Andy Jelčić

Andy Jelčić Creative Commons 4.0

Das Gespräch mit Andy Jelčić führten wir auf dem Sportplatz des 5. Gymnasiums in Zagreb. Andy ging dort zur Schule und auf dem Sportplatz verbrachte er seine Freizeit und machte dabei fast den Sprung in den Profibasketball.
 
Wer ist Andy Jelčić?


Ich bin ein Mensch, der sein ganzes Leben lang das tut, was er liebt und der weiß, welche Bedeutung Worte haben.
Meinen Namen verdanke ich der ungarischen Herkunft meines Vaters, denn ich wurde nach dem ungarischen Dichter Endre Ady benannt. Daher also mein Name und daher auch die Aussprache mit „e“.
 
Wenn ich nicht am Übersetzen bin… Hobbys, Interessen?

Sport, Kneipenbesuche, Sezession. „Kneipenbesuche“ ist ein weitreichender Begriff. Das kann ein Treffen mit Kollegen sein, eine Zusammenkunft mit klügeren Köpfen, als ich es einer bin, ein Treffen mit vollkommenen Blödmännern nach dem Sport. So oder anders, an unterschiedlichen Orten, in unterschiedlichen Formaten, es kann auch ein Aufenthalt in einem Wiener Kaffeehaus sein.
 
Als Kind wollte ich…

Als Junge wollte ich Konstrukteur werden, was immer das auch bedeuten mag. Etwas Technisches, etwas, wobei man sich was ausdenkt, hauptsächlich. Vielleicht ist das eine Metapher für das, was später geschah, oder auch nicht.
 
Wenn ich kein Übersetzer wäre, wäre ich…

Wäre ich kein Übersetzer, wäre ich ein Streuner.
 

Stadt oder Land?


Das Land gespickt mit ein bisschen Stadt

 
Sommer oder Winter?

Sommer gespickt mit ein bisschen Winter.

 
Tee oder Kaffee?

Alles zu seiner Zeit.

 
Mein Lieblingsschulfach...

Philosophie, hier, bei Herrn Pitner.

 
Das schlimmste/schwierigste/ langweiligste Schulfach...

Chemie, leider. Das war meine Schwäche. Eine Schande, aber so ist es.

 
Mein/e Lieblingssänger/in...

Annie Lennox, Joe Cocker. Von den Neueren Pink, Zara Larsson.

 
Mein Leibgericht...

Etwas Französisches, etwas Italienisches. Eigentlich Fisch.

 
Die Beatles oder die Stones?

Wie beim Tee und Kaffee - alles zu seiner Zeit. Was das Gesamtwerk angeht, die Beatles.

 
Ich glaube ich bin sehr schlecht in…

Parterre-Gymnastik.
 
Soziale Netze - ja oder nein?


Für andere ja, für mich nicht zwingend.
Nichts Berauschendes?
Nichts Berauschendes.
 
Meine Lieblingsfigur aus meinen Übersetzungen...


Ulrich aus  „Der Mann ohne Eigenschaften“.

Darf ich fragen warum?

Alle Leser identifizieren sich mit ihm, weil er eigentlich kein Mann ohne Eigenschaften ist, sondern ein Mann mit allen Eigenschaften, die jeder gerne hätte - zumindest Männer.
 
Die abstoßendste Figur aus meinen Übersetzungen...

Stein aus meiner neuesten Übersetzung von Henisch. Das ist eine seiner Romanfiguren, die kommt, um den Autor in seinem nächsten Roman zu quälen.
 
Beruht diese Charakterisierung als gut oder schlecht nur auf ihren Eigenschaften als Romanfiguren oder eher darauf, wie es Ihnen beim Übersetzen erging?

Nicht notwendigerweise. Jeder gut geschriebene Text ist für mich gut zu übersetzen, aber ich denke, wenn ich das jetzt einer Psychoanalyse unterziehen würde, wäre die Sache die: Ulrich ist tolerant, Stein ist intolerant. Für mich ist es am wichtigsten, dass Menschen tolerant sind.
 
Wo ich am liebsten übersetze...


Ausschließlich am Schreibtisch mit einem angenehmen, ergonomischen Stuhl.
 
Prosa oder Poesie?


Poesie kann man meiner Meinung nach nicht haufenweise lesen. Poesie ist auch etwas, womit die Dinge gespickt sind. Ich interessiere mich für Poesie, aber nicht so, dass ich den ganzen Tag Gedichte lese. Ich kann ein paar Gedichte lesen, vielleicht einen Teil einer Sammlung. Sie hat also ihren Platz. Prosa ist das Fundament.

Haben Sie in Ihrer Jugend mehr Poesie gelesen? Manche Leute haben ja Phasen, in denen sie mehr oder weniger lesen.

Nein, so habe ich Poesie nie empfunden. Ernsthaft wahrgenommen habe ich Poesie an der Uni, vorher nicht. Es war keine Projektion meiner Gefühle.
 
Und studiert haben Sie...?

Anglistik und Germanistik.
 
Mein/e kroatische/r Lieblingsautor/in...

Zuerst sind das meine Kumpels Miljenko Jergović, Lujo Bauer, Marko Gregur und dann zwei Julianas, Matanović und Adamović.
 
Was ich außer dem Übersetzen, wenn überhaupt, noch beruflich mache, und welcher Beruf mir lieber ist...

Mehr oder weniger war schon von allem die Rede. Halt, nein. Ich schreibe, das habe ich fast vergessen. Ich habe vier Bücher geschrieben.
 
Mein momentanes Lieblingswerk aus der deutschsprachigen Literatur.

Da ich jetzt die Gelegenheit bekommen habe, etwas von Leo Perutz zu übersetzen, muss ich sagen, dass er für mich eine Entdeckung war. Ich hatte vorher nichts von ihm gelesen. Er gefällt mir - so eine Art deutscher Edgar Alan Poe. Von den zeitgenössischen Autoren ist da Clemens Setz. Er meint es ernst mit dem, was er versucht. Ransmayr ist sicherlich auch zu nennen, obwohl er eine oder zwei Generationen älter ist, aber ich mag es, wie er stilisiert. Auch Jenny Erpenbeck gefällt mir gut. Sie habe ich auch übersetzt, Setz nicht. Und wer noch? Doron Rabinovici. Der ist bei uns relativ unbekannt. Ebenfalls ein gescheiter Denker.
 
Pläne für den Sommer, bzw. das Meer oder die Berge?


Die Hochsaison interessiert mich überhaupt nicht. Wenn ich es schaffe irgendwohin abzuhauen, dann für eine Woche gegen Ende des Sommers, aber das ist noch weit hin. Nichts Spektakuläres.