Autorenlesung und Diskussion Dörte Hansen: Mittagsstunde

Dörte Hansen © Sven Jaax

Mo, 11.11.2019

18:00 Uhr

Goethe-Institut

Die deutsche Schriftstellerin Dörte Hansen schafft es in ihrem Werk, Gegensätze zu vereinen. Beginnend mit ihrem Debütroman Altes Land, welcher im Jahr 2015 erschien und mit über einer halben Millionen verkauften Exemplaren Leserinnen und Leser verschiedener Altersgruppen ebenso begeistern konnte wie die Literaturkritik.

Hier ist der Schauplatz die idyllische, an Kirsch- und Apfelbäumen reiche Region Altes Land bei Hamburg. Sie stellte nach dem 2. Weltkrieg einen Zufluchtsort für Geflüchtete dar und ist dies auch noch in der Gegenwart, wenn auch die Motive und Gründe für eine Flucht sich im Zeitverlauf gewandelt haben. Ist es in den 1940er-Jahren die kriegsbedingte Vertreibung, so ist es in der Gegenwart der urbane Wunsch nach einem harmonischen, romantisierten Landleben, der den Zuzug in das „Alte Land“ begründet. Multiperspektivisch und detailreich schildert Hansen dabei die aufeinandertreffenden Lebenswelten zwischen Zugezogenen und Einheimischen, wie auch die hieraus entstehenden Fragen der Zugehörigkeit. Als „Herkunftsroman“ will Sie ihre Werke dabei verstanden wissen, die das Ringen mit und die Emanzipation von der individuellen Herkunft thematisieren. Deutlich wird das vor allem im Sprachumgang, welcher in ihren Büchern zwischen Platt- und Hochdeutsch changiert.

Der Wandel, ob sprachlicher oder struktureller Natur, ist auch ein zentrales Thema ihres zweiten Romans Mittagsstunde, welcher den Erfolg ihres Debütromans sogar noch einmal übertreffen konnte und die deutschen Bestsellerlisten für Wochen anführte.
Er beschreibt das Verschwinden des fiktiven Dorfes Brinkebüll und damit beispielhaft den Schwund des Dorfes als lebendigen Kosmos. Vor der Modernisierung der 1960er-Jahre einmal als vielseitiger Lebensraum existent, zeigt Hansen, wie Geschäfte, Schulen und schließlich auch Gemeinschaftsräume langsam schwinden. Dem zumeist idealisierten, weil nicht gekanntem, Landleben und dem Abdriften in das Sentimentale oder Kitschige weiß sie durch ein lakonisch-humorvolles Spiel mit der Sprache zu entgehen. Dörte Hansen selbst nennt diesen Sprachgebrauch „sprachliches Wohnzimmer“ – etwas warm-einladendes, das ideal im Lesungskontext mitempfunden werden kann.

In das Tschechische wurden Ihre Bücher von Viktorie Hanišová übersetzt. Die in Prag lebende Autorin und Übersetzerin moderiert den Abend.

Dörte Hansen, 1964 in Husum geboren, ist studierte Soziolinguistin mit einem Fokus auf „kleinen“ Sprachen wie dem Gälischen oder dem Plattdeutschen. Nach ihrer Tätigkeit als Journalistin wirkt sie seit 2012 als freie Autorin.
 

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