Künstlerresidenz Mouse on Mars
Komponieren über Bande

Jan St. Werner von Mouse on Mars beim Komponieren über Bande
Jan St. Werner von Mouse on Mars beim Komponieren über Bande | Foto: Michael Akstaller

Wohin bloß mit dem Klang? Das Elektro-Dou Mouse on Mars ist mit Unterstützung des Goethe-Instituts in einer Künstlerresidenz des MIT in Boston zu Gast. Es erforscht neues Sound Design und Mixing Technologien. Ein Interview mit Jan St. Werner über das multiperspektivische Experimentieren und Komponieren.

Seit Anfang März sind Mouse on Mars zu Gast am MIT. Was habt ihr dort vor?

Wir arbeiten an einer Raumklangumsetzung unseres neuen Albumprojekts Dimensional People. Zum einen werden wir dafür eine Lautsprecheranlage aufbauen, die Klänge durch sogenannte Wellenfeldsynthese punktgenau im Raum verteilen kann, zum anderen wollen wir mit Anthropologen, Kulturwissenschaftlerinnen, Psychologen, Ethnologinnen, Physikern, Bildenden Künstlerinnen und anderen Soundinteressierten an einer alternativen Genealogie von Klang arbeiten, in der unterschiedliche Aspekte eines anderen Verständnisses von Klang diskutiert werden. Das heißt, wir arbeiten an der Dekonstruktion von Musik in räumlichen, technischen und theoretischen Kontexten, wir komponieren über Bande.

 

Wie sich Klang bewegt

Wie sieht denn der Alltag in so einer Künstlerresidenz aus? Womit beschäftigt ihr euch?

Musikalisch arbeiten wir direkt über eine Spatialsoundanlage der Firma d&b Audiotechnik, die in einem Warehouse in Somerville aufgebaut wird. Wir experimentieren mit der Verräumlichung und räumlichen Bewegung von Klängen, der Wahrnehmung von Klängen und wie sie sich in unserem Bewusstsein verändern.  Wir werden uns mit unterschiedlichen Gästen austauschen, die mit ähnlichen Experimenten arbeiten. Zum Beispiel mit Ben Bloomberg, der neue Diffusionstechniken erfindet, oder Nicole L’Huillier, die an einem interaktiven Raum arbeitet, der auch Soundinstrument und Lichtobjekt ist. Weitere Gäste erkunden kulturhistorische Bedeutungen von Klang, Raum, Tanz, Bewegung und Wellen.

Ihr seid mit eurer Musik sehr experimentierfreudig: Was sind die besonderen Möglichkeiten, die euch am MIT geboten werden?

Die Offenheit gegenüber Experimenten, deren Anwendungen noch nicht exakt zu definieren sind, ist am MIT groß. Hier finden sich sowohl junge als auch erfahrene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, die ihr Wissen teilen wollen und aufgeschlossen gegenüber neuen Technologien und Forschungsansätzen sind. Als experimentelle Popgruppe bieten sich bei Mouse on Mars einige Anknüpfungspunkte. Da ich ja bereits schon mehrmals am MIT gelehrt habe und die Strukturen des Instituts kenne, können wir unkompliziert eine große Gruppe von Interessierten erreichen und neue Verfahren des multiperspektivischen Experimentierens und Komponierens entwickeln.

Andi Toma und Jan St. Werner von Mouse on Mars Andi Toma und Jan St. Werner von Mouse on Mars | Foto: Michael Akstaller

Experimentelle Impulse und Soundinterventionen

Ihr richtet auch das Dissolve Music Symposium mit aus. Worum geht es da?

Zusammen mit Ian Condry, Professor am Global Studies und Languages Department, habe ich vor ca. einem Jahr begonnen, Pläne für ein Sound Symposium zu entwickeln, bei dem Akademikerinnen und Akademiker aus der ganzen Welt zusammenkommen, um von Sound ausgehend neue experimentelle, gesellschaftliche und technische Modelle zu diskutieren. Auch meine Studenten der Klasse Dynamische Akustische Forschung der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg werden sich mit eigens entwickelten Soundinterventionen am Programm beteiligen.

Bei einer Künstlerresidenz geht es auch darum, neue Kontakte zu knüpfen und Ideen in neuen Kontexten zu betrachten. Inwiefern hat euch der Ortswechsel inspiriert und was nehmt ihr mit nach Hause?

Neben den bereits genannten technischen und akademischen Möglichkeiten findet man in Boston eine große Anzahl unabhängiger und privater Akteure. Die Dichte an Produktivität ist konzentrierter als in Berlin oder New York, und gleichzeitig ist das Kennenlernen und Kooperieren unprätentiös. Für uns bietet das Arbeiten in Cambridge eine ultrakomprimierte Forschungs-, Lern- und Produktionsumgebung.