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Filmkatalog

Über den Filmkatalog

Bildausschnitt: beleuchteter, festlicher, vertäfelter Filmvorführraum

Enrique Sánchez Lansch, Thomas Grube
Rhythm Is It!

  • Produktionsjahr 2004
  • Farbe / LängeFarbe / 104 Min.
  • IN-Nummer IN 1831

Das erste große “Education-Project” der Berliner Philharmoniker: Unter der Anleitung des Briten Royston Maldoom studieren 250 Kinder und Jugendliche unterschiedlicher sozialer und geographischer Herkunft dessen Choreographie zu Strawinskys “Le Sacre du Printemps” ein. Parallel proben die Berliner Philharmoniker unter Sir Simon Rattle Strawinskys Komposition. Am Ende des mitreißenden Dokumentarfilms steht die umjubelte Aufführung in der Treptow-Arena.

In einer Turnhalle warnt Royston Maldoom seine neuen Schüler und erklärt, er werde streng sein mit ihnen. Keiner von ihnen hat bislang irgendeine Erfahrung mit klassischem Tanz gemacht. Der Choreograph weiß, dass ihm eine schwere, wenngleich durchaus vertraute Aufgabe bevorsteht. Seine Strenge heißt, dass er sich und den Kids die Arbeit nicht einfach machen wird: Das bedeutet auch, dass er sie ernst nimmt und ihnen jedwede Zuwendung zuteil werden läßt.

In der Philharmonie erzählt Sir Simon Rattle den Musikern seines Orchesters von der Gründung einer Tanzgruppe mit Kindern und Jugendlichen im Alter von 8 bis 20 Jahren unterschiedlichster sozialer wie geographischer Herkunft. Es geht um junge Menschen, fügt der Dirigent hinzu, die sich wohl sonst eher bekämpfen. Und er erläutert seine Vorstellung von Musik: “Sie ist auch das, was sie für die Menschen bedeutet und was sie für diese tun kann. Musik kann den Menschen zeigen, was sie miteinander verbindet.”

Vor dem Backsteingebäude einer Schule in Berlin-Kreuzberg, sie gilt als “schwierig”, stehen einige Jugendliche: Trotz aller Skepsis verspüren sie eine gewisse Vorfreude; sie ist indes nicht so vital wie die charismatische Begeisterung, mit der sich Sir Simon Rattle auf das erste große “Education Project” der Berliner Philharmoniker einläßt. Rattle arbeitet mit Profis, Maldoom mit Amateuren, denen er erst, so schrecklich das klingen mag, “Disziplin” beibringen muss. Er kennt deren Probleme, er weiß, dass sie nur wenig Selbstvertrauen haben, dass es ihnen schwer fällt, nicht ständig zu quatschen, zu kichern und herumzualbern. Wer ihm nicht genau zusieht und zuhört, könnte seine Arbeit vielleicht sogar als “Dressurakt” missverstehen. Seine Schüler müssen lernen, sich geräuschlos zu bewegen, sich zu konzentrieren, ihre Probleme hinter sich zu lassen - und sich vor allem zu plagen. Künstlerisch heißt das zunächst, sie müssen die Kraft der Ruhe begreifen und verstehen, dass alles, was sie hier tun, “über den Körper laufen” muss. Doch Maldooms Arbeit führt darüber weit hinaus, wenn er den Jungen und Mädchen klarzumachen versucht: “Ohne Disziplin habt ihr keine Zukunft!” Sein “Programm”: die Jugendlichen ständig fordern und nie überfordern. Seine Choreographie ist einfach, denn seinen Schülern muss “alles machbar” erscheinen. Und es ist ihm stets bewußt: “Die Idee, dass man hart arbeiten muss, gehört nicht zu ihren Erfahrungen!”

Die beiden Dokumentaristen Thomas Grube und Enrique Sánchez Lansch rücken drei Jugendliche - stellvertretend für die vielen anderen an dem Projekt beteiligten Kids - in den Vordergrund und befragen sie während der fünf Wochen dauernden Proben immer wieder. Die Veränderungen, die in Marie, Martin und dem aus Nigeria stammenden Waisen Olayinka vorgehen, sind nicht zu übersehen. Royston Maldoom, der sich keineswegs als Sozialarbeiter, sondern als engagierter Künstler versteht, wird dabei wunderbar bestätigt: “Ihr könnt euer Leben ändern - durch das Tanzen”, hatte er ihnen in der zweiten Probenwoche erklärt. Er verfügt über einen unglaublichen Blick und eine enorme Sensibilität im Umgang mit seinen Schülern, als könne er deren Probleme und Konflikte mühelos an ihren Körpern ablesen. Seine Kunst erweist sich als Möglichkeit der Therapie - ohne dass die Kunst dabei irgendeine Art von Selbstverleugnung betreiben müßte. “Man sieht, wie in die ungelenken Körper Selbstbewusstsein einzieht, wie Trägheit schwindet, wie frustrierte Gesichter zu leuchten beginnen, wie Anstrengung manche begeistert und über sich selbst hinausträgt, und man beginnt zu ahnen, warum Freiheit und Bildung einst als Geschwister galten. Hier konnten Kinder entwickeln lassen, was in ihnen steckt. Man möchte wetten, dass sie in künftigen Tests von dieser Erfahrung profitieren können.”. (Jens Bisky, Süddeutsche Zeitung)

Lange zeigen die beiden Dokumentaristen die Proben der Tänzer und die Proben der Philharmoniker getrennt, als parallel montierte Sequenzen. Dabei entwickelt ihre Arbeit einen eigenen visuellen Rhythmus, den es so ausgeprägt im Dokumentarfilm selten gibt. Später mischt sich dann zunehmend die Musik des Orchesters in die Proben der Schüler. Wenn diese schließlich in der fünften Woche erstmals eine Orchesterprobe besuchen, an deren Beginn ihnen Sir Simon Rattle eine wunderbare Einführung in Strawinskys Komposition gibt, sorgt diese Begegnung für einen bewegenden, geradezu utopisch schönen Moment - auch durch die emotionale Wärme, die in krassem Gegensatz steht zu den unwirtlichen, kalten Einstellungen von Berlin, die als trennende Bilder zwischen die Sequenzen montiert wurden.

“Wir haben versucht, eine eigene Filmsprache zu finden. Genres vermischen sich manchmal dabei. Mir geht es darum, dass Geschichte emotional erlebbar wird, wozu ich dramaturgisch oft Mittel des Spielfilms einsetze. Auch ein Dokumentarfilm kann ein Abenteuer, eine Entführung sein - und gerne auch subjektiv. Wobei ich die Bezeichnung >Musikfilm< gerne mag. Musik ist viel mehr als das, was wir hören. Ich glaube an die Zukunft des Musikfilms, der nicht nur schöne Musik illustriert, sondern emotionale Geschichten erzählt - über Musik und was sie den Menschen bedeutet.” (Thomas Grube)

Die Gesellschaft, erklärt Sir Simon Rattle, brauche mehr kreative Menschen. Er sieht eine enge Verbindung zwischen Strawinskys “Le Sacre du Printemps” und der humanen Aufgabe, die er sich bei diesem Projekt gestellt hat: “Es gibt einen Teil im Gehirn, den prä-zivilisierten Teil des Gehirns, den uns wahrscheinlich die Echsen vererbt haben, wo der Rhythmus alles ist. Die erste Kommunikation geschah durch den Rhythmus, bevor es Wörter gab.” Und so werden hier der Tanz und sein Rhythmus ein universelles, nonverbales Mittel der Kommunikation zwischen diesen Jugendlichen.

“In der Handlung des Sacre geht es um Erziehung, um Weitergabe von Wissen. Es geht darum, der jungen Generation zu helfen, erwachsen zu werden, indem man sie in die Geheimnisse des Zusammenlebens und der Natur einweiht, durch die Ausübung von Riten, kultischen Tänzen. Die Parallelen zum Verlauf des Workshops und der Thematik unseres Films sind unverkennbar. Und die elementare Härte ihrer Lebenswelt, der sich die Jugend in Strawinskys Ballett ausgesetzt sieht und die sich in der Musik ausdrückt, schlägt den Bogen zum schwierigen Umfeld, in dem viele der Kids aus dem Sacre-Projekt leben.” (Enrique Sánchez Lansch)

Ganz am Anfang und ganz am Ende hört man Hiphop: Musik, die dem Lebensgefühl der Kinder und Jugendlichen sicher näher steht als das Werk Strawinskys. Und doch hat sie die Erfahrung mit “Le Sacre du Printemps” verändert. Das könnte sich auch auf den Betrachter von RHYTHM IS IT übertragen, als neue Zuversicht - gegenüber diesen Kids und der Kunst und der Welt.

Hans Günther Pflaum

Produktionsland
Deutschland (DE)
Produktionszeitraum
2003/2004
Produktionsjahr
2004
In Zusammenarbeit mit
Arte Deutschland TV GmbH (Baden-Baden) || Dance United
Farbe
Farbe
Bildformat
1:1,85
In Koproduktion mit
Cine Plus Media Service GmbH & Co. KG (Berlin) || Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) (Berlin + Potsdam)

Länge
Langfilm (ab 61 Min.)
Gattung
Dokumentarfilm
Thema
Gesellschaftliche Teilhabe, Ausbildung, Tanz / Theater, Musik
Zielgruppe
Jugendfilm (12-17 Jahre)

Rechteumfang
Nichtexklusive nichtkommerzielle öffentliche Aufführung (nonexclusive, noncommercial public screening),Keine TV-Rechte (no TV rights)
Anmerkungen zur Lizenz
DVD zusätzlich mit serbischen und litauischen UT
Bibliothekenrechte: ja
Lizenz bis 31.05.2024 - Klärung VV
Lizenzdauer bis
31.05.2024
Permanente Sperrgebiete
Deutschland (DE), Österreich (AT), Schweiz (CH), Liechtenstein (LI), Südtirol (Alto Adige)

Verfügbare Medien
DVD, 35mm
Originalfassung
Deutsch (de), Englisch (en)

DVD

Untertitel
Deutsch (de), Englisch (en), Französisch (fr), Spanisch (es), Portugiesisch (Bras.) (pt), Chinesisch (zh), Japanisch (ja), Russisch (ru), Koreanisch (ko), Serbisch (sr), Litauisch (lt)

35mm

Untertitel
Englisch (en), Französisch (fr), Spanisch (es), Portugiesisch (Bras.) (pt), Russisch (ru), Chinesisch (zh), Japanisch (ja), Deutsch (de), Koreanisch (ko)