Theaterinszenierung Katja Brunner: Geister sind auch nur Menschen

Neue Deutsche Dramatik

In den Heimen finden sie ihre letzte Heimat. Die Alten. Tatkräftig waren sie einst, bürgerliche Leben führten sie, und jetzt sind sie dort angekommen, wo nur noch ihr Körper ihnen vorgibt, wer sie zu sein haben. Von Berührungen durch Pflegerhand zugefügte Hämatome werden im allseitigen Einvernehmen als „Zeichen der Zuneigung“ befunden. Kein Blatt mehr nehmen die Alten vor die ausgetrockneten Münder. Es bricht ungehört aus ihnen heraus. Und sie stehen verwundert vor den Scherben ihres Lebens, Erlebtes steht neben unwiederbringlich Verpasstem, Träume mutieren zu Albträumen. Sie verlieren sich unberührt in der Einsamkeit und werden inwendig aufgezehrt.

Nett wird es nicht, ihnen zuzuhören. Es verletzt und ist hart und erbarmungslos. Es ist keine Hilflosigkeit, die sich Gehör verschafft, sondern sie dringen mit ihren Stimmen unangenehm in unser Fühlen ein und lassen uns nicht mehr los. Ein unerbittliches Zerren an unserem Innersten beginnt.

Katja Brunner (*1991 in Zürich) studierte Literarisches Schreiben an der HdK Bern und Szenisches Schreiben an der UdK Berlin. 2010 entstand innerhalb des Dramenprozessors ihr Stück Von den Beinen zu kurz, das am Theater Winkelwiese uraufgeführt wurde. 2013 war sie mit ihrem Stück Die Hölle ist auch nur eine Sauna zum Heidelberger Stückemarkt eingeladen, gewann mit der Deutschen Erstaufführung von Von den Beinen zu kurz den Mülheimer Dramatikerpreis und wurde in der Kritikerumfrage von Theater heute zur besten Nachwuchsautorin gewählt. Im Februar 2018 wurde Katja Brunner für ihre Arbeit der Förderpreis des Kulturpreises des Regierungsrates Zürich verliehen. Im Dezember 2017 wurde das Auftragswerk Den Schlächtern ist kalt oder Ohlalahelvetia am Schauspielhaus Zürich uraufgeführt.
 

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