Hunde in Deutschland
Seelentröster und Stimmungsaufheller

Mischlinge sind die beliebtesten Hunde
Mischlinge sind die beliebtesten Hunde | Foto (Ausschnitt): © Jenny Sturm – Fotolia.com

In etwa fünf Millionen deutschen Haushalten leben Hunde, Tendenz steigend. Ein wachsendes Dienstleistungsangebot rund um den Vierbeiner unterstreicht die besondere Beziehung der Deutschen zu ihrem Haustier.

Wie kein anderes Tier ist der Hund präsent in der deutschen Gesellschaft. An der Hundebadestelle am Berliner Grunewaldsee wird dies täglich vor Augen geführt, wenn dort die Berliner Hundebesitzer ihre Vierbeiner aller Rassen und Größen spazieren führen: gut erzogene Jagdhunde mit Herrchen im passenden Jägeroutfit, ältere Damen mit perfekt frisierten Pudeln, kinderwagenschiebende Familien mit munteren Labradoren und Mischlingen. Seit März 2015 kredenzt dazu noch ein Hunderestaurant Kängurufleisch und Lachs und wartet im Winter mit einem Hundeweihnachtsmarkt auf.

Stressfrei durch den Hund

6,8 Millionen Hunde lebten im Jahr 2014 laut Industrieverband Heimtierbedarf in 14 Prozent der deutschen Haushalte. Deutschland ist jedoch nicht das Land mit der höchsten Hundedichte in Europa. Für ihre Halter erfüllen die Vierbeiner eine ganze Reihe sozialer Funktionen: Der Hund ist ständiger Begleiter, Seelentröster und Stimmungsaufheller, der immer für sie da ist, Geborgenheit schenkt und ihnen vorurteilsfrei begegnet. Als Cinderella-Effekt bezeichnen Wissenschaftler diese stressbefreiende Wirkung des Mensch-Hund-Zusammenlebens.

Die deutsche Hundeliebe drückt sich nicht zuletzt in einem ständig wachsenden, vielfältigen Dienstleistungsangebot rund um das Tier aus: Hundefrisöre, -physiotherapeuten und -heilpraktiker, Dogsitter und -walker kümmern sich um das Wohlergehen der Hunde. Hotels bieten Wellness für Zwei- und Vierbeiner, Hundeboutiquen verkaufen Mode und Accessoires im Partnerlook. Auf moderne Hundehaltung spezialisierte Zeitschriften erwirtschaften einen jährlichen Millionenumsatz. Der Hundetrainer Martin Rütter unterstützt in seiner Fernsehsendung Der Hundeprofi Menschen bei der Erziehung ihres Vierbeiners und lockt mit seinem Live-Programm regelmäßig Tausende in die Veranstaltungssäle Deutschlands.

Die beliebtesten Hunderassen

  • Platz 1 – Mischling © DoraZett – Fotolia.com
    Platz 1 – Mischling
  • Platz 2 – Labrador © sanjagrujic – Fotolia.com
    Platz 2 – Labrador
  • Platz 3 – Französische Bulldogge © KavalenkavaVolha – Fotolia.com
    Platz 3 – Französische Bulldogge
  • Platz 4 – Chihuahua © cynoclub – Fotolia.com
    Platz 4 – Chihuahua
  • Platz 5 – Golden Retriever © Anioł – Fotolia.com
    Platz 5 – Golden Retriever
  • Platz 6 – Mops © Sandy1983 – Fotolia.com
    Platz 6 – Mops
  • Platz 7 – Englische Bulldogge © Lindsay_Helms – Fotolia.com
    Platz 7 – Englische Bulldogge
  • Platz 8 – Rottweiler © Rita Kochmarjova – Fotolia.com
    Platz 8 – Rottweiler
  • Platz 9 – Australian Shepherd © Rebel – Fotolia.com
    Platz 9 – Australian Shepherd
  • Platz 10 – Boxer © ss9ug – Fotolia.com
    Platz 10 – Boxer

Kurze Geschichte der deutschen Hundeliebe

Dabei war der Hund historisch zunächst Arbeits-, nicht Schmusetier. Noch in der Weimarer Republik gehörten Karrenhunde als „Pferd des kleinen Mannes“ zum deutschen Straßenbild. In den beiden Weltkriegen suchten Hunde nach Verwundeten, übermittelten Nachrichten, transportierten Munition und Proviant oder spürten den Feind auf. Heute noch erfüllen Hunde wichtige Funktionen in der Gesellschaft, etwa als Polizei-, Wach-, Rettungs-, Therapie- und Blindenhunde.

In seinem Buch Die Deutschen und ihre Hunde beschreibt der Historiker Wolfgang Wippermann den deutschen Hund als wichtigen Faktor in der Kultur- und Mentalitätsgeschichte der Deutschen. Otto von Bismarcks Doggen, im Volksmund als „Reichshunde“ tituliert, ebenso wie der Deutsche Schäferhund repräsentierten vermeintlich deutsche Tugenden wie Obrigkeitstreue, Mut und Nationalismus. Nicht zufällig wurde der Deutsche Schäferhund in der wilhelminischen Epoche quasi am Reißbrett nach präzisen Vorstellungen gezüchtet, sollte er doch ein Zeichen für Macht und Stärke sein. All diese der Rasse zugeschriebenen Tugenden machten sie im Dritten Reich zu einem nationalistischen Symbol, die NS-Propaganda setzte Adolf Hitler mit seiner Schäferhündin Blondi in Szene. Bis heute hat der Deutsche Schäferhund eine Vormachtstellung als Diensthund inne. Als Symbol des Deutschtums wurde er von der linksgerichteten 68er-Bewegung jedoch in Frage gestellt, weil der Schäferhund für das „System“ stand, für die faschistische Vergangenheit genauso wie für die spießige Gegenwart.

Wippermann stellt einen historischen Wandel in den Beziehungen der Hundehalter zu ihren Haustieren fest: Waren Hunde zunächst reine Nutztiere, entwickelten sie sich erst als Heimtiere gleichzeitig zu Schmusetieren. Mittlerweile nehme der „beste Freund des Menschen“ für viele die Rolle des Partners ein oder sei Kind-Ersatz, was sich auch in Wortschöpfungen wie „Hunde-Nannies“ oder „Hundetagesstätten“ widerspiegele.

Bester Freund des Menschen

Laut einer Untersuchung der Forschungsgruppe Psychologie der Mensch-Tier-Beziehung an der Bonner Universität aus dem Jahr 2010 bildet für immerhin 35 Prozent der 2789 Teilnehmer ihr Hund den Lebensmittelpunkt und ist wichtigster Partner. Studienleiterin Silke Wechsung machte drei Haupttypen von Hundebesitzern aus, die sich in Einstellungen und Verhaltensmustern deutlich unterscheiden. Neben der erwähnten Gruppe der stark auf den Hund fixierten, emotional gebundenen Halter bestehe die größte Gruppe (43 Prozent) aus naturverbundenen, sozialen Hundehaltern, die über ihren Vierbeiner Nähe zur Natur und Kontakt zu anderen Menschen suchen. 22 Prozent der Besitzer verfolgten hingegen prestigeorientierte Motive und neigten zur starken Vermenschlichung ihres Hundes.

Generell beobachtet die Psychologin eine Bandbreite der Hundehaltung zwischen „extremer Vergötterung auf der einen Seite bis hin zu Brutalität auf der anderen Seite“ – auch wenn anderswo dieses Spektrum deutlich weiter reiche. Auch habe Deutschland im Vergleich etwa zu südeuropäischen Ländern deutlich strengere Tierschutzgesetze.

„Den typisch deutschen Hundehalter gibt es definitiv nicht“ stellt Silke Wechsung fest, „es bestehen große Unterschiede hinsichtlich Anschaffungsmotiven, Erwartungen und praktizierter Hundehaltung“. Einzig das Hauptanschaffungskriterium sei oft gleich: So lassen sich deutsche Hundehalter vorrangig vom Aussehen des Hundes leiten. Für das Tier selbst spielen Aussehen, Beruf und Geld seines Halters hingegen keine Rolle. Deswegen wird er wohl so innig geliebt: Er nimmt einen, wie man ist.
 

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Der Mischling macht das Rennen und Loriots Liebling, der Mops, landet nur auf dem sechsten Platz. Welche Hunderasse mögen Sie am liebsten? Und was bedeutet Ihnen Ihr Vierbeiner? Oder würden Sie alle Hunde – ob sie frisch vom Hundefriseur kommen oder nicht – am liebsten auf Nimmerwiedersehen aus Parks und von Straßen verbannen? Schildern Sie uns Ihre Meinung.