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Woche 4
Wie die Zeit vergeht…

Nun sitze ich hier, an meinem Schreibtisch und mir scheint die frühherbstliche Sonne ins Gesicht. Ich freue mich über die noch sommerlichen Temperaturen (24 Grad!!!) sowie den strahlend blauen Himmel und lasse die vergangene Woche Revue passieren. Ich realisiere, dass sich bereits meine vierte Woche in China dem Ende zuneigt. Manchmal fühlt es sich so an, als wäre ich gerade erst angekommen und im nächsten Moment denke ich, ich wäre schon eine halbe Ewigkeit hier. Ein gewisser Alltag hat sich eingeschlichen und doch erlebe ich jeden Tag Neues. Dinge, von denen ich dachte, ich würde mich nie daran gewöhnen, sind bereits zur Normalität geworden. Um nur ein paar Beispiele zu nennen: Es wundert mich nicht mehr, dass Menschen im Schlafanzug auf die Straße gehen, dass man sowohl im Schlafanzug, als auch in Anzug und Krawatte das Laufband im Fitnessstudio benutzen kann und dass Kleinkinder Schlitze in ihren Hosen haben, um immer und überall ihr kleines und großes Geschäft verrichten zu können.

Anderes wiederum verstehe ich noch nicht oder besser gesagt: Ich habe mich noch nicht daran gewöhnt. Das ständige Hupen der Autos ist sehr nervenaufreibend und reißt mich oft aus dem Schlaf. Jeden einzelnen Tag brüllen Mitarbeiterinnen der Geschäfte die Angebote durch ein Megafon. Je lauter, desto besser. Trotzdem betritt niemand das Geschäft. Und wieso schauen die Menschen in der U-Bahn ihre Videos eigentlich ohne Kopfhörer? Warum steht jeden Morgen eine Horde von Menschen vor den Juweliergeschäften? Wieso sind blonde Haare und blaue Augen ein so beliebtes Fotomotiv?

Ich merke immer wieder, dass der Mensch ein Herdentier ist. An gewisse Verhaltensweisen passe ich mich selbst nämlich schon an. Ich erwische mich manchmal dabei, dass ich in der U-Bahn-Station auch drängele, um nicht auf die nächste Metro warten zu müssen. Ich suche den letzten freien Zentimeter, quetsche mich rein und fühle mich dabei wie in einer Sardinenschachtel. Einmal tief durchatmen und „egal“ denken. Die Hoffnung auf einen Sitzplatz habe ich längst aufgegeben. Ich benutze mein Handy, während ich laufe und remple dabei manchmal versehentlich meine Mitmenschen an. Auch das Stampfen oder Klatschen, um das Licht im Hausflur anzuschalten, klappt mittlerweile ganz gut (nun ja, das Licht funktioniert nur auf jeder zweiten Etage).

Weil Wiedersehen Freude macht…
Freitagabend machte ich mich auf den Weg zum Nordbahnhof, um Anuschka abzuholen, die ihr Praktikum in Wuhan absolviert. Wir kommen beide aus Hannover und während des Ausreiseseminars in München stellten wir fest, dass wir uns irgendwie bekannt vorkommen. Tatsächlich begegneten wir uns bereits zuvor, da wir im gleichen Nachhilfe-Institut gearbeitet haben. Die Welt ist wirklich klein! Ich erzählte ihr, dass meine Nachbarin Ana und ich uns zum „Xianease Halloween Pub-Crawl“ angemeldet haben und sie uns gerne begleiten könne. Gesagt, getan. Wir bastelten uns Last-minute Zombie-Kostüme, denn es wurde explizit darauf hingewiesen, in Verkleidung zu erscheinen. Welch ein Spaß!
Während Anuschka den halben Samstag bei den Terrakotta-Kriegern verbrachte, die ich ungern ein zweites Mal sehen wollte, verabredete ich mich mit Flo, der Französisch-Lehrerin. Ich freute mich bereits die ganze Woche auf unseren Ausflug zu Metro. Auch wenn ich das chinesische Essen wirklich liebe und genieße, so muss ich mir eingestehen, dass mir die ein oder andere Sache doch fehlt. Um mir ein bisschen Heimat nach China zu holen, wollte ich ein paar internationale Produkte ergattern. An oberster Stelle stand Kaffee. Ich fühle mich wie auf Entzug. Ganz zu meiner Freude wurde ich schnell fündig und es landeten noch einige andere Dinge, wie Käse, Schokolade, Tee und Nüsse, in meinem Einkaufswagen.

© Charlene Hennecke
Morgendliches Xi‘an
 
Xianease Halloween Pub Crawl
Am späten Nachmittag begannen wir mit unseren Vorbereitungen für den bevorstehenden Abend. Zu den Kostümen sollte noch ein mehr oder weniger aufwendiges Make-up gehören. Dank Youtube und Anas Hilfe war ich am Ende sogar mehr als zufrieden.

Getting ready for Halloween Getting ready for Halloween | © Charlene Hennecke Gutgelaunt machten wir uns auf den Weg zur U-Bahn-Station. Dass wir angeguckt und fotografiert wurden, verwunderte uns inzwischen nicht mehr. Trotz Orientierungslosigke erreichten wir den Treffpunkt mehr als pünktlich, irgendwie typisch Deutsch. Nach und nach trudelten immer mehr verkleidete Halloweenbegeisterte ein. Obwohl die Veranstaltung nicht explizit für Internationale war, waren „wir“ in der Überzahl. Es mag komisch klingen, doch für einen Moment fühlte es sich gut an, nicht mehr „die eine Ausländerin“ zu sein. An der Spitze war Tim, unser Guide des Abends, vermutlich ein Engländer, der uns in seinem wirklich verrückten Buddha-Kostüm (natürlich bauchfrei!) oftmals zum Lachen brachte. Ich hoffe, er hat sich „warm“ getrunken und musste keine Erkältung davontragen. Er führte uns entlang der schönen (und gut erhaltenen) Stadtmauer durch zahlreiche Pubs. In der ersten Bar standen bereits Shots für uns bereit. Ich war ein wenig misstrauisch und für den Anfang war mir das ein wenig zu hart. So entschied ich mich für einen Mojito (haha!), damit kann man schließlich nichts falsch machen. Wir zogen von Bar zu Bar und (natürlich) wurde die Stimmung immer besser. Die Truppe war bunt gemischt, was den Abend wirklich sehr interessant gestaltete. Ich hätte mir die chinesische Kneipenkultur irgendwie anders vorgestellt, doch ich war positiv überrascht. In jeder Bar gab es eine Live-Band, eine Sängerin oder einen Sänger, was zu einer guten Atmosphäre beigetragen hat. Viel zu spät machten wir uns auf den Weg zurück zum Appartement. Ab 23 Uhr werden hier die Tore verschlossen und so mussten wir leider den Wächter wecken. In mir löste das ein schlechtes Gewissen aus, doch zum Glück hat Ana diesbezüglich weniger Skrupel als ich.
  • Halloween mit meiner Nachbarin Ana und Mitpraktikantin Anuschka © Charlene Hennecke
    Halloween mit meiner Nachbarin Ana und Mitpraktikantin Anuschka
  • Halloween mit meiner Nachbarin Ana und Mitpraktikantin Anuschka © Charlene Hennecke
    Halloween mit meiner Nachbarin Ana und Mitpraktikantin Anuschka
  • Halloween mit meiner Nachbarin Ana und Mitpraktikantin Anuschka © Charlene Hennecke
    Halloween mit meiner Nachbarin Ana und Mitpraktikantin Anuschka
Bis in ein paar Tagen!
Bevor Anuschkas Zug zurück Richtung Wuhan ging, machten wir uns noch viel zu müde auf den Weg ins Stadtzentrum. Doch das sommerliche Wetter ließ uns schnell aufwachen. Ich überlegte bereits vorher, was man in Xi’an unbedingt gesehen haben muss und entschied mich für einen Spaziergang auf der Stadtmauer und einen Besuch im muslimischen Viertel. Als wir am Nordtor der Stadtmauer ankamen, zückten wir natürlich unseren Studentenausweis, um lediglich die Hälfte des Eintritts zu bezahlen. Allerdings entgegnete uns die Dame eher unfreundlich mit der Antwort, dass dies nur für chinesische Studenten gelte. So leicht wollte ich mich natürlich nicht abspeisen lassen und wir versuchten es am nächsten Schalter. Was soll ich sagen? Man muss es nur versuchen. Statt 54 Yuan zahlten wir also nur 27 und so konnten wir unseren Spaziergang im Sonnenschein genießen.
  • Ausflug zur Stadtmauer Xi‘ans © Charlene Hennecke
    Ausflug zur Stadtmauer Xi‘ans
  • Ausflug zur Stadtmauer Xi‘ans © Charlene Hennecke
    Ausflug zur Stadtmauer Xi‘ans
Ganz zu unserer Freude hielt sich die Menschenmenge in Grenzen. Ob das an der drückenden Sonne lag? Der Besuch im muslimischen Viertel rundete das Wochenende perfekt ab und ich verabschiedete Anuschka bis Donnerstag, denn dann werden wir uns in Peking zum Zwischenseminar wiedersehen!
Ausflug zur Stadtmauer Xi‘ans Ausflug zur Stadtmauer Xi‘ans | © Charlene Hennecke

 

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