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Caspar David Friedrich
Der Zauber der Stille

Florian Illies bei dem Gespräch vom 20. Oktober 2023, mit Moderatorin Jagoda Marinić
Florian Illies bei dem Gespräch vom 20. Oktober 2023, mit Moderatorin Jagoda Marinić | © Goethe-Institut Italien | Foto: Cecilia Fabaro

2024 erwartet uns der 250. Geburtstag des romantischen Malers schlechthin: Caspar David Friedrich, einer jener Künstler, die es am besten verstanden, Gefühle zu malen. Besonders seine Abendhimmel sind immer schon Ikonen der Sehnsucht.

Von Cecilia Fabaro

Reise durch die Zeiten lautet der Untertitel des neuen Buches von Kunsthistoriker Florian Illies, in dem er sich Caspar David Friedrich und dessen Werken widmet. Gegliedert in Kapitel, die nach den Elementen benannt sind (Luft, Wasser, Erde und Feuer), bietet das Buch eine frei gestaltete, nicht streng chronologische Nacherzählung über das Leben des Malers und die Rezeption und (manchmal richtiggehend abenteuerliche) Geschichte seiner Bilder im Lauf der Jahrhunderte. Einige Etappen dieser fesselnden Reise durch die Zeiten hat Illies am Freitag, dem 20. Oktober, bei einer Veranstaltung in der Volksbühne mitten im Herzen Frankfurts vorweggenommen. Moderatorin Jagoda Marinić wies gleich darauf hin, dass Illies’ Buch, im Gegensatz zu anderen Geschichtswerken, sich fast wie ein Roman genießen lässt – so groß ist das erzählerische Geschick des Autors. Und sehr unterhaltsam ist es obendrein.

Von Goethe bis Walt Disney

Die Reise beginnt bei Goethe, mit dem Friedrich auch einen Briefwechsel hat, der seine Kunst aber weder versteht noch schätzt: Die Melancholie und Sehnsucht dieser Bilder ist nichts für ihn, für den die Kunst die Aufgabe hat, Antworten zu geben, das Leben der Menschen einfacher zu machen und nicht komplizierter. Und dann das 19. Jahrhundert: ein Jahrhundert, in dem es keinen Platz für Friedrichs Kunst zu geben scheint. Sie bleibt unverstanden und wird praktisch ignoriert.

Doch das Blatt wendet sich ab den 30er Jahren des 20. Jahrhunderts, und zwar dank der Wertschätzung der unterschiedlichsten Persönlichkeiten: Da ist zunächst Samuel Beckett, der erklärt, das berühmte Gemälde Zwei Männer in Betrachtung des Mondes habe ihn zu seinem Schlüsselwerk des absurden Theaters inspiriert, Warten auf Godot. Dann der Nationalsozialismus, insbesondere „Hitlers Regisseurin“ Leni Riefenstahl, die in seinen Gemälden die Werte des „Deutschtums“ verwirklicht sieht, die man betonen will. Und schließlich Walt Disney, der bei einem Besuch in München Friedrichs Kunst entdeckt und sich so sehr in seine Landschaften verliebt, dass er Bambi darin spielen lassen will. So widersprüchlich diese Darstellung scheint, liegt doch genau darin die Allgemeingültigkeit eines Malers wie Friedrich.

Von hinten, in Stille

Ein bemerkenswerter Aspekt, den der Autor dann hervorhob, ist Friedrichs Unfähigkeit, Menschen zu zeichnen – eine Schwäche, die ihn veranlasste, Porträts aus dem Weg zu gehen und die Figuren in seinen Gemälden vor allem von hinten zu zeigen. Aber er machte aus dieser Not eine Tugend, zwingt doch gerade dieser Ausweg die Betrachter*innen dazu, sich mit der Figur zu identifizieren und in das Bild einzutauchen. Und auch wenn seine Silhouetten und Gestalten für ihre scheinbare Passivität und Steifheit kritisiert worden sind, können sie dafür uns aktiv werden lassen, die Betrachter*innen, denen es möglich ist, in das Gemälde einzutreten.

Die Veranstaltung schließt mit der Frage nach dem Titel Zauber der Stille, den Illies so erklärt: Gemeint ist die Stille der Natur, ein Augenblick absoluter Stille. Friedrich gelingt es, diesen in seinen Bildern einzufangen und so ein wenig Zauber zu bewirken.

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