Temporäre künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum Menschenwald

Gedenkpark Dotrščina, Zagreb Gedenkpark Dotrščina, Zagreb© Goethe-Institut

Do, 09.05.2024 –
Sa, 21.09.2024

Zagreb, Berlin

Dotrščina und Murellenberg. Zagreb und Berlin.

Das Projekt "Šumaljudi" beschäftigt sich durch temporäre künstlerische Interventionen im öffentlichen Raum mit dem Lernen über den Nationalsozialismus und das Quisling-Ustascha-Regime am Beispiel von vergessenen Hinrichtungsstätten in zwei Großstädten: Zagreb und Berlin, in den Gedenkparks Dotrščina und Murellenberg / Murellenschlucht.
 

Es entstand in Zusammenarbeit mit dem Virtuellen Museum Dotrščina und Partnern, nach einer Idee von Saša Šimpraga. Ziel ist es, Dotrščina, den wichtigsten Gedenkort Zagrebs, durch künstlerischen und kulturellen Austausch mit Gedenkorten ähnlichen Charakters und Status in anderen europäischen Hauptstädten zu verbinden. Als erste Verbindung wurde die Gedenkstätte Murellenberg/Murellenschlucht in Berlin (Charlottenburg) ausgewählt. In beiden Fällen handelt es sich um Parkwälder am Rande zweier Großstädte in der Europäischen Union, Berlin und Zagreb, die während des Zweiten Weltkriegs als Massenhinrichtungsstätten des nationalsozialistischen und des Ustascha-Regimes dienten.
 

Ausgewählte Künstler

Es wurden zwei Künstler ausgewählt, Vlado Martek (HR) und Patricia Pisani (AR/DE), die sich unter der kuratorischen Leitung des Virtuellen Museums Dotrščina durch kurze künstlerische Aufenthalte in Berlin und Zagreb mit den Orten der Erinnerung vertraut machen und temporäre künstlerische Interventionen für jeden der Gedenkbereiche entwerfen werden - Martek in Berlin und Pisani in Zagreb.

Durch die künstlerischen Interventionen wird die Erinnerung wiederbelebt, ein breiteres Publikum angesprochen und Schulgruppen eine neue Perspektive in Bezug auf den Ort der Erinnerung eröffnet.

Patricia Pisani ist die Gewinnerin des öffentlichen Wettbewerbs der Stadt Berlin für eine (permanente) künstlerische Intervention zum Gedenken an die Murellenschlucht im Jahr 2002 und wird dieses Jahr im September anlässlich des Weltfriedenstages am 21.9. eine temporäre Intervention in Dotrščina in Zagreb vornehmen.

Die Gedenkarbeit in der Gedenkstätte Murellenschlucht in Berlin im Jahr 2024 wird hingegen von dem Zagreber Konzeptkünstler und Dichter Vlado Martek ausgeführt, der auch der Autor der letztjährigen Gedenkkunstintervention in Dotrščina ist. Die Intervention von Vlado Martek in Murellenberg ist für Samstag, den 8. Juni 2024 geplant.

  Pisani, Šimpraga und Martek in Zagreb. Goethe-Institut © Pisani, Šimpraga und Martek in Zagreb.



Murellenschlucht /Berlin

Das Erholungs- und Waldgebiet Murellenschlucht bei Berlin wurde von den Nationalsozialisten während des Zweiten Weltkriegs als Hinrichtungsstätte der Wehrmacht für Deserteure, Wehrdienstverweigerer und Befehlsverweigerer genutzt. Die genaue Zahl der Opfer ist nicht bekannt, bisher wurden etwa 230 Personen namentlich identifiziert. Der größte Teil des ehemaligen Sperrgebiets wurde erst 2007 als neues Erholungsgebiet für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht und die Kunstinstallation "Denkzeichen" von Paticia Pisani installiert.

Denkzeichen zur Erinnerung an die Ermordeten der NS-Militärjustiz am Murellenberg in Berlin-Charlottenburg Denkzeichen zur Erinnerung an die Ermordeten der NS-Militärjustiz am Murellenberg in Berlin-Charlottenburg© Saša Simpraga

Dotrščina/Zagreb

Dotrščina ist der authentische Ort des größten Massenverbrechens in der Geschichte Zagrebs und der wichtigste Ort des Holocausts in Zagreb. Während des Zweiten Weltkriegs wurden in Dotrščina mehrere Tausend Bürger, Antifaschisten, Serben, Juden und andere Opfer des Ustascha-Terrors durch das mit Nazideutschland verbündete Ustascha-Regime getötet. Im Jahr 1968 wurde hier ein Gedenkpark mit Skulpturen eingerichtet. Mit dem Zerfall Jugoslawiens und der Änderung des politischen Systems wurde Dotrščina aus der offiziellen Erinnerungspolitik gestrichen. Besuche von Bildungseinrichtungen wurden gestrichen. Seit den 1990er Jahren wurden auch aktive Versuche des Staatsrevisionismus festgestellt, als der Parlamentsausschuss des kroatischen Parlaments die historische Darstellung umdrehte und alle Opfer des Ustascha-Regimes fälschlicherweise den Partisanen zuschrieb. Dieser Beschluss wurde später wieder aufgehoben.


Angesichts der Tatsache, dass der Gedenkpark heute von den Institutionen nicht angemessen gewürdigt wird, ist das Virtuelle Museum Dotrščina eine sehr wertvolle Bürgerinitiative, die seit 2012 Programme umsetzt, die darauf abzielen, den Ort wieder in das kollektive Gedächtnis zu bringen, die Erinnerung zu bewahren und Aufklärung zu betreiben.


Die Parkwälder Dotrščina und Murellenschlucht sind nicht nur Orte traumatischer historischer Ereignisse, sondern werden mit diesem Projekt durch das Medium der bildenden Kunst zu Orten des Lernens und Lehrens über die Geschichte des europäischen Faschismus, die Werte des Humanismus, der Toleranz, des Antifaschismus, der Bürger- und Menschenrechte und des Friedens. Das Programm befasst sich speziell mit den Themen des Vergessens und der Rückbesinnung auf historische Themen im Kontext zeitgenössischer Verfassungswerte.


Die diesjährigen Interventionen werden in Zusammenarbeit mit der NGBK, Berlin, dem Virtuellen Museum Dotrščina, dem Goethe-Institut Kroatien sowie dem Rat der serbischen nationalen Minderheit der Stadt Zagreb   durchgeführt.
Das Projekt wurde vom Globalen Förderung Kunst kofinanziert.
Das Virtuelle Museum von Dotrščina ist ein Projekt von Saša Šimpraga, das im Jahr 2012 ins Leben gerufen wurde.


 

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