Debatte Maria Zimmermann: Wie man (nicht) über Autismus sprechen sollte

Maria Zimmermann

Sa, 25.05.2024

16:00 Uhr

Výstaviště Praha Holešovice

Begegnung mit der Autorin, anschließend Signierstunde am Stand Das Buch

Das autobiographische graphic novel Anders, nicht falsch (2023, Kommode Verlag) der schweizer Autorin, Illustratorin und Grafikdesignerin mit tschechischen Wurzeln Maria Zimmermann beschäftigt sich mit Autismus. Die Autorin entdeckte im Erwachsenenalter, dass sie im Autistischen Spektrum ist - und nun setzt sie sich in ihrem Werk mit verschiedenen Aspekten des Lebens damit auseinander: „Entdeckung, nicht Diagnose. Merkmal, nicht Symptom. Autistisch sein, nicht Autismus haben. Sensorische Sensibilität, nicht Sensorische Verarbeitungsstörung. Eigenheit, nicht Schwierigkeit. Kompliziert, nicht erschwert. Ungewöhnlich, nicht beschränkt. Anders, nicht falsch.“ Die Autorin stellt somit ein sensibleres Vokabular dar, das ihre Erfahrung einer autistischen Wahrnehmung der Welt widerspiegelt.

Maria Zimmermann studierte Kunst- und Designvermittlung an der Zürcher Hochschule der Künste und veröffentlichte ihre Abschlussarbeit, das Buch 299 Kleider, im Eigenverlag. Seit 2018 arbeitet sie als Textilkünstlerin und unter der Marke Alles wird gut. verbreitet sie die Welt der kleinen Stickereien auf Kleidern. Aber auch ihre größeren Arbeiten zieren Plattencover oder Wände.

Zuzana Kašparová, Mitautorin des feministischen Podcasts über Sex, Beziehungen und Körperlichkeit, Vyhonit ďábla, einem der erfolgreichsten in der Tschechischen Republik, wird mit ihr und der Übersetzerin Tereza Semotamová eine Debatte führen. Darin greift sie Tabuthemen auf, die fast jeder kennt, über die aber kaum jemand laut spricht. Sie ist u. a. Expertin für Sexualerziehung, Mitarbeiterin des feministischen Online-Magazins Druhá : směna, Mitglied von cripkolektiv und Mitgestalterin des Podcasts Postíže über junge Patienten in einer gesundheitsbesessenen Welt.

Das Buch ist ursprünglich im Kommode Verlag in der Schweiz erschienen und wird derzeit in der achten Auflage neu aufgelegt. Das Buch erscheint in einer Übersetzung ins Tschechische von Tereza Semotamová mit Unterstützung von Michaela Škultéty unter der redaktionellen Leitung der Verlegerin Barbara Baronová.

Textprobe:

„Im September 2020 erfuhr ich, dass ich im Autistischen Spektrum bin. Das war nicht nur für mich herausfordernd, sondern auch für mein Umfeld. Wir wussten alle nicht, dass es im Autistischen Spektrum Menschen wie mich gibt. Wir hatten eine Vorstellung, die durch die Medien und unser Unwissen geprägt war. Das Bild eines Klischees – wie es viele Menschen haben, denen ich von meiner Entdeckung erzähle.'Aber du wirkst so normal …', wird mir immer wieder gesagt, und 'wir sind doch alle ein bisschen Autistisch'. Ich weiss, nichts davon ist böse gemeint, sondern soll mir vermitteln, dass ich nicht alleine bin. Ich weiss auch, dass viele Menschen einzelne Autistische Züge haben, und ich weiss, dass viel mehr Menschen Autistisch sind, ohne es zu wissen. Ich weiss aber nie, wie ich damit umgehen soll. Ich atme ein und atme aus.

Diese beiläufige Reaktion lässt meine Geschichte ausser Acht. Sie lässt ausser Acht, dass ich schon mein ganzes Leben lang wahnsinnige Schwierigkeiten habe, mein Leben in der neurotypischen Welt zu navigieren. Sie impliziert, nur weil ich nicht die Einzige mit diesen Schwierigkeiten bin und viele andere sie auch kennen, sei mir meine Andersartigkeit nicht ständig schmerzlich vor Augen geführt worden. Schon als Kind wurde ich in unzählige Therapien geschickt. Von Psychotherapie bis Auratherapie. Mit 25 begann ich eine Psychoanalyse und lernte dort, meine Gedanken und Gefühle besser in Worte zu fassen. Bei den Beschwerden, die ich im Alltag erlebe, hat sie wenig geholfen. Ich lebte mit dem Gefühl, dass ich mich einfach mehr anstrengen müsse, damit es mir besser geht und die Schuldgefühle und depressiven Phasen weniger werden.“

Zurück