Schnelleinstieg:

Direkt zum Inhalt springen (Alt 1) Direkt zur Hauptnavigation springen (Alt 2)

Pandemie
Gibt es eine Impfung gegen Fake News?

Welche Lügen und Unwahrheiten wurden in Bezug auf das Impfen in die Welt gesetzt?
Welche Lügen und Unwahrheiten wurden in Bezug auf das Impfen in die Welt gesetzt? | Foto: Unsplash

Impfen ist der einfachste und schmerzärmste Weg, um die von SARS-CoV-2-Viren ausgelöste Pandemie zu beenden. Darüber herrscht weitgehend Einigkeit. Aber eben nur weitgehend. Welche sind die häufigsten Unwahrheiten, die über die Impfstoffe verbreitet werden? 

Von Matouš Lázňovský

2020 war durch und durch ein ungewöhnliches Jahr. Deshalb ist es kein Wunder, dass die völlig ungewohnte und schmerzliche Pandemie-Situation viele Fragen aufgeworfen hat, denen nachgegangen werden muss und die aufgeklärt werden müssen. In der großen Menge der Fragen hat sich auch eine regelrechte Flut von Behauptungen breitgemacht, die falsche oder ungenaue Informationen enthalten oder sogar direkte Lügen sind.  
 
Verschwörungsmythen, Hoaxes und Falschinformationen gibt es zu allen Aspekten der Pandemie, doch die häufigsten sind auf der ganzen Welt gleich: Sie beziehen sich auf die Herkunft des Virus, auf seine tatsächlichen Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit und auf das Impfen. Auf letzteres konzentriert sich seit Beginn der Impfkampagnen die besondere Aufmerksamkeit sowohl der Urheber als auch der Konsumenten dieser „alternativen Erklärungsstrategien“. Welche Lügen und Unwahrheiten wurden in Bezug auf das Impfen in die Welt gesetzt? 

1) Die Impfstoffe sind unwirksam!

Die Ablehnung von Impfungen macht sich in einem Teil der europäischen Bevölkerung schon seit geraumer Zeit breit. Tschechien hat so zum Beispiel im Jahr 2019 seinen Status als Land, in dem die Masern als ausgemerzt galten, eingebüßt. Es gibt eine ganze Reihe Menschen, die Zweifel an der Wirksamkeit und/oder der offiziell angegebenen Sicherheit von Impfstoffen hegen, und es war deshalb mit relativ großer Wahrscheinlichkeit zu erwarten, dass diese Zweifel auch im Zusammenhang mit der Impfung gegen das Virus SARS-CoV-2 auftreten werden. Die größte Skepsis bestand hinsichtlich der Wirksamkeit des Impfstoffes, und diese wurde noch zusätzlich dadurch genährt, dass in Israel die Infektionszahlen noch immer weiter angestiegen sind, auch nachdem dort eine massive Impfkampagne gestartet worden war.  
 
Zum Glück geht der Einfluss solcher Spekulationen zurück und weltweit steigt das Vertrauen in die Impfung in den letzten Monaten sichtlich an. Einer Studie zufolge, die vom Londoner Imperial College und der Marketing-Gesellschaft YouGov in mehreren Ländern der Welt durchgeführt wurde, wächst das Vertrauen in Asien, in Europa und in Amerika. In Spanien antworteten im November 2020 auf die Frage „Würden Sie sich diese Woche impfen lassen, wenn die Möglichkeit bestehen würde?“ 28 Prozent der Befragten mit „ja“. Im Januar 2021 waren es schon 52 Prozent. In Deutschland stieg die Impfbereitschaft im gleichen Zeitraum von 26 Prozent auf 41 Prozent. Nach einer Umfrage des Gesundheitsministeriums (unter Anwendung einer anderen Methode) ist in Tschechien das Interesse an der Impfung von 39 Prozent im Dezember 2020 auf 52 Prozent Anfang Februar 2021 gestiegen.
 
Ihren Beitrag zu dieser Entwicklung haben dabei wohl auch die Ergebnisse aus Israel gespielt, über die ausführlich informiert wurde. Hier sind nach den Impfungen sowohl die Infektionszahlen als auch die Todesfälle zurückgegangen. Erste Teilergebnisse waren auch in den Ländern zu verzeichnen, in denen die Zahl der Geimpften noch relativ gering ist. So hat es zum Beispiel in Tschechien schon einen Rückgang der Krankheitsfälle im Rahmen der geimpften Bevölkerungsgruppen gegeben (Mitarbeiter des Gesundheitswesens und Senioren 80+).
 
Verändert hat sich die Situation in gewisser Weise durch die neuen Mutationen des SARS-CoV-2-Virus, die seit Herbst 2020 aufgetreten sind. Bis jetzt ist es nicht möglich, dass das Virus den Impfstoffen „entwischen“ könnte, und die Impfung mit den bisher genehmigten Impfstoffen schützt nach wie vor sehr wirksam vor einem schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf. Aber es ist nicht gesagt, dass es so bleibt. Doch auch ein Impfstoff gegen SARS-CoV-2 kann ähnlich angepasst werden wie der Impfstoff, der für die jährliche Grippeimpfung eingesetzt wird. Aktuell funktionieren viele Impfstoffe auch ohne Veränderungen gut.  

2) Die Impfstoffe funktionieren nicht. Bis auf einen!

Die Verschwörungswebseiten sind in ihrer Einstellung zu den Impfstoffen nicht ganz konsistent. Eine wesentliche Rolle hat dabei allem Anschein nach der erfolgreiche Einsatz des russischen Impfstoffes Sputnik V gespielt. Anfang Februar 2021 erschienen in der Zeitschrift Lancet die Ergebnisse der in Moskau durchgeführten klinischen Tests dieses Impfstoffes. Diesen zufolge sei bei diesem Impfstoff eine sehr gute Wirksamkeit und Schutzwirkung nachgewiesen worden. Der Impfstoff schütze nicht nur vor der Krankheit an sich, sondern auch vor einem schweren Krankheitsverlauf, und er könne – ähnlich wie andere Impfstoffe auch – bei den geimpften Personen das Todesrisiko fast eliminieren.  
 
Einer Nachricht des Vereins „Čeští elfové“ (Tschechische Elfen) zufolge, der den Kampf gegen Desinformationen im Internet führt, wurde auf dem russischen Nachrichtenportal Sputnik eine „massive Kampagne“ zur Unterstützung des russischen Impfstoffes eingeleitet: „Insgesamt sind in dieser (zweiten, Anm. d. Autors) Februarwoche 26 Artikel dazu aufgetaucht, in denen der Impfstoff als sicher und wirksam präsentiert wird und als weltweit führender Impfstoff angepriesen wird.“
 
Der Trend geht allgemein dahin: „In Quellen, die manipulieren wollen und Fake News verbreiten, wird dem russischen Impfstoff vielmehr Raum eingeräumt als den anderen. Bei Sputnik V sieht das Verhältnis so aus: 47 Prozent der Artikel von Verschwörungs-Webseiten und 53 Prozent aus anderen Medien. Bei anderen Impfstoffen ist das Verhältnis so, dass rund 15 Prozent der Artikel von Fake-News-Webseiten stammt und 85 Prozent aus anderen Medien. „Es ist zu sehen, wie Sputnik V von diesen Quellen gepusht wird“, heißt es im Bericht der vom Tschechischen Staatsfernsehen zitierten Gesellschaft Semantic Vision, die Verschwörungskampagnen im Internet verfolgt.  
 
Russland setzt seinen Impfstoff zweifelsohne in einer ganzen Reihe von Ländern, einschließlich einiger europäischer Länder, als Instrument der sogenannten weichen Diplomatie ein. Russland propagiert seinen Impfstoff als Lösungsweg, der den langsamen Anlauf der europäischen Impfkampagne überwinden kann, obwohl dieser Versuch in der Praxis unwirksam ist, da der Impfstoff noch nicht ausreichend vorhanden ist. Der Hersteller hatte zudem zum Zeitpunkt, als dieser Artikel geschrieben wurde, noch immer nicht bei der Europäischen Arzneimittelagentur EMA um die Genehmigung seines Impfstoffes ersucht, wobei ein solcher Genehmigungsprozess mehrere Monate lang dauert.(Selbstverständlich kann der Impfstoff von den einzelnen EU-Mitgliedstaaten jeweils auf ihrem Territorium selbstständig genehmigt werden.)
 
Doch die Unterstützung für Sputnik hält natürlich die mit Russland verknüpften Desinformationsquellen nicht davon ab, die Impfstoffe anderer Hersteller zu verunglimpfen und sie als unwirksam und schädlich zu bezeichnen, obwohl Russland für seinen Impfstoff eine ziemlich ähnliche Technologie wie die Firmen AstraZeneca und Johnson&Johnson anwendet. 
Zu den ersten der vorübergehend genehmigten Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2-Virus gehören gleich zwei Impfstoffe (Pfizer/BioNTech und Moderna), bei denen ein neues Impfstoffprinzip angewendet wurde. Zu den ersten der vorübergehend genehmigten Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2-Virus gehören gleich zwei Impfstoffe (Pfizer/BioNTech und Moderna), bei denen ein neues Impfstoffprinzip angewendet wurde. | Foto: Unsplash

3) Die Impfstoffe sind nicht sicher!

Die Frage, ob die gegen SARS-CoV-2 entwickelten Impfstoffe sicher sind, stellen sich mit Sicherheit nicht nur die Anhänger „alternativer Fakten“. Es ist nämlich genau die Frage, mit der sich die Fachleute am längsten beschäftigt haben. Die Gesellschaft Moderna hatte zum Beispiel die erste Dosis Impfstoff schon hergestellt, noch bevor China offiziell über die Übertragung des SARS-CoV-2-Virus auf Menschen informiert hat. Das war nur zwei Tage nachdem der genetische Code des Virus veröffentlicht worden war. Andere Teams arbeiteten ebenfalls daran und waren nicht viel langsamer. Danach konzentrierte sich die Aufmerksamkeit der Forscher ein paar Monate lang primär auf Fragen auf Fragen der Sicherheit der Impfstoffe. Erst in späteren Testphasen wurde neben der Sicherheit zugleich auch die Wirksamkeit des Impfstoffes geprüft.  
 
Der Genehmigungsprozess war kürzer als bei vielen anderen Impfstoffen. Aber das ist nicht wesentlich. Der Zeitfaktor an sich spielt bei solchen Tests keine so wichtige Rolle. Andere Tests haben oft nur deshalb so lange gedauert, weil man erst nach einer ausreichende Anzahl von Patienten suchen musste. Im Rahmen dieser Pandemie gab es dieses Problem nicht. Bei den klinischen Tests der Impfstoffe von Pfizer/BioNTech und von Moderna stand schneller als ursprünglich gedacht eine ausreichende Anzahl von Infektionsfällen für die statistische Analyse zur Verfügung.  
 
Niemand will in Abrede stellen, dass die Impfstoffe ernsthafte Folgen haben können. Diese treten jedoch bislang systematisch nur bei den Personen auf, die schon in der Vergangenheit allergische Reaktionen auf Impfstoffe oder Bestandteile von Impfstoffen gezeigt haben. Ebenfalls kann der Impfstoff auch nicht an Menschen verabreicht werden, die eine schwerwiegende Funktionsstörung des Immunsystems haben.

4) Der Impfstoff verändert die menschliche DNA

Zu den ersten der vorübergehend genehmigten Impfstoffe gegen das SARS-CoV-2-Virus gehören gleich zwei Impfstoffe (Pfizer/BioNTech und Moderna), bei denen ein neues Impfstoffprinzip angewendet wurde. Es handelt sich um sogenannte mRNA-Impfstoffe (mRNA bedeutet Boten-RNA). Die RNA dient (unter anderem) zur Transkription von im Zellkern befindlichen DNA-Informationen, die für die Funktion einer Zelle wichtig sind. Für den Laien stellt sich damit ganz natürlich die Frage, ob mRNA-Impfstoffe genetische Veränderungen bewirken können?
 
Die Antwort lautet: Nein. Und genau das ist auch der Grund, warum einige Experten gerade diesen Impfstofftyp so gut finden. Die im Impfstoff eingesetzte Boten-RNA überbringt in einer aus Fett bestehenden Schutzhülle „wie in einem Brief“ Informationen, die eine Art Bauanleitung für den Aufbau eines Teils des SARS-CoV-2-Virus enthalten. Zur besseren Veranschaulichung kann man sagen: Es ist so, als hätten die Forscher die Informationen abgeschrieben, die die einzelnen Zellbestandteile untereinander austauschen, und hätten diese in den Impfstoff – wie in einen Briefumschlag - gelegt.  
 
Die Zelle, bei der diese Information ankommt, beginnt aufgrund der Bauanleitung diese Teile des Virus herzustellen, und diese wandern mit der Zeit an die Zelloberfläche. Darauf werden die Immunzellen aufmerksam, denn sie „wissen“, dass die Entstehung solcher unbekannter und verdächtiger (chemischer) Verbindungen ein typisches Anzeichen für eine Vireninfektion ist. Das Immunsystem beginnt also so zu reagieren, als würde es sich um eine tatsächliche Infektion handeln: Es vernichtet die „infizierten“ Zellen und speichert dabei gleichzeitig in seinem „Gedächtnis“ die Informationen über diese verdächtigen fremden Moleküle ab. Bei der nächsten „Begegnung“ mit dem Virus reagieren sie dann auf die Gefahr wesentlich schneller und rasanter.  

Nun könnte der Anschein entstehen, dass ein solches Wirkungsprinzip in der Zelle Durcheinander und Komplikationen anrichten könnte. In Wirklichkeit ist es aber so, dass jede Zelle über eine ganze Menge von Schutzmechanismen verfügt. Dafür gibt es einen ganz einfachen Grund: Bei der Boten-RNA (mRNA) handelt es sich zwar nicht um die RNA-Form, die in unseren Zellen am häufigsten vorkommt, doch auch ohne sie schwirren in unseren Zellen zu ein und demselben Zeitpunkt hunderttausende Moleküle herum. Wenn unsere Zellen nicht in der Lage wären, mit dieser Menge an Molekülen fertig zu werden, dann gäbe es wirklich das perfekte Chaos!  

Top