Georgien │Deutschland
Khinkali Juice:
Georgian National Anthem

Sophia Tabatadze, Nadia Tsulukidze,Khinkali Juice
© Sophia Tabatadze, Nadia Tsulukidze,Khinkali Juice

Georgian National Anthem, Video, 1:34 Minuten, 2006

Nach der Rosenrevolution von 2003 war die georgische Nationalhymne so populär wie Imagine von John Lennon – die Kinder lernten sie in der Schule, man hörte sie in öffentlichen Parkanlagen und sang sie auf Hochzeiten. Da es für zeitgenössische Kunst kein Geld gab, schlossen sich Sophia Tabatadze und Nadia Tsulukidze zu der Performance – Gruppe Khinkali Juice zusammen und versuchten, mit dem Video der georgischen Nationalhymne selbst unternehmerisch tätig zu sein. In dem kurzen Video, das aus drei Einstellungen besteht, sieht man die Gruppe auf dem „Europe Square“ in Tbilisi mehr schlecht als recht performen. Die zweite Einstellung lässt erkennen, dass es sich bei dem im Stadtzentrum von Tiflis liegenden Platz um einen recht unwirtlichen Ort handelt. In der letzten Einstellung erscheint im Hintergrund ein Wegweiser zur „President George W. Bush Street“.

Die beiden Künstlerinnen produzierten unter diesem Namen von 2005 bis 2007 ortsspezifische Performances, die sich mit dem gesellschaftlichen Wandel nach der Rosenrevolution beschäftigten. Schwierige Themen wurden reflektiert einem künstlerischen Verfahren unterzogen, in dem Humor als Instrument der Kritik fungiert. Der zusammengesetzte Name „Khinkali Juice“ steht für die Mischung westlicher und georgischer Werte in der georgischen Kultur des Übergangs. Die englische Sprache hat sich den Kulturraum, der während der Sowjetzeit durch das Russische besetzt war, angeeignet. Khinkali sind mit Fleisch gefüllte georgische Teig taschen, die mit der Hand gegessen werden, ohne dabei den Sud zu verschütten. Wenn ein Fremder diese Technik beherrscht, wird er in traditionellen georgischen Kreisen besonderes willkommen geheißen.

Khinkali Juice
Der Name „Khinkali Juice“ steht für die hybride Verbindung westlicher und georgischer Werte im kulturellen Wandel Georgiens. Während in der Sowjetunion die russische Sprache den kulturellen Raum Georgiens prägte, wird dieser nun von der englischen Sprache eingenommen. Khinkali ist eine georgische Spezialität, eine meistens mit Fleisch gefüllte Teigtasche, die mit der Hand gegessen werden soll, ohne dass der Saft herausläuft. Wenn ein Ausländer zeigen kann, dass er diese Technik beherrscht, wird er in traditionellen georgischen Kreisen besonders willkommen geheißen.

Sophia Tabatadze
geboren 1976 in Tiflis, Georgien

Sie graduierte 2002 an der Gerrit Rietveld Academie in Amsterdam, Niederlande. Ihre Arbeiten werden international ausgestellt. Sie vertrat Georgien bei der Biennale von Venedig 2007 und nahm im gleichen Jahr an der Istanbul Biennale teil. Teilnahme an Museumsausstellungen im Musée des Beaux – Arts Nantes, Frankreich; Boijmans van Beuningen Museum, Rotterdam, Niederlande, und Tiflis Historisches Museum Tiflis, Georgien. Einzelausstellungen in Kunstvereinen und auf Kunstmessen in Deutschland, den Niederlanden und China. Ihre Recherchen beschäftigen sich häufig mit Architektur; sie porträtiert Menschen, indem sie den Blick auf ihre gebaute Umwelt und ihre Lebensbedingungen richtet. Sie arbeitet in verschiedenen Medien; sie begann ihre Laufbahn mit Zeichnungen und erweiterte ihr Werk in Richtung Installation und Performance. Ihr jüngstes Projekt ist ein Dokumentarfilm.

Nadia Tsulukidze
Nadia Tsulukidze lebt und arbeitet in Amsterdam, Niederlande, und Tiflis, Georgien

studierte, nach dem Studienabschluss an der Musikhochschule in Georgien, in Deutschland Tanz. Nach ihrer Rückkehr nach Georgien 2004 kooperierte sie als freischaffende Künstlerin mit anderen bildenden Künstlern und war Mitbegründerin der Performance – Gruppe Khinkali Juice. Teilnahme an internationalen Projekten und Ausstellungen in der Türkei, Armenien, Ungarn, Italien, Polen, Slowenien, Frankreich und Deutschland. 2010 graduierte sie am DasArts in Amsterdam, Niederlande, mit einem Master of Theatre. Mit ihrer Abschlussarbeit, dem Dokumentartheaterstück „Ready for Love or Seven Fragments of Identity“, wurde sie 2011 für das Neu / Now Festival nominiert; 2012 präsentierte sie das Stück in Georgien und England im Rahmen des europäischen Projekts „Carmen“. Sie arbeitete als künstlerische Assistentin für Edit Kaldor („The Work“) und Jochen Stechmann („The Critical Piece“) sowie für Lado Darakhvelidze („Museum TV Station“). 2013 realisierte sie die Performance „Meand Stalin“, u.a. produziert von Traum – A, Boris vzw und Belluard Bollwerk International. 2015 realisierte sie in Tiflis mit Unterstützung des Women’s Fund in Georgia die Performance „Happy 8th of March“.