Desinformationen richten großen Schaden an, vom Säen von Zweifeln an der modernen Medizin bis hin zu ernsten Gefahren für die Demokratie eines Staates. Ältere Menschensind dafür besonders anfällig: Statistiken von Anti-Fake-Organisationen in der Ukraine zeigen, dass die ältere Altersgruppe während der Covid-19-Pandemie die meisten Fake News in Facebook verbreitete. Viele Senioren*innen sind relative Neulinge in den sozialen Medien, haben Lücken in den digitalen Kompetenzen und deswegen häufig Schwierigkeiten, gesponserte Inhalte oder manipulierte Bilder zu erkennen.
Der Kampf gegen Desinformation wurde nach dem 24. Februar 2022 besonders wichtig. Ältere Menschen in der Ukraine werden außerdem stark von russischsprachigen YouTube-Beiträgen beeinflusst, diehäufig eine Quelle für gefälschte Informationen und Verschwörungstheorien sind. Oft fehlt das Vertrauen in offizielle und staatliche Informationsplattformen, gerade in Informationskanäle, die von jüngeren Leuten betrieben werden.
Die prekäre Lebenssituation der ukrainischen Rentner*innen ist auch der Grund, dass ältere Menschen keine Möglichkeit zu einem aktiven kulturellen Leben haben. In diesem Fall sind Bibliotheken einer der wenigen Orte, die für sie zugänglich sind und eine kostenlose und niedrigschwellige Plattform für Geselligkeit und Lernen bieten. Deshalb sind kleine Amateurtheateraufführungen, Lesungen und Begegnungen dort bei Senior*innen beliebt.
Die erste Phase des Projekts war eine dreitägien digitalen Grundschulung für zwanzig Bibliothekar*innen in der Ukraine, die in der täglichen Arbeit viel mit älteren Menschen arbeiten und Interesse an neuen Methoden, wie zum Beispiel Theaterworkshops, habeni. Ein wichtiger Faktor bei der Auswahl von Bibliotheken war ihre dezentrale Lage, da Menschen in Kleinstädten keinen Zugang zu kulturellen Aktivitäten haben und noch anfälliger für Fehlinformationen sein können.
In einem interaktiven Workshop mit Expert*innen aus Deutschland, Polen und der Ukraine wurden die Bibliothekar*innen mit performativen Bildungsinstrumenten (Hintergrundinformationen zu Fake News, interaktive Brettspiele, Zeitungstheater/Medientheater etc.) gegen Desinformation für ältere Menschen vertraut gemacht, so dass sie selbst dieses Wissen anschließend an ihre Bibliotheksgemeinschaft weiterweitergeben können.
Interaktive Brettspiele stehen unter den folgenden Links (auf Ukrainisch) zum Herunterladen und Ausdrucken zur Verfügung:
Im Rahmen des Projekts wurde in Zusammenarbeit mit dem Kyjiwer Amateurtheater „Sche ne vechir“ eine Theaterproduktion zum Thema Fälschungen und Desinformation entwickelt.
An ihrem ersten Arbeitstag lernt die Pförtnerin Olena die besonderen Bewohner eines besonderen Hauses kennen: allmächtige, hartgesottene Freiwillige, Don Juan-Geschäftsleute und „wachsame“ Freund*innen, die ihre Nachbar*innen der Spionage verdächtigen und jeden ihrer Schritte genau überwachen. Doch neben dem neuen Wachmann und alten Streitigkeiten machen sich die Nachbar*innen auch Sorgen über die neuesten Nachrichten. Jeder hat seine eigene Antwort auf die Frage Wird es einen Krieg geben?.
„Sche ne vechir“ ist eine Amateurtheatergruppe für ältere Menschen. Die Schauspieler*innen wollen allen Zuschauer*innen beweisen, dass eine Menge Lebenserfahrung einen nicht daran hindert, modern zu sein!
Das Stück, das von Alla Zamanska inszeniert und von Sergey Sasyn produziert wurde, wurde von einer der Schauspielerinnen, Olena Slavinska, geschrieben. Die Geschichte basiert auf ihren eigenen Erfahrungen als Pförtnerin und ihren Überlegungen zu turbulenten Zeiten, der Suche nach wahrheitsgemäßen Informationen und der Unterstützung durch die Gemeinschaft. Das Genre des Stücks ist die Tragifarce.
Der Entstehungsprozess des Stücks und die Vorbereitung auf die Uraufführung werden in einem Dokumentarfilm über die Theatergruppe zu sehen sein, dessen Veröffentlichung für 2023 geplant ist.
Die Online-Premiere des Stücks Alles begann mit Jack fand am 19. Januar 2023 um 18:00 Uhr auf der Facebook-Seite der Veranstaltung statt.
Vielen Dank für Ihr Interesse an dem Projekt. Falls Sie Fragen haben, können Sie sich gern mit uns in Verbindung setzen.
Olha Tuharinova
Projekt „Östliche Partnerschaft“
olha.tuharinova@goethe.de