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Gastronomie
Saison der Zerbrechlichen

Den ersten frischen weißen Spargel gibt es meist ab Mitte April.
Spargelsaison | © Dar1930/Colourbox

Während die Spargelwochen in Deutschland nicht wegzudenken sind, werden sie in Tschechien erst in den letzten Jahren wieder zu einem ersehnten kulinarischen Ereignis. Diese Tradition, die in Tschechien durch die Jahre des Kommunismus unterbrochen wurde, kehrt nun langsam zurück und mit ihr die republikweite Leidenschaft für die weißen und grünen Spitzen von den Feldern aus der Region.

Von Petra Pospěchová

Das Thema Spargel ist in Tschechien vor allem in den letzten Jahren interessant geworden. So wissen irgendwie alle, dass diese gewisse Spargelsaison begonnen hat. Weiße und grüne Spargelstangen tauchen in den Supermärkten auf, in Restaurants werden sie von den Vorspeisen bis zu den Desserts in die Speisekarten integriert und sie sind überhaupt überall, wohin man nur schaut. Viele Leute legen sie ganz automatisch in den Einkaufswagen: es ist ja schließlich Spargelsaison! Der Moment der Wahrheit kommt dann zu Hause, wenn sie feststellen, dass sie überhaupt keine Vorstellung davon haben, was man mit diesen anmutig endenden Stümpfchen macht.
 
Während im benachbarten Deutschland die Spargelrezepte von Generation zu Generation weitergegeben werden, so ist diese kulinarische Tradition in Tschechien in den Jahren des Kommunismus verschwunden. Die bourgeoise Delikatesse, für die man den Spargel hielt, gehörte kurzum nicht auf den Teller der Arbeiterklasse. Und er gehörte vor allem nicht zu den Gemüsepflanzen, die sich durch die Methode Aussaat mit Mähdreschern/Bewässerung mit Mähdreschern/Ernte mit Mähdreschern anbauen lassen. Für die meisten nach dem Krieg geborenen Böhmen und Mähren wurde die Pflanze, die den schmackhaften, knackigen Spargelspitzen entstammt, zu „Zierspargel“, also zu einer Blume, die viel Grün für Blumensträuße mitbringt.

In die Kirschen

Die Tradition des Spargelanbaus wurde dabei kaum irgendwo so gepflegt wie in Mähren. Mährischer Spargel war zur Zeit der österreichisch-ungarischen Monarchie ein ebenso bekannter Begriff wie Pilsner Bier. Auf den kaiserlichen Tisch ließ man ihn bis aus Eibenschütz bei Brünn (tsch. Ivančice u Brna) bringen. Heute finden in Ivančice Spargelfeste statt; ihre zentrale sowie essbare „Kultfigur“ wird jedoch aus der Slowakei oder aus der Povltaví-Region in Südböhmen importiert. In der Nähe von Veltrusy, in Hostín u Vojkovic, ist es gelungen, wieder an die heimische Tradition des Spargelanbaus anzuknüpfen. Dadurch ist Vojkovice vor etwa fünf Jahren zu einer Art Pilgerort für einheimische Gourmets geworden und wird heute als Synonym für hochwertigen tschechischen Spargel verwendet.
 
Die Spargelzeit beginnt meistens irgendwann Mitte April und der Mai gilt als Hauptsaison. „Špargl“, wie der Spargel (tsch. „chřest“) umgangssprachlich auf Tschechisch auch genannt wird, wird in Tschechien wie auch in Deutschland in den beiden verbreitetsten Varianten angebaut: grün und weiß. Es handelt sich nicht um unterschiedliche Pflanzen, sondern um die gleiche in zwei verschiedenen Ausgaben.
 
Spargel wächst in einem aufgeschütteten Erdwall, also in einer Art länglichem Hügel, der beim Anbau von weißem Spargel im März mit dunklen, nicht gewebten Textilien abgedeckt wird. In der Vergangenheit wurden zum Abdecken Glocken aus gebranntem Lehm genutzt. Gerade durch diesen Schutz vor der Sonne treiben die Stangen in einem schönen weißen Farbton und zerbrechlicher Beschaffenheit aus. Dass es Zeit für die Ernte ist, lässt sich leicht erkennen: sie heben die Folie an, unter der sie versteckt sind. Die Erdwälle hingegen, von denen grüner Spargel geerntet wird, werden nicht abgedeckt und die Stangen wachsen frei oberhalb der Erde. In beiden Fällen ist die Spargelernte Handarbeit. Und das ist auch einer der Gründe, weshalb er nicht wirklich günstig ist. Ein weiterer Grund ist die Geschwindigkeit, mit der der Spargel verdirbt. Den perfekten Reifegrad erreicht er einen bis zwei Tage nach der Ernte, danach verliert er seine Kraft.
 
Das Ende der Spargelsaison kommt in dem Moment, in dem ein anderes Lebensmittel die Herrschaft über unsere Teller übernimmt: die Kirschen. Genauso wie nach dem alten deutschen Sprichwort, welches besagt: Kirschen rot - Spargel tot. Aber Achtung: in diesem Sprichwort muss auf jeden Buchstaben geachtet werden, sonst wird aus Kirsche Kirche und Sie könnten des Antiklerikalismus bezichtigt werden, wie mir das vor einigen Jahren wegen eines Tippfehlers in einem Artikel passiert ist.
  • Spargelzeit © Dar1930 / Colourbox
    Spargelzeit
  • Die Spargelfelder werden zweimal am Tag (früh morgens und abends) nach austreibenden Spargeln abgesucht. © Henrik Dolle / Colourbox
    Die Spargelfelder werden zweimal am Tag (früh morgens und abends) nach austreibenden Spargeln abgesucht.
  • Junger Spargel © Henrik Dolle / Colourbox
    Junger Spargel

Gebündelter Spargel

Das schnelle Welken der Spargelspitzen ist einer der Gründe, warum man Spargel am besten direkt vom Bauern oder auf dem Markt kauft. Guten Spargel erkennt man leicht: er ist sichtbar fest, es hängt nichts nach unten und er biegt sich nicht. Außerdem sollte er keine stark verholzten unteren Enden haben. Vor allem, wenn die Spargelspitzen recht kurz sind.
 
Ja und wenn Sie sich dann die schönen, frischen Stangen herausgesucht haben, dann kommt der Moment, in dem Sie ratlos in der Küche stehen und denken „Was macht man jetzt damit?“. Falls Sie keine Lust auf Experimente haben, dann habe ich eine wunderbare Nachricht für Sie – Spargel schmeckt auch schon nach dem Kochen allein vorzüglich. Es reicht, sich dabei an ein paar einfache Regeln zu halten: Frischer Spargel sollte waagerecht im Wasser liegen, damit er gleichmäßig gekocht wird. Etwas ältere Stangen müssen hingegen so im Wasser stehen, dass die Spitzen herausschauen und nur im Wasserdampf gedünstet werden. Direkt im Wasser würden sie sonst zerkochen, bevor die unteren Enden gar sind.
 
Es ist besser, die Spargelstangen in Bündeln zu zehn oder zwölf Stangen zusammenzubinden (mit einem Garn aus Naturfasern binden!), als den Spargel einzeln in das kochende, gesalzene Wasser zu legen. Wenn wir ihn einzeln kochen, zerfällt er. Die Wasseroberfläche über dem Spargel kann mit einem Blatt Backpapier abgedeckt werden, welches verhindert, dass die Bündel an der Oberfläche schwimmen und dadurch nicht gleichmäßig erwärmt werden. Es reicht, den Spargel lediglich zwei Minuten auf dem Herd zu lassen, den Topf danach von der Flamme zu nehmen und ihn höchstens zehn Minuten ziehen zu lassen – noch immer unter dem Papier. Schauen Sie auf die Zeit, da zerkochter Spargel im Anschluss nicht mehr zu retten ist.
 
Damit der Topf schneller abkühlt, legen Sie auf einer Seite einen Löffel unter den Boden, wodurch die gesamte äußere Unterseite „belüftet“ wird. Wenn die Bündel beginnen, zum Boden abzusinken und sich die unteren Teile im Wurzelbereich mit einem Messer wie weiche Butter zerschneiden lassen, dann ist der Spargel fertig.
 
Im Anschluss reicht es, den gekochten Spargel mit zerlassener Butter zu übergießen und mit gerösteten Semmelbröseln zu bestreuen oder ihn zum weiteren Kochen zu verwenden: beispielsweise für ein Risotto. Falls Sie Spargel z.B. zu einer Quiche hinzugeben wollen, dann sollten Sie ihn vorher gar nicht erst warm zubereiten – das gilt zumindest für grünen Spargel. Es genügt, die unteren Enden einzuschneiden. Wer grünen Spargel übrigens in seiner reinsten Form probieren möchte, kann ihn roh schnurpsen.

Rezepte zum Thema

Risotto mit Spargel und Morcheln
Spargelsalat mit Paprika
Grüner Spargel Grüner Spargel | © Marian Vejcik / Colourbox

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