Rede von Klaus-Dieter Lehmann zur Ehrung der Gewinner der Deutsch-Olympiade 2008

Prof. Dr. h. c. Klaus-Dieter Lehmann
2. August 2008

Sehr geehrte Damen und Herren,

Es ist großartig, Sie alle aus Anlass der Internationalen Deutscholympiade 2008 in Dresden begrüßen zu dürfen, großartig, weil die große Begeisterung der jungen Leute und ihrer Lehrer so intensiv zu erleben ist, großartig, weil mit der deutschen Sprache ein weltumspannender Wettbewerb organisiert werden konnte und großartig, weil wir mit Dresden eine so gastfreundliche und mitgestaltende Stadt als Partner haben.

119 Jugendliche aus 40 Ländern und fünf Kontinenten sind im Sommer 2008 in Dresden zu Gast, um hier erstmals in Deutschland eine Internationale Deutscholympiade auszutragen.

Die besten Deutschschülerinnen und Deutschschüler weltweit, die zuvor in nationalen Vorentscheidungen ermittelt wurden, kommen auf Einladung der Initiative Deutsche Sprache und des Internationalen Deutschlehrerverbandes, der in der Vergangenheit bereits vier Olympiaden in Ungarn, Kroatien, Rumänien und Polen durchführte.

Alle Schüler, die hier sind, haben bereits einen Prüfungsmarathon hinter sich. Zunächst ging es darum, sich in der eigenen Schule zu behaupten, dann auf Regionalebene. In der dritten und entscheidenden Runde wurden schließlich die besten Schüler eines Landes ausgewählt, die wir dann nach Dresden eingeladen haben.

Mit den Jugendlichen sind 38 Deutschlehrer nach Dresden gereist, um hier an einem Landeskundeseminar teilzunehmen. Mit der Einladung nach Dresden haben wir Deutschlehrerinnen und -lehrer ausgezeichnet, die sich in besonderer Weise für die Vermittlung der deutschen Sprache im Ausland engagiert haben, indem sie öffentlichkeitswirksame Aktionen wie Projektwochen oder Tage der offenen Tür organisierten, sich für den Austausch zwischen Schülern oder Lehrern ihres Heimatlandes mit deutschen Schülern oder Lehrern einsetzten oder innovative Unterrichtsprojekte realisierten.

Sie haben mit ihrer Professionalität und Passion die Schönheit der deutschen Sprache vermittelt, ihre Exaktheit, ihre Ausdrucksfähigkeit und ihre Kreativität. Die Schülerinnen und Schüler haben vielleicht in Dresden noch eine zusätzliche Dimension der deutschen Sprache im Umgang mit ihren deutschen Freunden kennen gelernt, die auch dazu gehört, aber nicht unbedingt in der Schule gelehrt und gelernt wird.
Die deutsche Sprache kann auch sehr spaßig sein, z.B.
„Der Mann ist ganz schön hässlich“ oder
„Der Bundestag tagte bis in die Nacht“.
Sie kann auch sehr kurz und knackig sein: dafür stehen Wörter wie Quatsch – doof – doch – eben.
Sie kann auch sehr lautmalerisch sein: dafür stehen Begriffe wie Pipapo – doppeltgemoppelt – Augenweide – hirnrissig.
Sie verwendet auch Begriffe, die eigentlich gar keine Wörter sind: Na – Hä – Tja – He.

Vielleicht haben Sie auch gemerkt, dass das Deutsche selbst so vielfältig ist, dass die Deutschen zumeist nicht das Hochdeutsche sondern einen deutschen Dialekt sprechen. Man könnte durchaus sagen, sie lernen ihre eigene Sprache in der Schule. Da ist das bairische, das sächsische, das friesische, das schwäbische. Es gibt einen berühmten Slogan aus dem Schwäbischen, den sie in der Fernsehwerbung sehen können, sehr witzig:
Wir können alles. Außer Hochdeutsch.
Aber das vergessen Sie am besten schnell wieder.

Die Liste der Länder, aus denen die Stipendiaten kommen, ist eindrucksvoll: Ägypten, Albanien, Argentinien, Belgien, Bosnien-Herzegowina, Brasilien, Bulgarien, China, Estland, Georgien, Griechenland, Island, Indonesien, Japan, Kamerun, Kenia, Kirgistan, Korea, Kroatien, Lettland, Litauen, Marokko, Mazedonien, Neuseeland, Niederlande, Polen, Rumänien, Russland, Senegal, Serbien, Slowakei, Slowenien, Spanien, Südafrika, Thailand, Tschechische Republik, Türkei, Ungarn, Ukraine und USA.

Der Wettbewerb

Der Wettbewerb wird auf drei Sprachniveaus ausgetragen, die sich am Europäischen Referenzrahmen für Sprachen orientieren. So können sich Jugendliche, die erst in einer höheren Klassenstufe anfangen konnten, Deutsch zu lernen, genauso an dem Wettstreit beteiligen wie Jugendliche, die schon sehr früh die Möglichkeit hatten, in der Schule Deutsch zu lernen.

Bei der Ermittlung der Sieger ging es aber nicht allein darum, die sprachlich hervorragenden Deutschülerinnen und Deutschschüler herauszufinden. Es wurden auch Teilnehmer prämiert, die sich in ihren Gruppen besonders gut bewährt haben. Daher gibt es in diesem Wettbewerb sowohl Einzelsieger als auch Gruppensieger. Teamfähigkeit und Kreativität spielten bei der Siegerermittlung eine wichtige Rolle.

Im Mittelpunkt aller Aufgaben standen die Stadt Dresden und seine Bewohner sowie die kulturellen Unterschiede zwischen Deutschland und den Heimatländern der Stipendiaten. Entstanden sind sehr phantasievolle und kluge Wandzeitungen, Theaterszenen, Liedtexte, Fotografien und vieles mehr zu Themen wie „Glückliche Menschen“, „Freundschaft“, „Mode“, „Mütter, Väter, Kinder“, „Alt und Jung“, zur Architektur und Geschichte Dresdens.
Die Stadt und die Umgebung waren derart ergiebig, dass die Themen nicht ausgingen, im Gegenteil, sie wurden immer fantasievoller. Die Stimmung war motivierend und die Betreuerinnen und Betreuer waren einfach hinreißend in ihrer Inspiration und in ihrem nicht endend wollenden Einsatz. Tausend Dank.

Bei der Aufgabe, die besten unter all den Teilnehmern zu ermitteln, hat uns neben den erfahrenen Deutschlehrerinnen des Goethe-Instituts auch ein prominenter Journalist unterstützt: Matthias Morgenthaler, Redaktionsleiter beim MDR, zuständig für das ARD-Kulturmagazin "Titel, Thesen, Temperamente" und der Sendung „artour“.

Die glücklichen Sieger der Internationalen Deutscholympiade laden wir im kommenden Jahr nach Berlin ein, um hier an einem Jugendkurs des Goethe-Instituts teilzunehmen.

Landeskunde- und Freizeitprogramm

Neben dem Wettbewerb haben die Schüler und ihre Lehrer an einem intensiven Landeskunde- und Freizeitprogramm teilgenommen. Viele der Jugendlichen, die Deutschland bisher nur aus Büchern kannten, hatten hier die Gelegenheit, etwas über die deutsche Kultur zu lernen und Jugendliche aus Dresden zu treffen.

Sie haben viele Sehenswürdigkeiten Dresdens kennen gelernt, das Konzert einer Band der Dresdner Musikhochschule besucht, in Wanderungen das Dresdner Umland erkundet, am Elbestrand Beach-Volleyball gespielt und mit Jugendlichen des TSV Cossebaude ein Fußballturnier ausgetragen. Der Wirtschaftsbürgermeister von Dresden und der daad haben die Jugendlichen besucht, um Sie über die Möglichkeiten eines Studiums in Deutschland zu informieren.

Alumni-Programm

Damit die Jugendlichen auch weiterhin Kontakt zu Deutschland und untereinander halten, werden in jedem Jahr fünfzehn der Teilnehmerinnen und Teilnehmer eingeladen, ein vierwöchiges Praktikum in Deutschland zu absolvieren. Zurzeit sind 15 unserer ehemaligen Stipendiaten aus Mittel- und Osteuropa in Berlin, Dresden, Bonn, München, Franfurt am Main und Wien, um sich dort mit dem Arbeitsalltag in Stiftungen, Kulturinstitutionen, dem Bundestag und der freien Wirtschaft vertraut zu machen.

Über ein Internetforum, das rege genutzt wird, können die Jugendlichen sich untereinander austauschen; in Rundbriefen werden sie regelmäßig über Studien- und Stipendienangebote in Deutschland informiert und bekommen Tipps zu interessanten neuen Büchern, Filmen und CD’s.

Für die Lehrer erarbeiten wir Unterrichtseinheiten zum Thema „Berlin nach ’89“, in denen Berliner, bald auch Dresdner, ihre Lieblingsorte vorstellen. Diese Unterrichtseinheiten stellen wir auf die Homepage der Initiative Deutsche Sprache, damit die Lehrer gleich nach ihrem Aufenthalt in Deutschland die Möglichkeit haben, ihre frischen Eindrücke und Kenntnisse in den Unterricht einzubringen.

Dank

Viele Institutionen und Menschen, denen die deutsche Sprache am Herzen liegt, sind inhaltlich und finanziell an der Verwirklichung dieses Projektes beteiligt:

Mein Dank gilt vor allem dem Internationalen Deutschlehrerverband und der Gemeinnützigen Hertie-Stiftung, die mit uns gemeinsam Träger der Initiative Deutsche Sprache ist. Ihre Partner sind die Heinz Nixdorf Stiftung und der Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft. Die Initiative Deutsche Sprache steht unter der Schirmherrschaft des Bundespräsidenten.

Die Institutionen und ihre Menschen, die in den 40 Ländern an den Deutsch-Olympiaden mitgewirkt haben, sind die jeweiligen Goethe-Institute und Deutschlehrerverbände dort. Das Auswärtige Amt hat sich dafür eingesetzt, dass sich die deutschen Botschaften an den Deutscholympiaden beteiligt haben und zum Teil besondere Ehrungen der jeweiligen Gewinner arrangierten.

Nachhaltiger Dank gilt auch den Bildungsministerien der Länder, den Schulen und Lehrern sowie dem Goethe-Institut Dresden, seinem Leiter Robert Sobotta und seinen Mitarbeiterinnen, die die Initiative Deutsche Sprache bei der Ausrichtung der Internationalen Deutscholympiade tatkräftig unterstützt haben und in dessen Räumen unsere Stipendiaten in diesem Jahr zu Gast sein dürfen.

Als Medienpartner hat sich die Deutsche Welle um die Internationale Deutscholympiade verdient gemacht. Sie hat nicht nur drei ihrer Reporter nach Argentinien, Japan und Südafrika geschickt, um schon vor Ort über drei unserer Teilnehmer zu berichten, sondern auch in Dresden unsere Oympioniken filmisch begleitet.

Auch der Mitteldeutsche Rundfunk und die Axel Springer-Akademie haben sich sehr für die Internationale Deutscholympiade engagiert und für eine intensive Berichterstattung gesorgt. Mein Dank gilt insbesondere dem Direktor der Axel Springer Akademie, Jan-Erich Peters, und dem Stellvertretenden Direktor Marc Thomas Spahl.

Die breite Unterstützung und Hilfsbereitschaft, die wir bei der Organisation der Internationalen Deutscholympiade in Dresden von allen Seiten erfahren haben, wissen wir sehr zu schätzen. Da es kaum möglich ist, alle Helfer zu nennen, möchte ich hier nur einige stellvertretend erwähnen: das deutsch-tschechische Internat in Pirna, den Dresdner Verkehrsverbund, das Tourismusbüro Meißen, den Wander- und Bergsteigerverein und die dampfbetriebene Lösnitz-Grundbahn, die eigens für unsere Stipendiaten ihren Zug um einen Wagen verlängert hat, damit alle Jugendlichen zur Moritzburg mitfahren können.

Zum Schluss möchte ich meinen ganz herzlichen Dank dem Projektteam unter Leitung von Gabriele Stiller-Kern sagen sowie Frau von Ruckteschell, die als Leiterin der Abteilung Sprache des Goethe-Instituts für die Initiative Deutsche Sprache bis vor kurzem zuständig war – sie ist jetzt in Johannesburg als Leiterin des dortigen Goethe-Instituts – und ihrem Nachfolger Herrn Makowski. Er hatte bereits das Vorläuferprojekt „Wir können Deutsch“ verantwortet.
Ihnen allen herzlichen Dank. Sie haben eine beeindruckende Leistung vollbracht zum Nutzen der deutschen Sprache und zur Freude aller.