12.12.2017: Jahrespressekonferenz in Berlin
Goethe-Institut steigert Reichweite im Ausland deutlich

Die Nachfrage nach den Programmen der Goethe-Institute im Ausland entwickelt sich weiterhin positiv. Die Zahl der Teilnehmerinnen und Teilnehmer an Sprachkursen und Kulturveranstaltungen steigt kontinuierlich an, die Bibliotheken verzeichneten in den vergangenen fünf Jahren einen klaren Zuwachs an Nutzerinnen und Nutzern. Im Jahr 2018 widmen sich die Auslandsinstitute im Kulturbereich unter anderem der Freiheit in Europa und der deutschen Kolonialgeschichte in Afrika. Das Goethe-Institut setzt die konstruktiven Gespräche mit der Deutschen Rentenversicherung über die Neuausrichtung des Kurs- und Prüfungsbetriebs der zwölf Institute in Deutschland fort.

Der Präsident des Goethe-Instituts Klaus-Dieter Lehmann fasste die Erfolge der letzten fünf Jahre zusammen: „Wir freuen uns sehr, dass es uns gelungen ist, die Teilnehmerzahlen an den Sprachkursen und Prüfungen der Goethe-Institute im Ausland in den vergangenen Jahren kontinuierlich zu steigern. Die Kulturveranstaltungen besuchen inzwischen jährlich rund 16 Millionen Menschen. Besonders freut mich persönlich, dass unsere Bibliotheken gut 50 Prozent mehr Besucherinnen und Besucher hatten als 2012. Sie verwandelten sich vom Raum der Medien zum Raum der Nutzer.“ Erreicht habe man dies durch eine systematische Modernisierung der Spracharbeit, etwa durch gezielte Kampagnen oder Fortbildungsprogramme für Deutschlehrerinnen und –lehrer. Ein neues Bibliothekskonzept nehme die Bedürfnisse des analogen und digitalen Arbeitens gleichermaßen in den Blick. Residenzprogramme, Koproduktionen zwischen ausländischen und deutschen Partnern sowie strategische Partnerschaften, etwa mit dem DAAD, dem ifa, dem Institut Français oder dem British Council, haben ebenfalls zu einer höheren Reichweite und größerer Nachhaltigkeit beigetragen.

Der Generalsekretär des Goethe-Instituts Johannes Ebert erläuterte, dass ein entscheidender Faktor für diese Erfolge das große Engagement der rund 3.300 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an 159 Instituten sei. Die institutionelle Förderung, mit der das Goethe-Institut sein Netzwerk im Ausland finanziere, liege 2017 nur wenig über dem Niveau von 2010. Dabei seien strukturelle Kosten wie Vergütungen, Mieten oder Bauunterhaltskosten im globalen Vergleich statistisch gesehen einer jährlichen Kostensteigerung von rund 3,5 Prozent unterworfen. Ebert weiter: „Um die Handlungsfähigkeit der Auslandsinstitute zu erhalten und aktiv auf die globalen Herausforderungen zu reagieren, sind in den kommenden Jahren Investitionen notwendig. Zusätzlich ergeben sich durch Umbrüche weltweit neue Chancen für die Auswärtige Kultur- und Bildungspolitik. Ob in den USA, in Afrika, im Nahen Osten, in Europa, auf der arabischen Halbinsel oder in Südostasien – gesellschaftliche Veränderungen führen immer auch zu neuen kulturpolitischen Herausforderungen.“ Ein weiteres wichtiges Investitionsfeld seien digitale Angebote: „Schon heute erreichen wir mit unseren digitalen Angeboten Millionen Menschen weltweit, die Deutsch lernen oder etwas über Deutschland erfahren wollen. Um die Reichweite gerade auch in Flächenländern zu erhöhen und insbesondere verstärkt junge Zielgruppen anzusprechen, muss dieser Bereich in den kommenden Jahren systematisch ausgebaut werden.“

Für den Eigenmittelbereich der Goethe-Institute in Deutschland, der keine staatliche Förderung erhält, sei das schwierige Jahr 2017 ein Jahr des Übergangs und Anlass für eine Neuausrichtung des Geschäftsmodells im Inland gewesen, so Johannes Ebert weiter. Man befinde sich in konstruktiven Gesprächen mit der Deutschen Rentenversicherung um Rechtssicherheit und mit der Gewerkschaft Erziehung Wissenschaft (GEW) um wirtschaftliche Nachhaltigkeit für die kommenden Jahre zu gewährleisten. Es sei nun wichtig, dass sich der Kursbetrieb in Deutschland zügig weiter erhole.

Der Kaufmännische Direktor Rainer Pollack gab einen Überblick über die finanzielle Situation des Goethe-Instituts im Ausland: „Die weltweiten Kostensteigerungen konnten bislang durch eine Mischung aus Strukturkosten-Optimierungen, höhere Einnahmen und eine Steigerung der Kurs- und Prüfungsteilnehmer ausgeglichen werden. Dem ist aber eine natürliche Grenze gesetzt." Pollack weiter: „Im Inland ist die finanzielle Situation 2017 angespannt. Aufgrund einer Prüfung der Deutschen Rentenversicherung konnte im ersten Halbjahr nicht das volle Kursangebot bereitgestellt werden, da keine Aufträge an Honorarlehrkräfte vergeben werden konnten. Auf das gesamte Jahr gesehen konnten die Kurse jedoch zu 80 Prozent stattfinden. Der Kursbetrieb erholt sich, weil unsere Kundinnen und Kunden nach wie vor die hohe Qualität unserer Sprachkurse und Prüfungen zu schätzen wissen. Nicht zuletzt profitiert das Goethe-Institut vom großen Engagement seiner Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Aufgrund fehlender Einnahmen rechnen wir dennoch zum Jahresende mit einem Defizit von rund 3 Millionen Euro im Eigenmittelbereich. Wir gehen davon aus, dass wir 2019 wieder schwarze Zahlen schreiben können.“

Freiheit in Europa
Zivilgesellschaften sind weltweit immer stärker unter Druck – auch Staaten in West- und Osteuropa sind davon betroffen. Johannes Ebert sagte dazu: „In unseren unmittelbaren Nachbarländern und auch direkt vor unserer Haustür führen wir plötzlich wieder Diskussionen, die viele von uns für ausgestanden gehalten hatten. Ich glaube fest daran, dass Institutionen hier eine besondere Verantwortung tragen: Wir sollten vermeintliche Gewissheiten hinterfragen und das Gespräch miteinander suchen – auch dort, wo Gemeinsamkeiten nicht auf der Hand liegen.“ Um neue europäische Gesprächsebenen zu öffnen startet das Goethe-Institut mit „Freiraum“ 2018 ein großangelegtes Programm in rund 40 Städten Europas. Jeweils zwei europäische Städte, die mindestens 1.000 Kilometer voneinander entfernt liegen, entwickeln auf der Basis aktueller Fragestellungen gemeinsam Projekte und erproben einen Perspektivwechsel. Cristina Nord, die das Programm in Brüssel verantwortet, erläuterte dazu: „Hier trifft etwa ein Anti-Mafia-Verein aus Rom auf ein Kunst- und Wissenschaftszentrum aus Nikosia, und ein Brüsseler Theaterhaus kooperiert mit einer Warschauer Nichtregierungsorganisation, die sich gegen Filterblasen und Echokammern im Internet starkmacht.“ Alle Partner gehen von Dezember 2017 bis März 2019 der Frage nach: Was ist Freiheit heute in Europa? Wo ist sie in Gefahr?

Erinnerung und Zukunft in Subsahara-Afrika
In der Arbeit des Goethe-Instituts in Subsahara-Afrika spielt die Erinnerungskultur eine zunehmend wichtige Rolle. Klaus-Dieter Lehmann: „Erinnerung ist nicht bloß der Blick zurück, sondern liefert neue Erkenntnisse für das Zusammenleben heute: Sie ist stetige Verpflichtung.“ Die deutsche Kolonialvergangenheit sei bisher nur sporadisch aufgearbeitet und oftmals werde in den deutschen Diskursen die afrikanische Perspektive immer noch sehr homogen dargestellt. Dabei seien die afrikanischen Diskurse so divers wie die Kolonialgeschichten selbst: „In Togo erinnert und bewertet man die deutsche Kolonialgeschichte völlig anders als in Namibia. Solange es uns nicht gelingt, die afrikanischen Geschichtsdiskurse differenzierter wahrzunehmen, ist unsere Aufarbeitung nicht abgeschlossen.“ Hierzu startet das Goethe-Institut 2018 ein Pilotprojekt, das sich diesem Thema mit afrikanischen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern in den kommenden Jahren annimmt. „Erst wenn wir uns gemeinsam mit der Vergangenheit auseinandersetzen, können wir auch gemeinsam in die Zukunft schauen. Wir müssen in die Zukunft Afrikas investieren, indem wir Frauen fördern und ihre Chancen verbessern“, so Lehmann weiter. „Denn in Subsahara-Afrika ist, wie auch in vielen anderen Ländern der Welt, Frauen der Zugang zu Wissen und Bildung noch immer erschwert. Nur durch Bildung können sie ihre gesellschaftliche Rolle ändern.“ Deshalb fördern die Goethe-Institute die Emanzipation von jungen Frauen durch kulturelle und bildungspolitische Programme und haben zusammen mit dem BMZ die groß angelegte Smartphone-Kampagne „I Am Science“ gestartet.

Neues aus den USA
Zufrieden zeigte sich Johannes Ebert auch mit den Aktivitäten der Goethe-Institute in den USA. Vor allem die neu vereinbarte Kooperation mit dem Villa Aurora & Thomas Mann House e.V. sei erfreulich: „Das Thomas Mann House in Los Angeles ist aufgrund seiner einzigartigen Geschichte der ideale Ort, um einen neuen Raum für transatlantische Diskurse in Wissenschaft und Kultur zu schaffen. Eine enge Kooperation zwischen dem Thomas Mann House, der Villa Aurora und dem Goethe-Institut Los Angeles wird die Wirksamkeit unserer Kulturarbeit deutlich stärken“, so Ebert. Zum 1. Februar 2018 übernimmt Nikolai Blaumer, Mitarbeiter des Goethe-Instituts, die Programmdirektion. Auch die Planungen des Deutschlandjahres in den USA schreiten voran. Es startet im Herbst 2018 und soll in die Breite wirken: Neben Partnern und Entscheidungsträgern werden auch Menschen ohne Vorkenntnisse über Deutschland angesprochen, etwa im „Heartland“ der USA oder den Vorstädten. Klaus-Dieter Lehmann zeigte sich erfreut, dass in den USA nun auch die German Academy New York, die das Auswärtige Amt und das Goethe-Institut gemeinsam ausrichten, formal gegründet werden konnte.

Das Goethe-Institut ist das weltweit tätige Kulturinstitut der Bundesrepublik Deutschland. Mit 159 Instituten in 98 Ländern fördert es die Kenntnis der deutschen Sprache im Ausland, pflegt die internationale kulturelle Zusammenarbeit und vermittelt ein aktuelles Deutschlandbild.

Die Pressemappe ist zum Download verfügbar unter: www.goethe.de/pressemappen

Kontakt:

Dr. Jessica Kraatz Magri
Pressesprecherin und
Bereichsleiterin Kommunikation
Goethe-Institut e.V.
Tel. +49 89 15921 249
Jessica.KraatzMagri@goethe.de

Viola Noll
Stv. Pressesprecherin
Goethe-Institut Hauptstadtbüro
Tel.: +49 30 25906 471
noll@goethe.de