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Interview mit Doris Dörrie
Die Krise betrifft uns alle gleichermaßen

Doris Dörrie Interview
© Mathias Bothor / photoselection

Für die Regisseurin ist das Leben zu kurz, um uns nicht mit gegenseitiger Fürsorge zu begegnen.

Von Maria Carmen Morese & Johanna Wand


Welchen Raum nimmt Ihre Arbeit in der Isolation ein?

Als Schriftstellerin befinde ich mich ja meistens in der Isolation, also ist die Situation jetzt nicht sehr anders. Aber da ich mich gar nicht mehr draußen ablenken kann, arbeite ich mehr als vorher. Nicht unbedingt besser- nur mehr!

Wie alle schwierigen Momente eröffnet auch die gegenwärtige Krise neue Möglichkeiten. Was können wir aus dieser Situation lernen?

Was können wir aus dieser Situation lernen? Solidarität mit der ganzen Welt, nicht nur mit den Menschen in unserem direkten Umkreis. Mich hat die fehlende Solidarität mit Italien gleich am Anfang der Krise sehr bestürzt. Warum haben wir nicht sofort geholfen? Noch nicht mal gefragt: was können wir tun? Warum kümmern wir uns nicht alle zusammen um die Flüchtlinge? Warum versuchen wir uns abzuschotten, statt zu verstehen, dass die Krise uns alle gleichermaßen betrifft? Ich sehe allerdings auch ein wachsendes Bewusstsein für die Fragilität unserer Existenz und das stimmt mich optimistisch.
 
Die neuen Umstände erschüttern und beunruhigen uns, aber sie ermutigen uns auch zu visionärem Denken. Von welchem Danach träumen Sie?

Ich träume davon, dass wir verstehen, dass wir nur sehr kurz auf dieser Erde sind und dass wir unsere Zeit nutzen müssen, uns gegenseitig mit Respekt und Fürsorge zu begegnen. Ich hoffe, wir sehen ein, dass maßloses Wachstum kein Ziel sein kann. Ich hoffe, wir verstehen den Wert von Kunst anders, denn es ist jetzt die Kunst, die uns durch die Krise bringt.  Ohne Musik, Filme, Literatur, Games, usw. wären wir alle schon durchgedreht.
 

Biographie

Doris Dörrie gehört zu den herausragenden Regisseurinnen, Drehbuchautorinnen und Schriftstellerinnen unserer Zeit. 1955 in Hannover geboren studierte sie in den USA und in Deutschland Theater, Schauspiel und später Regie. 1978 schloss sie ihr Studium mit dem Film „Der erste Walzer“ ab. Es folgten „Paula aus Portugal“ und „Dazwischen“. Ihr Film „Mitten ins Herz“ erhielt eine Einladung nach Venedig. „Männer“ verhalf ihr zum internationalen Durchbruch.
Seit 1987 veröffentlicht Doris Dörrie regelmäßig Kurzgeschichten, Romane und Kinderbücher. Der Film „Keiner liebt mich“ basiert auf Figuren aus einer ihrer Kurzgeschichten. Im Jahr 2002 schrieb sie den ersten Teil der Kinderbuchreihe „Mimi“. Im Jahr 2006 erhielt sie den Deutschen Buchpreis für den Roman „Das blaue Kleid“.
Gleichzeitig war sie mit „Bin ich schön?“, „Nackt“, „Kirschblüten – Hanami“, „Die Friseuse“ und „Grüße aus Fukushima“ als Filmregisseurin international überaus erfolgreich.
Seit 1997 ist Dörrie habilitiert und hat den Lehrstuhl für Kreatives Schreiben an der HFF München inne. Neben ihrem Beruf als Filmregisseurin inszenierte Dörrie auch 7 Opern. Bis heute hat sie 32 Filme gedreht, 23 Bücher veröffentlicht und wurde mit über 30 Preisen ausgezeichnet.

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