Über die Herkunft des Wortes „Talmatsch“

Talmatsch ist im Bulgarischen ein veraltetes Wort für „Übersetzer“ und macht durch seine Herkunft seiner Bedeutung alle Ehre. Es ist selber ein Hinweis darauf, dass unterschiedliche Sprachen keine voneinander losgelöste Konzepte sind, sondern verwobene Gebilde, die sich im Laufe der Zeit immer wieder voneinander weg und aufeinander zu bewegt haben.

Es mag erstaunlich klingen, aber alles begann vor mehr als 1000 Jahren in Kleinasien. Im heutigen Norden Syriens in einem Staat namens Mittani. Die Mitanni kannten das Wort „talami“, was das Wort damals genau bedeutete, ist umstritten. Später wurde es in abgeänderter Form in die Turksprachen übernommen und hieß dann „tilmaç“ oder auch „dilmaç“ und trug die Bedeutung „Mittelsmann“ oder „Vermittler zur Verständigung zweier Parteien mit unterschiedlichen Sprachen“.

Mit den osmanischen Heerzügen wanderte auch das Wort immer weiter nach Westen. Es suchte seinen Weg in die ungarische Sprache in der Form „tolmács“ und in die slawischen Sprachen, wo wir das Wort zum Beispiel auch im modernen Polnisch noch kennen: „tłumaczyć“ (dt.: übersetzen). Auch ins Bulgarische fand das Wort Einzug. Während wir heute das Wort „talkuvam“ (тълкувам) in der Bedeutung von „auslegen“ oder „interpretieren“ haben, gab es früher auch das Wort „talmač“ (тълмач), für die Bezeichnung eines Übersetzers.

Im 13. Jahrhundert fand das Wort auch Eingang ins Mittelhochdeutsche in der Form von „tolmetsche/tolmetze“, das ist der heutigen Verwendung des Wortes „Dolmetschen“ im Deutschen schon sehr nah. Ob das besagte Wort nun aus dem Ungarischen oder aus den slawischen Sprachen übernommen wurde, ist unklar. Bekannt ist aber, dass Martin Luther Mitte des 16. Jahrhunderts unter diesem Begriff schriftliche Übersetzung verstand, während das heute „dolmetschen“ mündliches Übersetzen bedeutet.

Unsere neue Rubrik „Talmatschi“ möchte sich vertieft und aus erster Hand mit der Übersetzungsarbeit auseinandersetzen, indem Übersetzer*innen aus dem Deutschen und dem Bulgarischen in verschiedenen Interviews über Literatur, die Besonderheiten bei der Übersetzung literarischen Texte, sowie den Beruf des Übersetzers heutzutage spechen. Hier werden wir euch Übersetzer*innen aus Bulgarien und den deutschsprachigen Ländern bekanntmachen und den Versuch wagen, den Vorhang vorzuziehen und hinter den Kulissen der literarischen Überserzung einen Blick zu werfen.

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