Walter Solon
bangaloREsident@jaaga

Resident, nicht orts-ansässig, nun zum ersten Mal auf dem Weg in andere, südliche Tropen.
  Walter Solon © Walter Solon
Diesmal nach Ostindien. Ich selbst von einer West-India.
Ein Ausgestoßener, erbberechtigt in der zuverlässigen Leistungsgesellschaft des Blutes. Blut, das zirkuliert und nicht ausläuft. Blut als kulturelles Kapital, aber nicht nur.
Habe die letzten zwei Nächte damit verbracht Darjeeling Limited zu schauen, jetzt wird mein Bruder eventuell im Film mitspielen. Aber es wird anders sein: Blut wird nicht in Form von abgeflachten, symmetrischen Gesichtern gezeigt. Blut wird auf zwei Seiten der spiegellosen Kamera auslaufen, die ich mit einer Zeiss- Objektiv-Box mit entsprechenden Import-Carnets mitbringen und versichern werde, für den Fall tatsächlicher Gewalt. Ein möglicher Besuch könnte zu dem Zeiss-Labor in Bangalore führen, mit seiner militärischen Optik-Technologie, wo durch Blendenflecken angelockte Affen die Fabrik belagern.
 
Der Film könnte in Schwarz und Weiß gedreht werden, um auf Schatten und Kontrast zu bestehen, statt auf Landschaft oder Blumen. Die Schärfe wird von 4 auf 2K runter skaliert. Viel Bokeh, auf der Suche nach Moirés. Und Nirvana. Eine Playlist. Sublime und Psytrance tönt am Strand aus den Lautsprechern.

Mein westindischer Gefährte – alias Bruder Rudi – ist der Protagonist eines früheren Films mit dem Titel „Ethics of Survival“, einer Simulation der Selbstverteidigung für alltägliche oder vorzeitige Apokalypse-Szenarien — Bang-Bang auf den Straßen von Sao Paulo oder ein zweiter Holocaust. Der Bruder, der die Staatsräson eines fremden Staates verkörpert, eine vermutete Identität, eine stabile Kriegszone als Urheimat. Was ist mit mir selbst, der ich in einem fremden Herkunftsland lebe und wieder eingebürgert wurde? Er spielt mich, same same but different.

Lasst uns nun aus-ein-bürgern von Goethe, unserer East India Company. Gerade erst waren wir in China und Südkorea mit einer ähnlichen Navigation, damaliger Begleiter war Jorge Loureiro, unser erstes Mal in Asien. Prototypen für deutsche Erfindungen vorstellen, getestet auf brasilianischem Boden von Bayer-Monsanto, dem Monster re-branded. Auf „A Better Version of You“, einer Technologiemesse, keiner Kunstausstellung.

Und der Film sollte kurz sein, gedreht bei Jaaga – einem Zentrum für das, wofür die Stadt steht (und mehr). Ein 1) Simulacrum einer Reality-Show Pilotfolge 2) präsentiert von einem übergelaufenen Spion 3) der als Optik-Angel-Investor posiert 4) für eine Produktionsfirma namens SpottBillig Film, der IG-Farben-Tochter, damit einige Aufnahmen in Farbe sein werden.

Zugang zu Nicht-Zugang mit schauspielernden Nicht-Schauspielern, und ihrem Privileg von Sight und Site, Augenlicht und Verortung. Zu Sein heißt also gesehen zu werden und reinzuschauen, verankert in dem Startup-Netzwerk in Indien, aus Ausdien, ausgelagert auf die Falafel Route, dieses jüdische Herz der Finsternis, dieses wilde Herz des Lebens, sich Flipping Out - Israel's Drug Generation zu stellen mit einem Flash-Forward-Traum von dem, was uns allen passieren könnte.

Um eine Verbindung zwischen Sao Paulo, Haifa (Technion), Berlin, Silicon Valley und Bangalore auszuprobieren. Ist das denn Okra und Tapioka? Information und Technologie? Ein 2-monatiges Kapitalwagnis.

Von Sao Paulo (1992) nach Köln (KHM) über Paris (Sciences Po), Los Angeles (Art Center) und Berlin. Aktuelle Ausstellungen in Thessaloniki (6. Biennale), Peking (Goethe), Seoul (Art Sonje).

Abschlussbericht