Neue deutsche Dramatik
In eine Welt, in der alles gleichzeitig stattfindet, der Elternabend der Kinder, die Besetzung der Krim, die Frage, ob Filterkaffee vielleicht doch besser ist als Espresso, das Massaker an Zivilisten im Südsudan, die Suche nach dem lichtdurchfluteten Stuckaltbau und die endgültige Vernichtung unseres Planeten durch Treibhausgase – in diese Welt wird ein Kind geboren, eine Wassergeburt, ganz natürlich, ein namenloses Kind im Prenzlauer Berg, das antritt, unser aller Leben zu verändern, ein für allemal.
Ein kleiner Junge, natürlich hochbegabt, der schon im Mutterleib seine Zwillingsschwester erdrosselt, um rechtzeitig klarzumachen, dass nichts, aber auch gar nichts ihn aufhalten wird auf seinem Weg nach oben. Unaufhaltsam, unbeirrbar – weder Vater noch Mutter, kein Lehrer und auch nicht der Drohnenkrieg der USA werden ihn stoppen, wenn es darum geht, unserer Welt, die gewaltig aus den Fugen eiert, seinen Stempel aufzudrücken. Je heftiger er in den Weichboden stürzt, desto höher schnellt er danach empor. Und so erleben wir seinen rasanten Aufstieg, gegen den Widerstand seiner hingerissenen Eltern, gegen die Schule und alle Bildungsinstitutionen, die seiner Höchstbegabung nicht gerecht werden können, gegen alles, was vor ihm da war und ihn nicht bedingungslos liebt, gegen alles, was nicht für ihn ist und sich weigert, ihn mit grenzenloser Macht auszustatten, gegen den Rest einer Welt, die aus den Fugen – aber das hatten wir schon. Wir erleben seinen Aufstieg, seinen Fall erleben wir nicht. Denn nichts wird ihn stoppen. Nicht mal er selbst.
"Einige Zuschauer werden den Humor – der heikle Themen wie häusliche Gewalt gegenüber Frauen umkreist – möglicherweise äußerst kritisch sehen und als erschütternd empfinden. Aber ich denke, dass wir uns der Bewegung, soziale Kritik im Theater im Namen der politischen Korrektheit zu zensieren und Theater zu einem neutralen, »sicheren Ort« (safe space) zu machen, widersetzen sollten. Mayenburg hat kein Interesse daran, dass es zu gemütlich wird für das Publikum, dass es sich zu sicher fühlt."
Übersetzung ins Tschechische:
Michal Kotrouš
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