Berlinale Special | Film Blutsauger

Szene aus dem Film © GRANDFILM

Fr, 29.10.2021

17:30 Uhr

Split

August 1928: Während die Arbeiterschaft und die Bauern in Marx’ „Kapital“ nach Erklärungen für die mysteriösen Vampirbissmale ihrer toten Kameraden suchen, taucht im luxuriösen Ostseedomizil der reichen, bezaubernden Erbin Miss Flambow-Jansen ein angeblicher Baron auf. Er entpuppt sich rasch als proletarischer Hochstapler, der aufgrund eines politischen Zwischenfalls um Sergej Eisenstein und Stalin höchstselbst aus der Sowjetunion geflohen ist.
Mit seiner dialektischen Fabel treibt Radlmaier den zu seinem Markenzeichen gewordenen „ironischen Materialismus“ auf die Spitze. Ideologie und Cinephilie sind die Zutaten einer formalistischen Komödie, die die marxsche Metapher vom Kapitalisten als Blutsauger wortwörtlich nimmt. In den Film eingestreute historische Ungereimtheiten weisen dezent auf die Aktualität des Themas hin. Vor allem die abrupte Wendung am Schluss, die Realitätsmanipulation und Fremdenfeindlichkeit andeutet, macht klar: Nicht nur damals, sondern erst recht heute sind Ungerechtigkeit und Verlogenheit an der Tagesordnung. Nach wie vor richten die Unterdrückten die Klassengewalt gegen das falsche Ziel und halten ihre Halsschlagader noch immer den Reißzähnen der Unterdrücker hin.
 
 

Blutsauger, Deutschland, 2021
 

  • Von: Julian Radlmaier
  • 127 Min. ·  U boji
Mit:    
Alexandre Koberidze
Lilith Stangenberg
Alexander Herbst
Corinna Harfouch
 

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