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Blog #2
Die Schule für europäische Sprachen

Meine Schule
Die Gesamtschule für europäische Sprachen oder auch St. Kyrill Schule ist eine staatliche Schule mit Sprachfokus. Die Kinder lernen hier von der 1. bis zur 12. Klasse. Insofern ist die Schule mit 1269 Schüler*innen ziemlich groß und größer als die Schulen, die ich bis jetzt in Deutschland kenne. 

  • Die Gesamtschule für europäische Sprachen © Mara Heiden
    Die Gesamtschule für europäische Sprachen
  • Der zweite Stock © Mara Heiden
    Der zweite Stock
  • Der zweite Stock © Mara Heiden
    Der zweite Stock
  • Der kleine Kiosk in der Schule © Mara Heiden
    Der kleine Kiosk in der Schule
Wegen der großen Anzahl der Schüler*innen wird in Schichten unterrichtet. Eine Klassenstufe hat also immer vormittags Unterricht und die darauffolgende Klassenstufe nachmittags. Es ist also von morgens ab 7:30 bis abends um 19:30 immer voller Betrieb! Nach dem Halbjahr wird dann getauscht, sodass alle mal vormittags und nachmittags unterrichtet werden. 
Der Stundenplan der gesamten Schule in zwei Schichten Der Stundenplan der gesamten Schule in zwei Schichten | © Mara Heiden Ziemlich spannend finde ich das Sprachlernsystem. Ab Klasse 1 wird eine Sprache unterrichtet. Nach der siebten Klasse gibt es einen großen Test, in dem unter anderem auch die Sprachen abgefragt werden. Danach werden die Klassen je nach Sprachschwerpunkt neu geordnet. Jede*r Schüler*in kann dann eine neue oder die alte Erstsprache und eine Zweitsprache wählen. In der achten Klasse wird die Erstsprache sehr intensiv mit zwanzig Schulstunden pro Woche gelernt. Deswegen unterrichtet eine von meinen Mentorinnen das ganze Jahr nur diese achte Klasse. Ab der neunten Klasse kommt dann die zweite Sprache hinzu. Das hat unter anderem den Effekt, dass es fast in jeder Klasse, die Deutsch als Zweitsprache lernt, jemanden gibt, die*der schon Deutsch von der ersten bis zur siebten Klasse gelernt hat. Das hat für mich den großen Vorteil, dass es meistens jemanden gibt, die*der meine Aufgabenstellungen versteht und diese zur Not den anderen auf Bulgarisch erklären kann. :D

Konkrete Unterschiede zu Deutschland sehe ich unter anderem darin, dass deutlich mehr frontal unterrichtet wird als ich es aus Deutschland kenne und dass eine Schulstunde hier 40 Minuten dauert. Neu für mich ist hier auch, dass die Schüler*innen aufstehen, wenn die Lehrkraft reinkommt, dass die Schüler*innen sich mit zwei Fingern melden und dass Schuluniformen getragen werden. Außerdem hängen in der Schule Bilder von Menschen, die zur Befreiung des bulgarischen Volkes aus der Herrschaft der Osmanen beigetragen haben - allen voran Wassil Lewski, einer der führenden und ersten Revolutionäre, der die Idee der politischen Befreiung erstmals in das bulgarische Volk trug. Sein Bild hängt in jedem Klassenzimmer. 
 
  • Im Unterricht © Mara Heiden
    Im Unterricht
  • Die „Heldengalerie“ der bulgarischen Geschichte © Mara Heiden
    Die „Heldengalerie“ der bulgarischen Geschichte
Meine Aufgaben
Meine Aufgaben hier sind ziemlich vielseitig. Oft gehe ich einfach in Klassen mit, schaue zu und helfe, wenn Hilfe gebraucht wird. Ich versuche in jeder Klasse, die Deutsch lernt, mindestens einmal pro Woche dabei zu sein. Damit ist mein Stundenplan praktisch schon voll, weil es insgesamt 15 Klassen gibt, die als erste oder zweite Fremdsprache Deutsch lernen. Jede Woche unterrichte ich circa fünf Stunden in unterschiedlichen Klassen. Oft ist das Thema dann Landeskunde, sodass ich meistens ganz frei ein Thema zu Deutschland auswählen kann. In der siebten Klasse darf ich eine feste Unterrichtsstunde übernehmen, in der Kommunikation auf Deutsch geübt wird und in der sich einige Schüler*innen aktiv auf die A2–Prüfung des Goethe-Instituts vorbereiten.

Weil diese Woche eine Lehrerin krank war, habe ich ihre Stunden (insgesamt 10 Unterrichtsstunden) übernommen. Es hat mir so viel Spaß gemacht, die „alleinige“ Verantwortung für Klassen zu haben , dass sich mir die Idee von einer AG zu Deutschland in deutscher Sprache in den Kopf gesetzt hat. Da wir seit Mittwoch aber leider größtenteils online unterrichten, weil die Corona-Zahlen hier sehr hoch sind und immer weiter steigen, muss ich über die Idee nochmal genauer nachdenken.

Samstagsmorgen helfe ich immer bei einem deutschen Theater mit, bei dem circa 35 Schüler*innen der ersten bis sechsten Klasse mitmachen. Das macht super Spaß, weil das Stück hauptsächlich aus Tänzen zu deutschen Kinderliedern besteht und ich als Vortänzerin agieren darf. :D Sonst helfe ich vor allem den Kleineren bei der Aussprache der deutschen Wörter.

In bisherigen Praktika gab es für mich immer einen ziemlich genauen Plan, sodass die Lehrkräfte von Anfang an eine genaue Vorstellung davon hatten, was und wie viel ich unterrichten werde. Als ich hier ankam, war das ganz anders. Ich konnte und kann meinen Stundenplan sehr frei legen und muss beziehungsweise darf meistens selbst entscheiden, wann ich was unterrichten will. Vor allem am Anfang hat mich das vor die Herausforderung gestellt, nicht bei allem ja zu sagen und mitzumachen. Ich bin immer noch sehr viel in der Schule, weil es mir schwerfällt zu kommunizieren, dass ich jetzt nicht am Unterricht teilnehme beziehungsweise die entsprechende Lehrkraft unterstütze. Mal nein zu sagen, ist also auf jeden Fall etwas sehr Wichtiges, dass ich hier (gezwungenermaßen) lerne. Allerdings muss auch gesagt werden, dass ich immer gerne in der Schule dabei bin!

Das Kollegium
Mit den meisten Kolleg*innen kann ich wegen der Sprachbarriere kaum kommunizieren. Ich wurde allerdings trotzdem offen aufgenommen, viele haben mich auf Bulgarisch begrüßt und die Deutschlehrerinnen haben übersetzt. Mir wird immer wieder zugelächelt oder „stravey“, „Hallo“ oder ähnliches zugerufen. Es gibt ein Lehrer*innenzimmer, in welchem sich die Lehrkräfte der Schule treffen, quatschen und Café trinken. Lehrkräftekonferenzen gibt es kaum, was sicherlich auch an der Anzahl der Lehrkräfte liegt (circa 100). Die mit Abstand jüngsten Lehrer*innen hier sind ich und zwei andere Lehrkräfte aus Spanien und Frankreich, die auch nur kurzfristig hier sind. Allgemein habe ich den Eindruck, dass die Lehrkräfte hier eher älter sind. Dazu muss gesagt werden, dass hier viele Lehrer*innen mehrere Jobs haben, weil die Bezahlung oft nicht ausreicht.
Das Lehrer*innenzimmer Das Lehrer*innenzimmer | © Mara Heiden Meine Mentorinnen
An dieser Stelle muss ich ein kleines Loblied auf meine Mentorinnen singen. Es gibt vier Deutschlehrerinnen, an deren Unterricht ich teilnehme. Alle vier haben eine sehr unterschiedliche Art zu unterrichten und mich in ihren Unterricht einzubinden, weswegen ich von jeder etwas anderes mitnehmen und lernen kann. Gleich haben die vier allerdings, dass sie mich alle sehr freundlich, liebenswert, hilfsbereit und auf gleicher Augenhöhe behandeln und mich mit offenen Armen aufgenommen haben. Es stört anscheinend niemanden, wenn ich mal spontan im Unterricht dabei bin, obwohl eine zweite Person in der Klasse im Unterricht hier eine Ausnahme darstellt.

Auch außerhalb des Schullebens werde ich super betreut. Meine erste Ansprechpartnerin hat zum Beispiel schon viele Telefongespräche geführt, damit Fragen und Probleme von mir gelöst werden, die sich beispielsweise im Wohnheim ergeben. Ich bin mir sicher, dass meine Mentorinnen den Wohlfühlfaktor im Praktikum maßgeblich beeinflussen und bin somit sehr dankbar für die tolle Betreuung!

Das Goethe-Institut und meine Schule
Was mich überrascht hat, ist, wie dauerpräsent das Goethe-Institut an meiner Schule ist. So hat der Deutschzweig der Schule für europäische Sprachen viele Vorteile durch die Partnerschaft. Es werden sowohl  kostenlose Schulmaterialien als auch sehr gut ausgestattete Räume durch das Goethe-Institut zur Verfügung gestellt. Außerdem ermöglicht die Zusammenarbeit mit dem Institut den Schüler*innen die Erlangung von Zertifikaten und Prüfungen auf dem jeweiligen Deutschniveau, welche sogar teilweise an Universitäten in Deutschland akzeptiert werden. Und nicht zuletzt vermittelt es deutsche Praktikant*innen :D
 

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