Schnelleinstieg:

Direkt zum Inhalt springen (Alt 1) Direkt zur Hauptnavigation springen (Alt 2)

Übersetzungen zwischen dem Deutschen und dem Italienischen
Autorinnen der Vergangenheit neu entdecken

Die Übersetzer*innen Anna Leube (Carl Hanser Verlag) und Marco Federici Solari (Verlag L’Orma) mit dem Moderator Piero Salabè (Carl Hanser Verlag) im Übersetzungszentrum am Eröffnungstag der Frankfurter Buchmesse 2023.
Die Übersetzer*innen Anna Leube (Carl Hanser Verlag) und Marco Federici Solari (Verlag L’Orma) mit dem Moderator Piero Salabè (Carl Hanser Verlag) im Übersetzungszentrum am Eröffnungstag der Frankfurter Buchmesse 2023. | © Goethe-Institut Italien | Foto: Cecilia Fabaro

Vier Frauen, vier Schriftstellerinnen im Ringen mit dem turbulentesten aller Jahrhunderte, dem zwanzigsten: Die Italienerinnen Anna Maria Ortese und Dolores Prato sowie die Deutschen Anna Seghers und Irmgard Keun. Die Finanzierung der Übersetzungen und somit das Vorhaben, sie auch nach so vielen Jahren einem breiten Publikum im Ausland zugänglich zu machen, wird oft über spezielle Förderprogramme gestaltet.

Von Cecilia Fabaro

„Wiederentdeckung“ war das Schlüsselwort der Veranstaltung, die am ersten Tag der Frankfurter Buchmesse mit Übersetzerin Anna Leube (Carl Hanser Verlag) und Übersetzer Marco Federici Solari (L’Orma) im Übersetzungszentrum stattgefunden hat. Wiederentdeckt und übersetzt werden sollen die Werke von vier Autorinnen, die dem breiten Publikum bislang leider wenig bekannt sind, uns aber jede Menge zu sagen haben.

Im Zentrum der Diskussion steht die Frage: Wie können wir die Brücke schlagen zwischen unserer heutigen Lebenswelt und Begebenheiten, die uns so fern sind – ob diese nun (im Fall von Keun) in der Weimarer Republik der 20er und 30er Jahre spielen oder (im Fall von Prato) irgendwo in den mittelitalienischen Marken? Und wie können diese Erzählungen uns dabei helfen, die Sprache der Gegenwart zu deuten?

Weibliche stimmen für einen alternativen Kanon

Dabei geht es nicht einfach nur darum, Stimmen aus der Vergangenheit wieder hörbar zu machen: Der Schwerpunkt der Diskussion liegt darauf, dass man das mit weiblichen Stimmen tun muss. Wie Federici Solari feststellt, findet sich bei G. Baioni, G. Bevilacqua, C. Cases und C. Magris in ihrem bekannten Fachbuch Il romanzo tedesco del Novecento (‚Der deutsche Roman des 20. Jahrhunderts‘), 1973 bei Einaudi erschienen, unter den 43 Titeln, die die vier Germanisten für einen „Kanon“ des deutschsprachigen Romans im 20. Jahrhundert vorschlugen, nur ein einziges Werk einer Frau: Anna Seghers. Ein Beispiel, das deutlich macht, wie sehr es an der Zeit ist, das überwiegend männlich geprägte Literaturbild zu revidieren.

Moderator Piero Salabè (Carl Hanser Verlag) stellt eine weitere Frage in den Raum: Wie kann man erfolgreich die Bücher vergessener Autor*innen bekannt machen, wenn diese nicht persönlich auftreten und selbst Werbung machen können? Ein Weg, der sich für die fraglichen Autorinnen bewährt hat, ist, so die Übersetzer*innen, das Augenmerk auch auf Biographisches zu richten. Immerhin sind die Lebensgeschichten dieser vier Frauen schon an sich von großem Interesse, weil sie sich vor dem Hintergrund einer so bedeutsamen geschichtlichen Epoche abspielen. So bietet beispielsweise I. Keuns Nach Mitternacht, ein 1937 erschienener Roman mit Schauplatz Frankfurt, eine der ersten literarischen Darstellungen von Hitler.

Zuletzt wird der Begriff der „Wiederentdeckung“ in einem anderen Verständnis noch einmal aufgegriffen: Wiederentdeckung als Wieder-Lesen. Das bedeutet, Werke und Autor*innen aus neuen Blickwinkeln, in neuem Licht zu betrachten. Und dabei vielleicht das eine oder andere der Stereotype auszuhebeln, unter denen unglücklicherweise – als Folgeerscheinung der gesellschaftlichen Einschränkungen jener Zeit – gerade weibliche Schriftstellerinnen manchmal zu leiden haben.

Top