Künstliche Intelligenz
Künstler*innen-Residenz zu Künstlicher Intelligenz in Prag. Ein Rückblick
Nach einem einmonatigen Residenzaufenthalt am Goethe-Institut und am Research and Innovation Centre on Advanced Industrial Production (RICAIP) an der Tschechischen Technischen Universität (TTU) in Prag, ist das französisch-koreanische Künstlerduo Douna Lim und Théo Pesso nach Paris zurückgekehrt. Sie erzählen von ihrem Monat in der Tschechischen Republik.
Von Mylène Garin
© Petra Hajská / Goethe-Institut
Das Interesse des Künstlerduos an neuen Technologien ist nicht neu. Bereits 2019 hatten Douna Lim und Théo Pesso in einem ihrer Werke, Mario 101, mit dem Einsatz von Computertechnologien experimentiert. Für das Drehbuch dieses Kurzfilms – eine experimentellen Fiktion über den Tod von Mario Tchou, einem chinesisch-italienischen Ingenieur, der in den 1960er Jahren bei einem Autounfall ums Leben kam – haben die beiden Künstler ein auf maschinellem Lernen basierendes Sprachverarbeitungsprogramm verwendet: die Cloud Natural Language API.
Auf die Frage nach ihrem Interesse an neuen Technologien und nach ihrem künstlerischen Projekt antwortet das Künstlerduo, dass es nicht der reine Einsatz von Technologie ist, der sie interessiert, sondern vielmehr die Reflexion über den Einsatz in unserem alltäglichen Leben, und wie die Technologien unseren Lebensstil verändert. Außerdem versuchen sie in ihren Werken zu reflektieren, wie Technologien den kulturellen, wirtschaftlichen und politischen Kontext der Welt, in der wir leben, beeinflussen.
© Petra Hajská / Goethe-Institut ZU BESUCH BEI RICAIP
Eine der Herausforderungen, wenn man zu einem Austausch mit Forscher*innen im Bereich der künstlichen Intelligenz eingeladen wird, besteht in der Kommunikation. Wie kann man eine Sprache, die aus hochtechnischen mathematischen und algorithmischen Begriffen besteht, in eine Sprache übersetzen, die auch von Menschen ohne IT- Ausbildung verstanden werden kann? Für Douna Lim und Théo Pesso – die meist audiovisuelle Werke schaffen – war diese gemeinsame Sprache die der Bilder, und insbesondere die der visuellen Wahrnehmung von Maschinen, die zum Teil durch künstliche Intelligenz koordiniert werden. Eine der Fragen, die sie sich gemeinsam stellten und die dazu beitrug, die Verbindung zwischen ihrer Kunst und der mathematischen und algorithmischen Forschung herzustellen, war die Frage nach den Veränderungen, die künstliche Intelligenz in der Kulturindustrie, z. B. in der Filmindustrie, bewirken könnte. Beide erinnern sich an Diskussionen darüber, wie ein Deep Learning-Prozess es Programmen ermöglicht, zu „lernen“, Objekte zu erkennen, sie mit bestimmten Begriffen zu assoziieren und bestimmte Aufgaben und Handlungen zu verstehen. Die Herausforderung für Forscher*innen besteht darin, die Maschinen in die Lage zu versetzen, diese Aufgaben und Handlungen zu reproduzieren, aber auch einen „common sense“ zu entwickeln.Für das Künstlerduo war es interessant, zu verstehen, inwieweit beispielsweise Künstliche Intelligenz die Zivilgesellschaft und die Kulturwelt ändern. In der Tat haben neue Technologien wie KI direkten Einfluss auf die Produktionsmittel, aber auch auf den Rahmen der kulturellen Produktion: immer mehr Kulturschaffende produzieren und verbreiten ihre Werke auf automatisierte Weise. Das führt zu einer Standardisierung der kulturellen Produktion und damit laut Douna und Théo in gewisser Weise zu einer Verarmung. Für sie geht mit der Vervielfachung des kulturellen Angebots eine geringere Diversifizierung von Form und Inhalt einher. „Wenn es die Konsumgewohnheiten sind, die den zukünftigen kulturellen ‚Markt‘ bestimmen, und ein Produkt auf der Grundlage einer Datenanalyse zur Steigerung der Effizienz entworfen wird, glauben wir, dass es ein grundlegendes Problem gibt, da dieses System die vorherrschenden Ideen und Lebensstile verstärkt“, findet das Künstlerduo.
© Petra Hajská / Goethe-Institut FAZIT
Einige Wochen nach dem Ende ihres Aufenthalts sagen die beiden Künstler*innen, dass sie froh sind, Stipendiaten des Goethe-Instituts und zu Gast bei RICAIP gewesen zu sein und die Möglichkeit gehabt zu haben, einen Bereich zu entdecken, der für Künstler und Nicht-Forscher normalerweise so schwer zugänglich ist. Sie sind auch froh, dass sie diesen Austausch in der Tschechischen Republik durchführen konnten. Für das Künstlerduo war es besonders interessant, in einem ehemals kommunistischen Land in den Bereich der industriellen Forschung an der künstlichen Intelligenz eingeführt zu werden, da es ihnen ermöglichte, den politischen und historischen Kontext der Tschechischen Republik zu analysieren und dessen Auswirkungen auf die wissenschaftliche Forschung zu beobachten.Für Douna Lim und Théo Pesso geht die Erfahrung und der künstlerische Beitrag jedoch mit dem Austausch bei CIIRC CTU und RICAIP nicht zu Ende: beide waren froh, die Stadt Prag und die tschechische Kultur entdeckt zu haben. Dies ermöglichte ihnen, sich einem neuen Einfluss für ihre Kunst zu öffnen.
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