Upcycling
Mode: Aus alt mach neu

„Made Out Of Trash“: Moot macht Mode aus alter Bettwäsche, die das Label von der Berliner Stadtmission oder dem Roten Kreuz bezieht.
„Made Out Of Trash“: Moot macht Mode aus alter Bettwäsche, die das Label von der Berliner Stadtmission oder dem Roten Kreuz bezieht. | Foto (Detail): © Nils Neubauer

Louis Vuitton zeigt edle Sneaker aus alten Turnschuhen, Miu Miu verpasst Levis-Jeans ein stylisches Upgrade und Balenciaga schafft zottelige Mäntel aus Schnürsenkeln: Auf den internationalen Laufstegen ist der Upcycling-Trend angekommen. Auch deutsche Designer*innen setzen auf wiederverwertbare Materialien.
 

Von Petra Schönhöfer

UTI EXI: Nutze das Vorhandene

Uti existentium © Foto (Detail): © Liridona Jahaj / UTI EXI Uti existentium Foto (Detail): © Liridona Jahaj / UTI EXI
„Uti existentium“ ist Latein für „Nutze das Vorhandene“ und beschreibt die Mission von Designerin Maya Köndgen perfekt: Sie verwendet nur bereits existierende Materialien wie Vorhänge, Tischdecken, Zelte, Duschvorhänge und Verpackungsmaterialien. In der Kategorie „Reworks“ finden Modefans umgearbeitete Secondhand-Stücke wie zum Beispiel ausgefallene T-Shirts. Unter die Rubrik „Repurposes“ fallen glänzende Hosen aus Duschvorhängen oder romantische Hoodies aus Vorhangspitze. Das Berliner Label UTI EXI wurde schon auf Fashion-Pop-Up-Events in Paris und München präsentiert und war beim Frankfurt Style Award 2020 in der engeren Auswahl.

Daniel Kroh: Upcyling-Pionier

Daniel Kroh © Foto (Detail): Daniel Kroh Daniel Kroh Foto (Detail): Daniel Kroh
Der gelernte Herrenschneider und Modedesigner Daniel Kroh gehört zu den Upcycling-Pionieren. Bereits seit 2006 verwandelt er Arbeitskleidung wie Malerkittel und Blaumänner zu hochwertiger Mode, Interior-Design und Accessoires. Die Stücke werden in Berlin und zu 100 Prozent in Handarbeit gefertigt. Gebrauchsspuren wie Brandlöcher, Farbflecken oder geflickte Risse bleiben dabei erhalten und erzählen vom bewegten Vorleben der Unikate.

Jan’n June: Bestrickender Tierschutz

JAN ’N JUNE © Foto (Detail): JAN ’N JUNE JAN ’N JUNE Foto (Detail): JAN ’N JUNE
International vertrieben werden die Produkte des 15-köpfigen Teams von Jan’n June in Hamburg. Hier wird Mode mit Stoffen aus bestehenden Ressourcen geschaffen, etwa aus recyceltem Polyester. Die „Handle-with-Care“-Kollektion zeigt lässigen Strick aus wiederverwertetem Kaschmir. Ein wichtiger Beitrag zum Tierwohl, denn Tierschutzorganisationen machen immer häufiger auf das Leid der Kaschmir-Ziegen aufmerksam.

Wiederbelebt: Minimalistische Wohlfühlmode

Wiederbelebt © Foto (Detail): © Jo Hannes Klingelhöfer/Wiederbelebt Wiederbelebt Foto (Detail): © Jo Hannes Klingelhöfer/Wiederbelebt
Aus industrieller Überschussware anderer Textilunternehmen fertigt das Team um Sarah Kürten und Oguzhan Deniz zeitlose Kleidung im minimalistisch-skandinavischen Stil, die gut kombinierbar ist und lange hält. Aus dem Atelier in Stuttgart kommt Wohlfühlmode mit Gutem-Gewissen-Faktor: Das Team bearbeitet alle Textilien in fairer und nachhaltiger Weise. Da es ausschließlich Überschussware nutzt, kommt das Label auf 100 Prozent Rohmaterialeinsparung und 90 Prozent weniger Energie- und Wasserverbrauch, als wenn es die Stoffe neu produzieren würde.

Moot: Musterlook für Mutige

Nils Neubauer © Foto (Detail): Nils Neubauer Moot: Musterlook für Mutige Foto (Detail): Nils Neubauer
„Made Out Of Trash“ sind die Entwürfe von Nils Neubauer und Michael Pfeifer. Aus alter Bettwäsche, die das Label von der Berliner Stadtmission oder dem Roten Kreuz bezieht, fertigen sie T-Shirts, Jacken, Hosen und Accessoires. Die wild gemusterten Longsleeves oder Sommerkleider sind echte Statement-Stücke, die ein wenig Tragemut voraussetzen. Doch der Mut lohnt sich, denn mit jedem Kauf unterstützt man einen karitativen Zweck.

NONOI Studio: Schlips ohne Kragen

NONOI Studio © Foto (Detail): © NONOI Studio NONOI Studio Foto (Detail): © NONOI Studio
Das Hamburger Label NONOI (Wortspiel: „nicht neu“) produziert aus Secondhand-Ware limitierte Unikate, die avantgardistisch und zugleich tragbar sind. Alte Kleidung kann gespendet werden, wobei das Team um die beiden Gründerinnen Sophie Koop und Katharina Rybakov ausschließlich auf natürliche Materialien wie Seide, Baumwolle, Leinen und Kaschmir achtet. Besonders gefeiert als edle Accessoires: Gürtel, Scrunchies und Haarbänder aus ausrangierten Seidenkrawatten.

Initiative RAUM B der Universität Oldenburg: Kluge Konsumkunst

Raum B / Universität Oldenburg © Foto (Detail): © Projekt "RaumB" vom Institut für Materielle Kultur der Universität Oldenburg, Leitung: Petra Eller Raum B / Universität Oldenburg Foto (Detail): © Projekt "RaumB" vom Institut für Materielle Kultur der Universität Oldenburg, Leitung: Petra Eller
Das Projekt RAUM B des Studiengangs Kunst, Materielle Kultur und Musik an der Universität Oldenburg beschäftigte sich mit Konsumverhalten am Beispiel Kleidung, unserer „Zweiten Haut“. Dafür sammelten Studierende Geschichten aus den Kleiderschränken der Republik, fragten die Menschen nach ihren ältesten Kleidungsstücken oder legendärsten Fehlkäufen. Darüber hinaus boten sie Alternativen an: das Besticken von getragenen Kleidungsstücken, komplette Outfits zum Leihen, Entwürfe aus recycelten Materialien oder das sichtbare Flicken von Kleidungsstücken, Visual Mending genannt.

Bridge & Tunnel: 50 Shades of Blue

Bridge&Tunnel Wilhelmsburg © Foto (Detail): © Bridge&Tunnel Wilhelmsburg Bridge&Tunnel Wilhelmsburg Foto (Detail): © Bridge&Tunnel Wilhelmsburg
Constanze Klotz und Lotte Einhorn lassen ihre Designs von gesellschaftlich benachteiligten Menschen mitten in Hamburg-Wilhelmsburg anfertigen. Sie verwenden dabei Alttextilien und Materialüberschüsse aus Denim. Auch die eigene Lieblingsjeans kann man dort verarbeiten lassen. So entsteht ein Universum aus recycelten Blautönen, das auch unserem blauen Planeten gefallen dürfte.

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