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Blog #5
INKLUSION – GEMEINSAM VERSCHIEDEN SEIN

Der kleine Deutschclub
In einem meiner bisherigen Blogs habe ich bereits erwähnt, dass ich jeden Dienstag den Club Alemão übernehmen darf. Der Club Alemão, also der Deutschclub, ist ein von der Schule aus organisierter Club, in dem alle Inklusionskinder zusammenkommen und gemeinsam Deutsch lernen. Die Besonderheit dieses Clubs ist, dass nicht nur Inklusionskinder teilnehmen, sondern auch Regelschüler*innen, die dem normalen Deutschunterricht nicht so schnell folgen können bzw. noch einmal eine Wiederholung brauchen.
Nachdem ich nach einigen Praktikumswochen an der Schule vollständig integriert war bzw. ich mich richtig eingegroovt hatte, wurde ich von meiner Mentorin gefragt, ob ich diesen Club übernehmen möchte. Anfangs war ich zugegebenermaßen etwas unsicher, da ich keinerlei Erfahrung mitbrachte und auch bisher keine Kurse in der Sonderpädagogik belegt hatte. Wie läuft da die Differenzierung? Welches Tempo ist für alle gut? Was ist, wenn die Lernvoraussetzungen oder Lernherausforderungen zu groß sind und ich die Kinder auf keinen gemeinsamen Nenner bekomme?

  • Der Club Alemão © Katharina Djuric
    Der Club Alemão
  • Die fleißige Carolina © Katharina Djuric
    Die fleißige Carolina
Pädagogik der Vielfalt
Nun wieder ein paar Wochen später haben diese Kinder mittlerweile einen sehr großen Platz in meinem Herzen ergattert und ständig muss ich an Annedore Prengel denken, mit der ich mich bereits mühselig in der Staatsexamensvorbereitung beschäftigte. Für diejenigen, die bisher noch nichts über Prengel gelesen haben: sie ist die Erziehungswissenschaftlerin schlecht hin, wenn es sich um die Inklusion bzw. wie sie es so schön sagt, um die Pädagogik der Vielfalt handelt. In der Pädagogik ist die Inklusion eines der umstrittensten Themen, da viele Erziehungswissenschaftler*innen der Meinung sind, dass Inklusion entweder nicht funktionieren kann oder eine belastende Herausforderung darstellt – andere wiederum, wie unter anderem Frau Prengel, sagen, dass Inklusion eine Chance ist; mehr sogar – eine Bereicherung!
Um ehrlich zu sein, war ich mir damals nicht sicher, welche Stellung ich einnehmen sollte, da mir ohne Praxisbezug und keinerlei Erfahrung in diesem Bereich die Diskussion schwerfiel – gut, dass diese Themenstellung im Staatsexamen damals nicht drankam ;-)
 
Doch jetzt verstehe ich tatsächlich, nachdem ich hier in Zentralportugal diesen kleinen Club übernehmen darf, was Annedore Prengel eigentlich damit meint. Sind die Rahmenbedingungen, wie etwa Klassenaufteilung, Materialien, Sonderpädagogen zur erweiterten Unterstützung, Zeit sowie die richtige Klassengröße gegeben, ist es eine unglaublich wunderschöne Erfahrung zu sehen, wie Regel- und Inklusionskinder miteinander und voneinander lernen können, sich gegenseitig unterstützen und demnach das Sozialverhalten dadurch wächst. Achtung, Toleranz, Geduld und Respekt stehen hier an der Tagesordnung. Es ist nicht nur für Schüler*innen eine Bereicherung, sondern auch für mich als Lehrerin ist es eine wirklich wertvolle Erfahrung. Man versteht, dass es wirklich nicht darauf ankommt, ob man das gleiche Alter, die gleiche kognitive Entwicklung, eine Behinderung oder andere Einschränkungen, etc. hat und demnach in Schulformen mehr oder weniger selektiert wird – wir sind alle gleich, egal wie wir zum Ort Schule kommen. Behandeln wir uns gegenseitig dementsprechend auf Augenhöhe und lernen in einem so guttuenden Umfeld miteinander, hört die Exklusion auf und die Inklusion beginnt!
 
Für die Finnen, die in Sachen Erziehung und Pädagogik die unschlagbaren Vorreiter sind und bei der PISA-Studie regelmäßig die vorderen Plätze belegen, ist es schon seit Jahrzenten eine Selbstverständlichkeit, dass alle Kinder miteinander lernen – dort gibt es nicht einmal Sonderschulen. So langsam wäre es wirklich an der Zeit unser dreigliedriges Schulsystem zu überdenken und die Exklusion, die vielen Kindern schadet, abzuschaffen – denn am Ende sind wir doch alle gleich und sollten gemeinsam verschieden sein. 

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