André Wilkens, Deutschland
The Clash: Should I stay or should I go

Für André Wilkens ist „Should I stay or should I go“ der Soundtrack für den Brexit. In seinem Beitrag plädiert der Direktor der European Cultural Foundation vor allem für eins: Lasst uns Freunde bleiben.
 

Von André Wilkens

In letzter Zeit habe ich wieder öfter „The Clash“ und ihren Song ‚Should I stay or should I go‘ gehört.
 
Der Song beschreibt eine Beziehung, die schon mal bessere Zeiten gesehen hat. Es wird gezankt, man nervt sich, mancher Tag ist gut, der nächste schlecht. Er fühlt sich von ihr unterdrückt, hat das Gefühl, dass sie ihn auf den Knien sehen will. Sogar seine Klamotten gefallen ihr nicht mehr, wahrscheinlich zu exzentrisch. Früher stand sie mal drauf, oder war das auch nur gespielt? Will sie ihn gar loswerden? Er weiß einfach nicht weiter. Er nennt sie Darling. Liebt sie ihn noch? Liebt er sie noch? Haben sie sich jemals geliebt? Wenn sie ihm nur sagen würde, dass er bleiben solle, er würde es tun, sogar bis ans Ende aller Zeit, heißt es im Lied. Er weiß, egal wie er sich entscheidet, es wird schwierig bleiben. Wenn er geht, wird es Ärger geben, und wenn er bleibt, wahrscheinlich noch mehr.
The Clash hat mit „Should I stay or should I go“ den Soundtrack für den Brexit geschrieben. 
 


 
Am 23. Juni 2016 haben 52 Prozent der Britten in einer Volksbefragung dafür gestimmt zu gehen, die EU zu verlassen. 48 Prozent der Britten wollten lieber bleiben, vor allem die jüngeren, die besser gebildeten, die Städter, die Schotten und die Nordiren. Es war eng, die Befürworter von ‚Go‘ haben mit harten Bandagen gekämpft, gelogen, Nationalismen angeheizt. Eine Abgeordnete der „Stay“-Seite wurde ermordet. Fakten wurden als unnötiger Firlefanz diskreditiert. Nach dem Referendum wurde klar, dass die Go-Seite überhaupt keinen Plan hat für die Zeit danach. Es ging um Egos, um verstaubte Nostalgie, um die Wut und den Spaß, es denen da oben mal zu zeigen. Bei manch einem hat wohl auch die Lust auf „Anarchy in the UK“ mitgespielt. So kommt es ja auch meist zu Scheidungen, und nicht indem man sich ruhig und rational vorrechnet, ob eine Trennung nun praktischer wäre oder nicht. Trennung und Scheidung sind emotional. Die 52 Prozent waren emotionaler. Der Bauch hat über den Kopf gewonnen.
 
Scheidung tun weh. Auf beiden Seiten. Auch in diesem Falle. Da gibt es viel zu regeln, nachdem man 43 Jahre zusammengelebt hat, gemeinsam am Haus gebaut hat, Regeln erstellt, Kinder gezeugt hat. Das alles auseinander zu fummeln, wird eine Fleißarbeit sein.
 
Lasst uns eine vernünftige Scheidung hinbekommen, wie unter Erwachsenen, so weit möglich. Und verdammt, lasst uns Freunde bleiben.
 

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