Vortrag mit anschließender Diskussion Boris Blahak: Franz Kafkas Literatursprache. Deutsch im Kontext des Prager Multilingualismus

Boris Blahak: Franz Kafkas Literatursprache. Deutsch im Kontext des Prager Multilingualismus. Böhlau-Verlag Boris Blahak: Franz Kafkas Literatursprache. Deutsch im Kontext des Prager Multilingualismus. Böhlau-Verlag

Mi, 23.03.2016

19:00 Uhr

Goethe-Institut

Lange kannte man Franz Kafkas Deutsch nur aus den postum erschienenen Werkausgaben seines Freundes und „Sachwalters“ Max Brod. Dieser hatte allerdings, um die Verbreitung von Kafkas Schriften zu maximieren, korrigierend in diese eingegriffen, v. a. mit der Absicht, alle „Pragismen“ zu beseitigen, die auf den regionalen Sprachgebrauch der Stadt Prag schließen ließen. So schrieben schon Zeitgenossen wie Kurt Tucholsky oder Hermann Hesse Kafka ein „vorbildliches“, ja: „klassisches“ Deutsch zu. Erst die seit 1982 bei S. Fischer (Frankfurt a. M.) erscheinende Kritische Kafka-Ausgabe, die sowohl Kafkas Autokorrekturen als auch die Eingriffe seiner Herausgeber verzeichnet, eröffnet einen authentischen Blick auf das von Kafka im Alltag verwendete Deutsch und lässt eine formale Rekonstruktion seines Sprachgebrauchs zu.

Auf dieser textkritischen Basis legt die vorgestellte Monographie Franz Kafkas Literatursprache (2015 im Böhlau Verlag)  eine „Fehlergrammatik“ von Kafkas Literatursprache vor und beantwortet die folgenden Leitfragen: Welches Deutsch sprach und schrieb Franz Kafka tatsächlich? Finden sich in seiner Prosa Reflexe eines Dialekts, Spuren der Prager Mehrheitssprache Tschechisch oder Relikte des um 1900 schon fast ausgestorbenen Westjiddischen? Wo manifestiert sich ein österreichischer oder gar ein besonderer böhmischer/Prager Standard des Deutschen im Text? Wie stark nehmen reichsdeutsche Verlage in Leipzig und Berlin Einfluss auf Kafkas Literatursprache? Und schließlich: Inwieweit ist Kafkas Sprachgebrauch repräsentativ für das in Prag um 1910 verbreitete Deutsch?

Boris Blahak  studierte Germanistik, Geschichte, Musik- und Erziehungswissenschaften in Regensburg, Leicester und Brno; 2012 erfolgte die Promotion zum Dr. phil.; seit 1999 lehrt er für die Robert Bosch Stiftung bzw. den Deutschen Akademischen Austauschdienst deutsche Sprach-, Literatur- und Kulturwissenschaft an Hochschulen in Polen, der Slowakei und der Tschechischen Republik, zuletzt am Institut für germanische Studien der Karls-Universität Prag.

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