausland. Das Institut versteht sich in so in seiner Programmarbeit als Botschafter des deutschen Films.

     

Im Vordergrund unserer Arbeit steht der zeitgenössische Film, allerdings bemüht sich das Goethe-Institut auch um die Vermittlung der großen Phasen des deutschen Films, etwa um den expressionistischen Stummfilm, den Avantgardefilme der Zwanziger Jahre sowie um die die herausragenden Beispiele des Jungen Deutschen Kinos der 70er Jahre.

Eine unserer wichtigsten Arbeitsprinzipien ist das der partnerschaftlichen Zusammenarbeit mit Institutionen der Gastländer: Cinematheken, Filmfestivals (weltweit mehr als 150), Filmmuseen, Kunstkinos und Filmhochschulen; dies sind die Dialogpartner unseres großen Institutsnetzwerks in mehr als 70 Ländern.

Neben den klassischen Präsentationsformen wie Festivalbeteiligungen, Filmreihen und Retrospektiven mit Regisseurgesprächen und Seminaren erweisen sich gerade die kooperativen Formen wie gemeinsame Produktionsworkshops und internationale Wettbewerbe als besondere nachhaltige Formen der Begegnung. Denn das Goethe-Institut versteht sich als Fenster, nicht als Schaufenster.

Das Spektrum der Veranstaltungen in diesem Jahr reicht deswegen von einer vollständigen Retrospektive der Filme Werner Herzogs mit dem Centre Pompidou bis zu einem panafrikanischen Kurzfilmwettbewerb. Einen weiteren Kurzfilmwettbewerb organisiert das Goethe-Institut in Mittel- und Osteuropa, Israel und den USA bereits zum dritten Mal gemeinsam mit der Stiftung „Erinnerung-Verantwortung-Zukunft“. In diesem Jahr trägt er den Titel „Grenzüberschreitungen“.

Auch die von mehreren Goethe-Instituten konzipierten Festivals des deutschen oder deutschsprachigen Films, wie das mittlerweile zum beliebtesten Festival von San Francisco gewählte Berlin and Beyond, das seit einigen Jahren sehr erfolgreiche in Prag und Brünn stattfindende Festival DER FILM oder das gemeinsam mit German Films organisierte Festival of German Films in drei australischen Großstädten verschaffen dem deutschen Film eine breite Plattform und eine sehr hohe Sichtbarkeit.

Das Verhältnis zu German Films entwickelt sich dabei immer mehr zu einer freundschaftlich-partnerschaftlichen Synergie. Auch wenn bei dem einen Partner die Wirtschaftsförderung, beim andern die kulturpolitische Zielsetzung im Vordergrund steht, ergeben sich doch zahlreiche gemeinsam Schnittmengen der Arbeit.

Dennoch ist es wichtig, dass der deutsche Film auch und gerade dort seine Zuschauer hat, wo er zunächst keine kommerzielle Perspektive zu haben scheint. Eine Vorstellung eines deutschen Films auf dem Festival im indischen Chennai etwa hat im Schnitt 1000 -1500 Zuschauer; allein die deutschen Filme auf dem letztjährigen Festival in Havanna hatten im letzten Jahr insgesamt mehr als 20.000 Besucher; Grund genug also, um eurozentrische oder nur marktorientierte Maßstäbe zu relativieren.

Auch zu den inhaltlichen Schwerpunktthemen des Goethe-Instituts leistet der Film einen wichtigen Beitrag. In diesem Jahr sind dies zunächst diverse Reihen zu den Jubiläen 1949 – 1989 – 2009 ?. Ähnlich wie auch die Berlinale in diesem Jahr besinnt sich auch das Goethe-Institut auf die Chronistenrolle der deutschen Filmemacher bei diesen wichtigen Ereignissen der deutschen Geschichte. Ein ganz wichtiger Beitrag dazu ist beispielsweise die gemeinsam mit der Bundeszentrale für politische Bildung und dem Museum für Film und Fernsehen herausgegebene Reihe Parallelwelt: Film - Ein Einblick in die DEFA, eine ambitionierte große DVD-Edition in insgesamt 11 Sprachfassungen. Der freundlichen Kooperation mit der DEFA-Stiftung, dies darf ich an dieser Stelle erwähnen, verdanken wir im übrigens auch die Filmposter, die sie hier an den Wänden bewundern können.

In diesem Zusammenhang der Jubiläen ist auch unsere Beteiligung an Deutschland 09, einem Film, an dem wirklich fast alle wichtigen deutschen Regisseure mitwirken, ein Highlight, dem wir bei dieser Berlinale mit Spannung entgegensehen.

Dass aber keineswegs nur Zeitgeschichte und Politik die Vorgaben des Mediums Film bestimmten, sondern auch ästhetische Entwicklungen der künstlerischen Sparten in ihrer Eigenständigkeit ernstgenommen werden, beweist etwa unsere diesjährige große Edition über die Geschichte des deutschen Animationsfilms, (kuratiert von Ulrich Wegenast, dem Leiter des Stuttgarter Animationsfilmfest). Auch bei diesem Thema gibt es übrigens gewünschte Synergien durch die exzellente Ausstellung des Instituts für Auslandsbeziehungen zum Animationsfilm, die hier leider aufgrund ihres Umfangs nicht angemessen zu platzieren war.

Da wir uns schließlich anlässlich der BERLINALE treffen, möchte ich noch auf mehre Kooperationen hinweisen, die uns besonders wichtig sind: sowohl für den Talent Campus als für den Talent Press -Wettbewerb der BERLINALE ist das Goethe-Institut derzeit ein wichtiger Partner. Gleiches gilt für die Unterstützung des World Cinema Fund, den es in den vergangenen drei Jahren nicht nur erheblich finanziell unterstützt hat, sondern bei dem seine Auslandsinstitute (u.a. Santiago, Lima, Jerusalem, Ramallah, Guadalajara, Tiflis/Erewan, Damaskus) zu Plattformen der weltweit stattfindenden World-Cinema Fund –Spotlights geworden sind.

Ich möchte hier an dieser Stelle Ihre Geduld nicht auf die Probe stellen und nicht weiter in Details unsre Arbeit gehen, Sie aber für weitere Informationen auf das hier für Sie ausliegende Sonderheft Film des DEUTSCHLANDMAFGAZINS verweisen, in dem unsere Arbeit als Botschafter des deutschen Films noch detaillierter dargestellt ist. Dieses Magazin erscheint weltweit in 15 Sprachen im Auftrag des Auswärtigen Amtes, dem ich an dieser Stelle für sein besonders Engagement für unsere Filmprojekte ganz besonders danken möchte (namentlich Herrn Maldacker, Herrn Kröner und Herr Bloos ). Ohne die zusätzliche finanzielle Unterstützung wären im vergangenen Jahr so wichtige Projekte wie die geplanten Editionen von Fatih Akin und Wim Wenders oder die Filme zu den Deutschen Jubiläen 1949/1989 ebenso wenig möglich gewesen wie etwa die deutschen Filmen zum Bicentenario, der 200- Jahrfeier Lateinamerikas.

Zu guter letzt möchte ich Sie noch einen kurz auf eine Personalie hinweisen: Detlef Gericke-Schönhagen, der 6 Jahre lang erfolgreich den Bereich Film, Fernsehen und Hörfunk in der Zentrale des Goethe-Instituts geleitet hat und den Sie heute möglicherweise bereits vermisst haben, ist seit der letzten Woche Leiter des Goethe Instituts in Boston, seine Nachfolge hat Herr Dr. Christian Lüffe angetreten.